Der Bundespräsident bleibt sich treu: ruhig, sachlich, manchmal langweilig. Aber weil die Zeiten so wirr sind, wirkt das gerade so aufregend.
Übermäßiges Charisma hat Frank-Walter Steinmeier noch niemand vorgeworfen. Direkter formuliert: der Mann galt vielen Deutschen lange als ziemlich langweilig – weswegen gar nicht so wenige Bedenken hegten, der Sozialdemokrat werde ein zwar kompetenter, aber sicher nicht sonderlich auffälliger Bundespräsident sein.
Der Präsident hat sich in diesen Krisenjahren um sein Land verdient gemacht
Einen Persönlichkeitswandel hat Steinmeier im Amt nicht vollzogen. Er ist auch als erster Mann im Staate abwägend, ausgleichend, konziliant, bisweilen etwas hölzern. Geändert haben sich aber die Zeiten: die Welt, die schon zu Steinmeiers Amtsantritt 2017 aus den Fugen zu geraten schien – man erinnere sich nur: Trump! Brexit!! – dreht sich noch aufgeregter, noch hektischer.
Man könnte auch sagen: alles ist noch nerviger geworden. Hinzu kam und kommt die Jahrhundertkrise Corona, an der wir uns auch als Gesellschaft regelrecht wund gerieben haben – und deren (ungleich verteilten) Folgen uns noch lange begleiten werden.
In dieser hektischen Zeit hat die Ruhe, aber auch das Empathische eines Frank-Walter Steinmeier diesem eine Rolle zuwachsen lassen, die man ihm gar nicht zugetraut hätte: als oberster Ruhepol des Landes. Er wirkt derzeit wie ein Anker in stürmischer See, dem viele Deutsche – wenn auch natürlich nicht alle – vertrauen und dem sie etwas zutrauen.
Es klingt staatstragend, ist aber so: der Präsident hat sich in diesen Krisenjahren um sein Land verdient gemacht – und will mit einer zweiten Amtszeit noch mehr leisten. Ob er wieder gewählt wird, ist noch keineswegs sicher und hängt auch vom Ausgang der Bundestagswahl ab. Aber das weiß der Demokrat Steinmeier selbst am besten.
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Leider oder Gottseidank ist Walter Steinmeier als Bundespräsident alternativlos, bedauerlicherweise schaut´s bei der Kanzlerschaft weiterhin hoffnungslos aus.
Etwas differenzierter sehen das unsere alemannischen Stammesbrüder in der Schweiz. - vgl. https://www.nzz.ch/meinung/steinmeier-praesident-der-phrasen-ld.1509624