Homosexuelle Paare sollen doch gleichgestellt werden
Vor drei Monaten war die CDU noch dagegen, jetzt ist die Partei für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe. Grund ist das Karlsruher Urteil.
Vor einem knappen Vierteljahr war die Welt der CDU noch in Ordnung. Eine Stunde lang debattierten die Delegierten Anfang Dezember auf dem Parteitag in Hannover ebenso ernsthaft wie kontrovers über die Frage, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auch beim Steuerrecht mit der Ehe gleichgestellt werden sollen. Am Ende galt, was bei der Union schon immer gegolten hatte: keine Gleichstellung der Homo-Ehe.
Steffen Flath: Gott hat uns geschaffen als Frau und Mann
Auch Parteichefin Angela Merkel, Generalsekretär Hermann Gröhe, Fraktionschef Volker Kauder und die Chefs der großen Landesverbände unterstützten diese Position. Das Ehegattensplitting sei sachgerechter Ausdruck der Vorgaben des Grundgesetzes, sagte Gröhe.
Noch konkreter formulierte es der hessische Landtagsabgeordnete Walter Arnold: Es gehe nicht um die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, sondern um "ein Abstandsgebot sozusagen zwischen Ehe und Familie zu anderen Lebenspartnerschaften". Und der sächsische CDU-Fraktionschef Steffen Flath sagte unter dem Beifall der Delegierten: "Gott hat uns geschaffen als Frau und Mann - und ich glaube, dass er sich dabei etwas gedacht hat."
Man will nicht "der Getriebene" sein
Keine drei Monate später allerdings ist der eindeutige Beschluss des Parteitags hinfällig. Am Wochenende rückten zahlreiche führende Christdemokraten von ihrer bisherigen Position ab und sprachen sich ausdrücklich für eine Gleichstellung der Homo-Ehe mit der Ehe zwischen Frau und Mann aus, auch beim bisherigen Tabuthema Steuerrecht. Anlass war das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Rechte von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften bei Adoptionen ausgeweitet und gestärkt hatte.
Führende Christdemokraten betonten die Bereitschaft, nicht nur die sogenannte sukzessive Adoption zuzulassen, wenn also ein Partner ein bereits angenommenes Kind in die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft mitbringt, sondern mit einem Schlag die komplette rechtliche Gleichstellung vorzunehmen, auch beim Steuerrecht.
Man wolle, hieß es in der Fraktion, nicht "als Getriebene" wirken, die von Karlsruhe ein ums andere Mal zur Änderung ihrer Positionen aufgefordert würden.
SPD reagiert überrascht
Angesichts der "klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollten wir jetzt möglichst rasch handeln und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung auch durchführen", gab der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, als Devise aus.
Auch Vize-CDU-Chef Thomas Strobl aus Baden-Württemberg sprach sich mit Blick auf die "gefestigte Rechtsprechung" für eine grundlegende Reform aus. Eine komplette Gleichstellung auch beim Steuerrecht sei noch bis zum Ende der Legislaturperiode möglich, da sich inzwischen die Positionen von CDU, FDP, SPD und Grünen angenähert hätten. Die FDP will eine rasche Entscheidung mittragen. SPD und Grüne reagierten überrascht und kündigten an, die CDU beim Wort zu nehmen.
Seehofer wendet sich gegen "Schnellverfahren"
Dagegen tritt die CSU erst einmal auf die Bremse. Parteichef Horst Seehofer warnte vor einem "Schnellverfahren". "Wir wollen, dass dies sorgfältig diskutiert wird", sagte der bayerische Ministerpräsident. Die CSU wolle auch in Zukunft Ehe und Familie "in besonderer Weise schützen und unterstützen". Gleichwohl hielt er sich eine Hintertür offen. Es gebe immer Veränderungsprozesse in der Gesellschaft, auf die die Politik angemessen reagieren müsse.
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