
Unions-Politiker kritisieren Merkels Europa-Politik
Entschiedeneres Auftreten in Brüssel gefordert. Helmut Kohl meldet sich jetzt zu Wort
Berlin Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union kritisieren massiv die Europa-Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Hans Michelbach (CSU), warnte am Wochenende vor einer Entfremdung von Mittelstand und Politik. Es seien in den vergangenen zwei Jahren auf Bundesebene zahlreiche Entscheidungen getroffen worden, die mit dem Markenkern der Union nicht vereinbar seien.
Zuvor hatte bereits der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, der Bundesregierung Orientierungslosigkeit in der Euro-Krise vorgeworfen. Auch der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, Kurt Lauk, machte Angela Merkel mitverantwortlich für das Umfragetief der Union. Der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, forderte, Merkel müsse in der Euro-Krise sowohl in Berlin als auch in Brüssel „endlich Führungsstärke beweisen und handeln“.
Für Aufsehen sorgte am Wochenende ein Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Demnach hat der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) über Angela Merkel gesagt: „Die macht mir mein Europa kaputt.“ Das Magazin beruft sich dabei auf einen Vertrauten des Altkanzlers, der diesen unlängst besucht haben soll.
Kohl widersprach dieser Darstellung aber am Sonntag vehement: „Richtig ist: Ich bin – wie viele – besorgt über die Entwicklung in Europa und des Euro.“
Der frühere Kanzler schaltete sich zugleich in die Diskussion um den Euro ein. Kohl verwies auf zwei Ursachen für die Krise: „Erstens hätte der Euro-Stabilitätspakt niemals aufgeweicht werden dürfen“, sagte er. „Und zweitens hätte Griechenland ohne durchgreifende strukturelle Reformen seiner – zumal Fachleuten hinreichend bekannten – Lage niemals in die Euro-Zone aufgenommen werden dürfen.“ Diese beiden Fehlentscheidungen seien von seinem Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) und dessen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) getroffen worden, so Kohl. „Beide Fehler müssen heute von Schwarz-Gelb geheilt werden“, sagte er. „Das wollen wir bei aller Diskussion über das, was jetzt zu tun ist, nicht vergessen.“
Derweil wird weiter über die richtigen Rettungsmaßnahmen für Griechenland gestritten. Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz sagte, er halte einen Schuldenschnitt letztlich „für unausweichlich“, jedoch dürfe daraus kein „Desaster“ für die Euro-Zone werden.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wandte sich gegen einen Schuldenerlass zum jetzigen Zeitpunkt. Entschieden warnte er vor der Einführung gemeinsamer Staatsanleihen, sogenannter Euro-Bonds: „Nichts würde die Anreize für eine solide Haushaltspolitik rascher und dauerhafter zerstören als eine gemeinsame Haftung für die Staatsschulden.“ Auch ein Schuldenerlass könnte nach Weidmanns Analyse die griechischen Probleme derzeit nicht lösen. "Wirtschaft
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