Kuba: Sozialismus und Schokolade
In Havanna geht eine Ära zu Ende: Ob der Sozialismus auf Kuba nach Fidels Rückzug noch zu halten sein wird bleibt abzuwarten. Was bleibt sind die karibische Leichtigkeit und paradiesische Schönheit der Insel.
Es wird schnell dunkel auf der Landstraße von Bayamo nach Santiago de Cuba. Sie ist nicht breit. Erst am Ende, kurz vor Kubas zweitgrößter Stadt, öffnet sie sich zur "Autopista", zur Autobahn. Aber auch hier bremst der Fahrer seinen Bus relativ neu und aus chinesischer Produktion immer wieder von Tempo 80 bis fast zum Stillstand ab, um den gigantischen Schlaglöchern auszuweichen. Pablo scheint sie alle zu kennen. In aller Ruhe fährt er Schlangenlinien auf der breiten Piste. Geld für Straßenbau gibt es nur wenig in einem Land, das von den Amerikanern seit Jahrzehnten wirtschaftlich boykottiert wird und das seine knappen Ressourcen lieber für Bildung und Gesundheit ausgibt.
Es ist stockdunkel. Menschen stehen am Straßenrand und warten auf eine Mitfahrgelegenheit. Fahrradfahrer treten in die Pedale. Ihr Rad hat weder Gangschaltung noch Beleuchtung. Nur wenige Kubaner besitzen ein privates Auto und wenn, dann ist es häufig ein Oldtimer amerikanischer Produktion aus den 50er Jahren, jener vorrevolutionären Zeit also, als Kuba noch enge Beziehungen zur Großmacht jenseits des Golfs von Mexiko pflegte. Beliebtes Transportmittel ist deshalb neben einer Unzahl von Bussen und dem Stehplatz auf der Ladefläche eines Lastwagens immer noch die Pferdekutsche. Die kleinen Gespanne sind auch jetzt in der Dunkelheit unterwegs.
Die Padre Pico in Santiago de Cuba, "La Prensa" ruft der Mann, der durch die Straßen rennt und die Zeitung mit den neuesten, auf Einheitslinie getrimmten Nachrichten verteilt. Es ist die Parteizeitung Granma (Großmutter), benannt nach jenem Boot, mit dem Fidel Castro mit seinen Anhängern am 2. Dezember 1956 illegal aus dem Exil nach Kuba zurückkehrte, um von seinem Versteck im Sierra-Maestra-Gebirge aus die Revolution vorzubereiten. Das alles spielte sich nicht weit weg von Santiago ab, wo Castros erster Umsturzversuch 1953 mit dem Überfall auf die Moncada-Kaserne (die nachgebildeten Einschusslöcher an der Fassade sind bestens konserviert) noch scheiterte und wo er schließlich in der Nacht zum 2. Januar 1959 vom Holzbalkon des Rathauses aus den Sieg der Revolution verkündete. Zurück zum Zeitungsmann: Eine weibliche Hand reckt sich ihm durch die Holzlamellen, die an vielen Häusern die Glasfenster ersetzen, entgegen, um nach der Zeitung zu greifen. Das ganze Familienleben spielt sich gleich hinter der Haustür statt ab. Es sind winzige Hütten, in denen der Normalkubaner lebt.
Baracoa ist Kubas älteste und östlichste Stadt. Columbus hat hier am 1. Dezember 1492 gut einen Monat, nachdem er in der Bariay-Bucht erstmals kubanischen Boden betreten hat ein Holzkreuz gesetzt. Das Original wird dort immer noch in Kubas ältester Kirche aufbewahrt. Am ursprünglichen Standort unterhalb des Hotels Porto Santo steht eine Nachbildung. Aber nur relativ wenige Touristen verirren sich in diese äußerst fruchtbare Region mit ihren Kakao-, Ananas- und Grapefruitplantagen unter Kokospalmen. Sie fallen daher umso mehr auf in der örtlichen Casa de la Trova, in der der Son, die typisch kubanische Musik, gepflegt wird, und die es in jeder kubanischen Stadt gibt. Touristen spüren hier die Armut im Land. Ein ältere Frau bettelt um ein paar harte CUC-Cent, die offizielle Zweitwährung neben dem kubanischen Peso, mit der die Besucher im Land bezahlen. Der CUC hat den bei den Machthabern verhassten US-Dollar abgelöst. Er ist umso begehrter, weil er allen Kubanern, die ihn haben, erst erlaubt, jene Dinge anzuschaffen, die über die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hinausgehen.
Am Rande des Humboldt-Nationalparks unterhalb des Tafelbergs El Yunque bei Baracoa. In der Finca Duaba erklärt Urbano Rodriguez Gaczea, wie hier seit 1688 Kakao angebaut und geerntet wird, wie die Bohnen gegoren und gebrannt werden und schließlich daraus jene dunkelbraune, fetthaltige Masse wird, die wir alle kennen und die hier in kleinen handlichen Kugeln verkauft wird. Der Kakao-Bauer genießt großes Ansehen in der Region. Experten sagen, in Baracoa werde der beste kubanische Kakao hergestellt.
Stolz erzählen die Kakao-Bauern, dass der große südamerikanische Revolutionär Comandante Che Guevara in seiner Zeit als kubanischer Industrieminister hier eine Schokoladenfabrik gegründet hat.
Das Naturreservat Pinares de Mayari verdankt seinen Namen einer dort sehr verbreiteten Pinienart. Die Region ist reich an Kobalt und Nickel, die hier abgebaut und in großen Industriekomplexen verarbeitet werden. Die Fahrzeuge auf den unbefestigten Straßen wirbeln rötlichen Staub auf. Trotzdem ist die Gegend auch ein Naturparadies.
Die Landschaft erinnert an das Voralpenland. Am Rande eines Waldstücks stoßen wir auf ein gemauertes Wasserbecken, das von einem Bergbach gespeist wird. Voralpenland, Kneipp-Becken schwäbische Impressionen mitten auf Kuba... Doch das Wasser ist karibisch warm nichts für kalte Güsse.
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