Merkel ist „nicht leicht zu verstehen“
Interview mit dem Politologen Techau
Herr Techau, war der Luftschlag auf mutmaßliche Lager- oder Produktionsstätten von Chemiewaffen in Syrien angemessen?
Ich habe keine Zweifel, dass der Angriff mit Chemiewaffen auf die eigene Bevölkerung auf das Konto des Assad-Regimes geht. Eine andere sinnvolle Erklärung gibt es nicht. Wichtig ist, dass der Preis für solche Taten in die Höhe getrieben wird.
Reicht dazu solch ein Angriff?
Der Luftschlag gegen die syrischen Stellungen war im Rahmen dessen, was möglich und verantwortbar war. US-Präsident Donald Trump wollte damit ein deutliches Zeichen an Assad und die Russen senden. Gleichzeitig signalisiert er damit, dass die USA entschlossen sind, in dem Syrien-Konflikt weiterhin eine wichtige Rolle zu spielen.
Sind Sie mit der deutschen Reaktion einverstanden?
Nein. Das ist sehr unbefriedigend. Kanzlerin Angela Merkel hat ja den Angriff ausdrücklich begrüßt, gleichzeitig aber erklärt, dass sie nicht bereit sei, an einem solchen militärischen Einsatz teilzunehmen. Das ist nicht leicht zu verstehen.
Vor einer Teilnahme an der Militäraktion müsste aber doch der Bundestag gefragt werden.
Der Parlamentsvorbehalt ist nicht das Problem. Ein Mandat hätte die Regierung bekommen, wenn sie es gewollt hätte. Das Problem ist der Unwillen Deutschlands, sich als sicherheitspolitischer Akteur auch mit Taten zur Verteidigung internationaler Mindeststandards zu bekennen. Wir leisten uns hier einen Sonderweg, den außerhalb Deutschlands kaum noch einer versteht. Auf diese Weise sind wir auf dem besten Weg, uns bei unseren Partnern einen Ruf als unsicherer Kantonist zu erwerben.
Wir wären ja auch militärisch kaum in der Lage gewesen, die Attacke zu unterstützen.
Deswegen hat ja auch niemand Kanzlerin Merkel überhaupt gebeten, die Aktion zu unterstützen. Wenn ein schlagkräftiges militärisches Instrument fehlt, gibt es aber auch kein politisches Mitspracherecht.
Interview: Simon Kaminski
geboren 1972 in Lübeck, ist Politikwissenschaftler. Nach mehreren Stationen – unter anderem auch im Verteidigungsministerium – arbeitet Jan Techau heute bei der unabhängigen US-Stiftung German Marshall Fund of the United States (GMF), die sich der Förderung der transatlantischen Beziehungen widmet.
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