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Ludwigsburg
29.07.2018

Er ist den letzten NS-Verbrechern auf der Spur

Jens Rommel ist Chef der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg.
Foto: Marijan Murat, dpa

Der Staatsanwalt Jens Rommel bringt Menschen vor Gericht, die sich an NS-Verbrechen schuldig gemacht haben. Ein Wettlauf gegen die Zeit.

Adolf Eichmann. Der Name steht ganz oben auf dem gelben Karteikärtchen. Darunter Stichwörter in Schreibmaschinenschrift: Obersturmbannführer, SS, Judenangelegenheiten. Staatsanwalt Jens Rommel überfliegt das Kärtchen und deutet auf die Buchstaben RHSA. "Das müsste RSHA heißen. Reichssicherheitshauptamt. Solche Tippfehler finden wir immer wieder", sagt der 45-Jährige. Die Karteikarten dokumentieren die Jagd nach dem Mann, der für die Ermordung von sechs Millionen Menschen mitverantwortlich war, der in Argentinien untertauchte und erst 1961 für seine Verbrechen zum Tode verurteilt wurde. In Israel. Auch das ist auf einem der Zettel vermerkt.

Vor 60 Jahren wurde die "Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" gegründet, um Ermittlungen gegen jene aufzunehmen, die sich an NS-Verbrechen schuldig gemacht haben. Abgeschlossen ist die Arbeit bis heute nicht.

Im Keller der Behörde lagern 1,7 Millionen Karteikarten. Sorgfältig sortiert nach Namen von Tätern, Verdächtigen oder Zeugen, Einheiten und Tatorten. Sie zeugen von den Verbrechen, die die Deutschen während des Zweiten Weltkrieges begangen haben. In meterlangen Metallschränken stapeln sich die Unterlagen. "Wenn man ein Kärtchen falsch einsortiert, findet man es kaum wieder", sagt Rommel und steckt mit prüfendem Blick den Fall Eichmann in die Schublade.

Vier Männer wegen Massenmordes angeklagt

Seit drei Jahren leitet der baden-württembergische Jurist die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Sein Auftrag: Nazi-Verbrechen nachweisen und mutmaßliche Täter aufspüren. "Ein Puzzlespiel, bei dem wir weltweit versuchen, die Teile zusammen zu suchen", sagt Rommel. Der 45-Jährige hat in Augsburg Jura studiert, bei der Bundesanwaltschaft gearbeitet und als Staatsanwalt in seinem Wohnort Ravensburg ermittelt, bevor er zur Zentralstelle kam.

Mit sieben Kollegen durchforstet er Archive und arbeitet mit Gedenkstätten, Suchdiensten und privaten Einrichtungen zusammen, um Beweise zu sammeln und Täter zu ermitteln. "Nach 70 Jahren sollte es auf einen Tag nicht ankommen, trotzdem läuft uns die Zeit davon", sagt Rommel, der mit dem Nazi-General Erwin Rommel nicht verwandt ist. Die meisten Beteiligten sind bereits tot oder verhandlungsunfähig. Trotzdem werden die Ermittler immer wieder fündig.

Adolf Eichmann im April 1961 während seines Prozesses in Jerusalem. Eichmann wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Foto: dpa (Archiv)

Vier Männer aus Mannheim, Münster und Frankfurt sind derzeit wegen Beihilfe zum massenhaften Mord an Juden angeklagt. Sie waren als Wachmänner in den Konzentrationslagern Auschwitz, Stutthof und Majdanek eingesetzt. Vermutlich haben sie die Schreie aus den Gaskammern gehört, an der Transportrampe gestanden, Kleiderberge bewacht oder gesehen, wie tausende Menschen gefoltert, vergast und erschossen wurden. Ob sie sich vor Gericht verantworten müssen, ist unklar. Die damals jungen Männer sind zwischen 93 und 96 Jahre alt. Das Gericht prüft, ob sie in der Lage sind, am Prozess teilzunehmen.

Es gilt der Grundsatz: Mord verjährt nicht

"Wenn man sieht, wer in den vergangenen Jahren davongekommen ist, kann es unfair erscheinen, dass wir uns heute an den ganz Unteren abarbeiten", sagt Rommel. Fast täglich bekommt er die Frage zu hören, warum man die alten Menschen noch vor Gericht zerrt. Für Rommel stellt sie sich nicht: "Der deutsche Staat hat die politische und moralische Verantwortung, sich mit seiner Justiz den nationalsozialistischen Verbrechen als Staatsverbrechen anzunehmen."

Es gilt der juristische Grundsatz: Mord verjährt nicht. "Der heutige Ansatz, dass auch der Kleine in der Hierarchie seinen Anteil an der Verantwortung übernehmen muss, ist richtig." Vergangene Verfahren hätten gezeigt, dass es für Überlebende und Angehörige wichtig ist, in einem Prozess zu Wort zu kommen.

Die wenigsten Fälle landen noch vor Gericht

Rommel wirkt ruhig und entschlossen, wenn er von seiner Arbeit spricht. Seine Entscheidung, die Leitung der Zentralstelle zu übernehmen, war wohlüberlegt. Die geringen Erfolgsaussichten, die tägliche Auseinandersetzung mit den grausamen Verbrechen, die Identifikation mit dem Thema nach außen – das hatte ihm zu denken gegeben. Trotzdem entschied er sich dafür. "Es ist eine letztmalige Gelegenheit, nicht aus historischer Neugier drauf zu schauen, sondern als Jurist mit dem Handwerkszeug eines Staatsanwalts."

Jedes Jahr leitet Rommel etwa 30 Verfahren an die Staatsanwaltschaften weiter. Die Zentralstelle führt die Vorermittlungen. Sie hat nicht die Befugnis, eine Wohnung zu durchsuchen oder über eine Anklage zu entscheiden. "Das System, das man sich 1958 ausgedacht hat, ist weit entfernt von einer idealen Lösung", findet Rommel. Es kostet Zeit, die wenigsten Staatsanwälte haben Erfahrung mit NS-Verbrechen und manchmal weichen die Auffassungen voneinander ab.

Jedes Jahr leitet Rommel etwa 30 Verfahren an die Staatsanwaltschaften weiter.
Foto: Felix Kästle, dpa

Die wenigsten Fälle landen vor Gericht. Nur fünf von 30 Beschuldigten, gegen die Rommel wegen ihres Dienstes in Auschwitz ermittelte, wurde der Prozess gemacht. Alle anderen sind gestorben oder waren verhandlungsunfähig. "Es kann frustrierend sein, wenn man sieht, wie begrenzt die Möglichkeiten des Strafrechts sind, diesen Massenverbrechen und den Opfern gerecht zu werden", sagt Rommel. Opfer würden oft nur als Zahl auftauchen. "Da kommen wir nicht so weit, wie es die Aufarbeitung erfordert."

Rechtsauffassung hat sich in den vergangenen Jahren geändert

Rommel schlägt eine graue Mappe auf. Neben ihm ragen Regale voller Akten in die Höhe. 550.000 sind es insgesamt. In der Dokumentensammlung riecht es muffig nach altem Papier. Findet Rommel in den Karteikarten einen verdächtigen Namen, kommt er hierher, um mögliche Akten zu dieser Person zu sichten. Oft wird er fündig.

Denn seit sich die Rechtslage geändert hat, prüft er Personen, die seit Jahren verzeichnet sind, aber früher nicht behelligt wurden. "In den letzten Jahren hat sich juristisch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Tötungsmaschinerie nur funktioniert hat, weil so viele mitgemacht haben", sagt Rommel. Beihilfe zum Mord könne auch darin bestehen, seinen Dienst in einer Einheit zu erfüllen, in der systematisch Menschen getötet werden.

Seit den Auschwitzprozessen herrschte die Auffassung, einen konkreten Tatnachweis liefern zu müssen. Das änderte sich erst mit dem Prozess gegen den früheren SS-Wachmann in Sobibor, John Demjanjuk, 2011 und der Verurteilung von Oskar Gröning, dem "Buchhalter von Auschwitz" 2015.

Der frühere KZ-Wachmann John Demjanjuk nach der Urteilsverkündung im Mai 2011.
Foto: Andreas Gebert, dpa (Archiv)

Warum es so lange gedauert hat? Darauf hat Rommel ausnahmsweise keine klare Antwort. Man könne es nicht allein damit erklären, dass in den fünfziger und sechziger Jahren viele Personen bei Polizei, Justiz oder den Nachrichtendiensten wiedereingestellt wurden. Denn spätestens in den 90er-Jahren seien keine Alt-Nazis mehr im Staatsdienst gewesen, die die Aufklärung hätten verhindern können. Trotzdem wurde nur jeder zehnte Beschuldigte angeklagt. Von 175.000 wurden nicht mal 7000 Täter verurteilt. Von seinem Vorgänger weiß Rommel, dass keiner der Angeklagten die Taten einräumte oder gar Reue zeigte.

Den Moment, als er Ausschwitz betrat, wird Rommel nie vergessen

Manchmal hat Rommel Listen in der Hand. Zeile für Zeile werden die Getöteten aufgelistet. Am Ende steht eine Zahl: 40.000. "In solchen Momenten wird mir wieder bewusst, dass sich hinter jeder Ziffer ein einzelner Mensch, ein einzelnes Schicksal verbirgt. Dann ist es schwierig, damit umzugehen."

Auch den Moment, als er das Konzentrationslager Auschwitz betrat, um sich ein Bild zu machen, wird er nie vergessen. Der Schriftzug "Arbeit macht frei", die schwarze Wand für die Erschießungen im Innenhof, das Tor in Richtung Birkenau, die Rampe, die Gaskammern. "Es hat etwas unwirkliches, diesen Ort in Farbe und mit Vogelgezwitscher im Hintergrund zu sehen."

Die Zahl der Täter, die für die Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden können, sinkt. Doch solange die Möglichkeit besteht, sucht Rommel weiter. Aber wie gehen wir mit der Erinnerung um, wenn die letzten Zeitzeugen gestorben sind? Schaffen wir es als Gesellschaft, die Bedeutung für die Gegenwart aufrechtzuerhalten? Rommel stellt sich diese Fragen. Die Stimmung in Deutschland habe sich in den letzten Jahren geändert. "Wenn man eines aus der Geschichte lernen kann, ist es, dass man wachsam bleiben muss."

Tag des offenen Denkmals: Wer Interesse hat, kann die Zentralstelle in der Schorndorfer Straße 58 in Ludwigsburg am Sonntag, 9. September, von 11 bis 17 Uhr selbst besuchen.

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