Nach Hitzechaos massive Kritik an der Bahn
Augsburg Die Bundespolizei ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung, das Eisenbahnbundesamt untersucht Fahrzeuge und das Bundesverkehrsministerium fordert Konsequenzen: Die Deutsche Bahn steht nach dem Ausfall der Klimaanlagen in mindestens drei Zügen am Wochenende massiv in der Kritik.
"Die gesamte Baureihe ICE-2 bedarf einer Generalüberholung", sagte Joachim Kemnitz vom Fahrgastverband Pro Bahn unserer Zeitung. Aus einem der ICE-2-Züge mussten Rettungskräfte am Samstag am Bielefelder Hauptbahnhof Dutzende Menschen retten. Bei Temperaturen bis zu 50 Grad hatte die Klimaanlage nicht funktioniert, neun Schüler mussten mit einem Hitzeschock ins Krankenhaus, eine Schwangere versuchte sogar, die Scheiben einzuschlagen.
Während die Bahn von bedauerlichen Ausnahmen spricht, gab es gestern erneut Probleme: Nach einem Ausfall der Klimaanlage am gestrigen Montag erneut drängt das Bundesverkehrsministerium auf Konsequenzen aus den Hitzeproblemen. Derartige Mängel müssten bei zukünftigen Fahrzeuggenerationen beseitigt sein, sagte eine Sprecherin. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) forderte: "Ich erwarte von der Deutschen Bahn, dass die Züge bei minus 40 Grad genauso zuverlässig fahren wie bei plus 40 Grad." Im vergangenen Winter hatten Schnee, Eis und Kälte bereits reihenweise ICE lahmgelegt.
Im aktuellen Fall ermittelt inzwischen auch das Eisenbahnbundesamt, das in der Vergangenheit bereits dem ICE der Baureihe 605 zwischenzeitlich die Zulassung entzog. Das Amt muss zusätzlich zu dem Zug in Bielefeld mindestens zwei weitere ICE überprüfen, in denen laut der Neuen Osnabrücker Zeitung die Klimaanlage defekt gewesen sein soll. Bahnchef Rüdiger Grube versicherte, die Vorfälle aufzuklären.
Die Probleme sind für Bahnkenner nichts Neues: "Die Klimaanlagen sind an der Grenze ihrer derzeitigen Belastbarkeit", sagte Kemnitz. Nach Informationen von Pro Bahn soll es bereits in der Vorwoche in ICE-Zügen von Berlin ins Ruhrgebiet zu Störungen und Ausfällen der Klimaanlage gekommen sein. Kemnitz kritisiert die Wartungsmentalität bei der Bahn: "Sie muss darauf mehr Augenmerk legen."
Carsten Waßmuth vom Bündnis "Bahn für alle" sieht in früheren Pannen den Grund für die Schwierigkeiten: "Die Wartungsarbeiten an den Achsen des ICE-3 blockieren die Arbeiten an anderen Teilen immens." Die mittlerweile 15 Jahre alten Züge des Typs ICE-2 sollen noch 2010 modernisiert werden. Bis dahin will die Bahn die Klimaanlagen bei den nächtlichen Wartungen genauer überprüfen und mehr Getränke an Bord der Züge nehmen. Den betroffenen Schülern aus dem Hitzezug in Bielefeld nützt das nichts mehr. Ihre Schule will nun Schadenersatz von der Bahn. "Leitartikel Seite 2 und Wirtschaft
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