Moskau legt Waffen-Deal mit Iran auf Eis
Moskau/Washington/Peking/Brüssel (dpa) - Kehrtwende in Moskau: Russland wird nach den neuen UN-Sanktionen gegen den Iran anders als geplant doch keine modernen Luftabwehrsysteme an Teheran liefern.
Die von den Iranern vor zwei Jahren in Moskau bestellten Anlagen vom Typ S-300 fielen unter die neue Resolution des Weltsicherheitsrates, sagte ein Kremlmitarbeiter nach Angaben der Agentur Interfax am Freitag. Die US-Regierung begrüßte die Entscheidung. "Wir schätzen es sehr, dass Russland die Lieferung stoppt", sagte Außenamtssprecher Philip Crowley. US-Verteidigungsminister Robert Gates geht davon aus, dass der Iran in ein bis drei Jahren Atomwaffen haben könnte.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad warf den USA und anderen Atommächten dagegen bei einem Besuch in China die "Monopolisierung" der Nukleartechnologie für ihre Interessen vor. "Nuklearstaaten erlauben anderen nicht einmal die friedliche Nutzung der Atomenergie", sagte Ahmadinedschad in Shanghai bei einem Besuch der Weltausstellung. Der iranische Präsident ging nach Angaben des arabischen Senders Al-Dschasira nicht auf die Verstimmung mit dem befreundeten China wegen Pekings Unterstützung der neuen UN- Sanktionen ein. Auffälligerweise trifft Ahmadinedschad bei seinem China-Besuch aber nicht mit chinesischen Spitzenpolitikern zusammen.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) befürwortet weitere Sanktionen der Europäischen Union gegen den Iran. "Aus deutscher Sicht spricht Einiges dafür, dass die EU noch weitere Schritte beschließen wird", sagte Westerwelle nach einem Treffen mit den Außenministern der drei Balten-Republiken Estland, Lettland und Litauen in Tallinn. Die EU selbst müsse noch ein "klares Signal" an die iranische Führung geben. Die Außenminister der EU beraten am Montag in Luxemburg über zusätzliche Strafmaßnahmen gegen den Iran.
Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel sagte US- Verteidigungsminister Gates am Freitag weiter: "Was alle besorgt, ist, dass der Iran sich der Schwelle zur Atomwaffe nähert." Das Atomprogramm des Iran sei für das Land selbst eine Gefahr, betonte der US-Minister. Zum einen wegen der Verbreitung atomarer Waffen in der Region und zum anderen wegen der damit wachsenden Gefahr eines militärischen Angriffs - "sei es von Israel oder einem anderen Ort".
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, Kremlchef Dmitri Medwedew bereite ein Dekret über ein Exportverbot bestimmter Waffen an den Iran vor. Das Außenamt in Moskau hatte noch am Vortag mitgeteilt, an den Lieferplänen moderner Abwehrsysteme an Teheran festhalten zu wollen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Konstantin Kossatschow, sagte, dass die Versorgung des Iran mit den Verteidigungswaffen zwar erlaubt sei. Ein Verzicht sei aber im "Geiste der Resolution".
Mit dem russischen Abwehrsystem wollte Teheran seine Atomanlagen vor einem möglichen Angriff schützen. Bislang hatte Russland auch auf Druck von Israel trotz eines gültigen Vertrags auf die Lieferung der S-300 verzichtet. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt Teheran, heimlich Atomwaffen zu entwickeln. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Mittwoch auch mit der Stimme der Vetomacht Russland neue Sanktionen gegen das Land verhängt. Künftig dürfen keine Panzer, Raketen oder Kreuzer mehr an Teheran verkauft werden. Teheran beteuert, dass sein Atomprogramm nur friedlichen Zwecken dient.
Ahmadinedschad hatte am Vortag schon nicht am Gipfel der Shanghai Kooperations-Organisation (SCO) in Taschkent teilgenommen, zu dem Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao nach Usbekistan gereist war. Der Iran genießt Beobachterstatus in der Gruppe, zu der außer China, Russland und Usbekistan auch Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan gehören. Solange UN-Sanktionen gegen Teheran gelten, könne der Iran der SCO weiter nicht beitreten, sagte Russlands Außenminister Lawrow.
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