Opposition fordert härteren Kurs gegen Erdogan
Exklusiv FDP, Linke und Grüne zeigen sich beunruhigt über das Wahlergebnis in der Türkei. Sie wollen, dass die Bundesregierung Konsequenzen zieht.
Nach dem Wahlsieg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fordern FDP, Linke und Grüne die Bundesregierung zu einem härteren Kurs gegen die Türkei auf. Der FDP-Außenpolitikexperte Alexander Graf Lambsdorff verlangte einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen. „Deutschland muss endlich reagieren und die Beziehungen zur Türkei auf eine ehrliche Grundlage stellen, anstatt weiter an dem unrealistischen EU-Beitritt festzuhalten“, sagte Lambsdorff unserer Redaktion.
Der FDP-Außenexperte hält zugleich die hohen AKP-Wahlergebnisse in Deutschland für alarmierend: „Es ist beunruhigend, dass die Mehrheit der wahlberechtigten Deutsch-Türken für Erdogan und die AKP und damit für einen autoritären türkischen Staat gestimmt haben“, sagte Lambsdorff. „Wir müssen uns allerdings davor hüten, alle in Deutschland lebenden Türken in eine Schublade zu stecken“, fügte er hinzu. „Denn nur etwa die Hälfte der Deutsch-Türken ist wahlberechtigt, die Mehrheit ist gut in Deutschland integriert und nicht alle haben der liberalen Demokratie eine Absage erteilt.“
Linke fordert von Bundesregierung einen härteren Kurs gegenüber Erdogan
Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz sagte unserer Redaktion, sie sei schockiert über das Wahlergebnis. „Besonders ärgert mich die hohe Zustimmung der in Deutschland lebenden Türken zu Erdogan“, betonte die Grünen-Abgeordnete. „In Deutschland fordern sie für sich vehement liberale Rechte ein, doch die gönnen sie offenbar den Minderheiten in der Türkei, etwa den Kurden, nicht in gleichem Maße“, fügte sie hinzu. „Es ist sehr frustrierend, wie die Türkei gewählt hat“, erklärte Deligöz. „Wahl und Wahlkampf waren nicht fair, die Medien sind faktisch gleichgeschaltet.
Die Linke forderte die Bundesregierung zu einem härteren Kurs gegenüber Erdogan auf. „Notwendig ist jetzt eine wirkliche Wende in den deutsch-türkischen Beziehungen“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin der Linken Sevim Dagdelen unserer Redaktion. Das heiße konkret, „Schluss mit den Waffenexporten in die Türkei, Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen und Nein zur Modernisierung der Zollunion“, forderte die Bundestagsabgeordnete. „Wir brauchen auch innenpolitisch Konsequenzen: Bund und Länder müssen umgehend die Kooperation mit dem Moscheeverband Ditib als Teil des Erdogan-Netzwerks in Deutschland beenden“, fügte sie hinzu.
Linken-Abegordnete Sevim Dagdelen fürchtet "finstere Zeiten" für die Türkei
Dagdelen erwartet, dass sich die politische Situation in der Türkei weiter verschlechtern werde. „Andersdenkenden, Oppositionellen und kritischen Journalisten stehen finsterste Zeiten bevor“, sagte die Linken-Abgeordnete, die zugleich Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe ist. „Mit dem Doppelsieg von Erdogan und seiner islamistisch-nationalistischen AKP-MHP-Allianz bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wird der Ausnahmezustand zum Normalzustand in der Türkei“, warnte sie.
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