"Menschheitsherausforderung": Merkel fordert Kraftakt für den Klimaschutz
Exklusiv Bis zu 40 Milliarden sind im Gespräch, doch schon heute werden Mittel nicht abgerufen. Und auch der Bundesfinanzminister will mehr Geld in die Hand nehmen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich vor den entscheidenden Klimaschutz-Entscheidungen innerhalb der Großen Koalition für einen wirklichen Kraftakt ausgesprochen. In ihrem neuen Video-Podcast sagte die Politikern jetzt: „Als Industrieland hat Deutschland sehr viel CO2 emittiert – und damit zur Erwärmung der Welt beigetragen.“
Merkel räumte ein, auch heute sei hierzulande der Ausstoß noch doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Die Kanzlerin sprach sich dafür aus, dass der Klimakiller CO2 einen Preis bekommt. Ihre Begründung dafür lautet: „Wir wissen aus der sozialen Marktwirtschaft: Wenn etwas einen Preis hat, hat man einen Anreiz, die CO2-Emissionen zu reduzieren.“ Merkel bezeichnete den Klimaschutz als „Menschheitsherausforderung“. Sie ging aber noch nicht auf die Höhe der Aufwendungen ein, welche die Bundesregierung in den kommenden Jahren in den Klimaschutz investieren will.
Merkel fordert mehr Akzeptanz von Windkraftanlagen
Am Wochenende hieß es jedoch, es seien in den nächsten vier Jahren Mehrausgaben für den Klimaschutz von 40 Milliarden Euro geplant. Dafür gab es jedoch keine Bestätigung. Medienberichten zufolge sollen die 40 Milliarden in höhere Prämien für Elektro-Autos, umfangreichere Zuschüsse für die Sanierung von Gebäuden, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Erforschung der Wasserstofftechnologie fließen. Merkel machte aber deutlich, dass für all diese Maßnahmen deutlich mehr Strom aus regenerativer Energie notwendig sei. So forderte sie auch an die Adresse Bayerns: „Der Netzausbau muss schneller gelingen und die Akzeptanz von Windkraftanlagen auf dem Land muss verbessert werden.“
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach sich, um den Umstieg auf Elektroautos zu beschleunigen, für „so etwas wie ein „Ein-Millionen-Ladesäulen-Programm“ aus. Laut Statistischem Bundesamt liegt diese Zahl noch bei unter 20.000.
Mittel für den Klimaschutz werden nicht genutzt
Dabei ist interessant: Nach Recherchen dieser Redaktion stehen schon heute viel mehr Mittel für Klimaschutz zur Verfügung, als aber abgerufen werden. Das lässt sich etwa am „Sofortprogramm Saubere Luft“ zeigen: Von insgesamt 1,5 Milliarden Euro wurden demnach in knapp zwei Jahren erst rund 28 Millionen Euro ausgezahlt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Mit dem Sofortprogramm soll die Luftqualität in den Städten verbessert werden. Ein Ziel ist die Vermeidung von Fahrverboten. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer bezeichnete das Sofortprogramm als „Schnecke“. Die Förderprogramme seien zu bürokratisch, dem zuständigen Verkehrsministerium unterliefen zudem ständig handwerkliche Fehler. Krischer bemängelte, das Bündel an Förderprogrammen habe Fahrverbote nicht verhindert, es sei „bis heute nur ein Beschäftigungsprogramm für die Beamten von Minister Andreas Scheuer.“ Am Wochenende demonstrierten zehntausende Menschen in Frankfurt am Main gegen klimaschädliche Autos auf der Internationalen Automobilausstellung. Am Sonntag blockierten Aktivisten drei Zugänge zu der Schau. Laut Polizeiangaben war die IAA nach wie vor zugänglich, auch wenn es zu Beeinträchtigungen kam.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Der Einsatz derartiger Beträge basiert hoffentlich auf belastbaren Wirksamkeits- und Kosten-Nutzen-Analysen der in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Außerdem sollten
staatsbürokratische Ineffizienzen vermieden und die Kompatibilität mit europäischen Maßnahmen angestrebt werden.