Steinmeiers Agenda 2020
Der Kandidat keilt zurück. "Es geht hier nicht um unseriöse Versprechen", sagt Frank-Walter Steinmeier. Dass die halbe Republik seinen Plan für Deutschland nur für den üblichen Klamauk vor einer Wahl hält, fuchst den Kanzlerkandidaten der SPD erkennbar. Er hält es lieber mit dem amerikanischen Ökonomen Peter Drucker: "Am besten sorgt man für die Zukunft, indem man sie selbst gestaltet."
Nach der Mannschaft, die ihn im Wahlkampf unterstützt, hat Steinmeier gestern auch seine inhaltlichen Vorstellungen für die nächsten Jahre präsentiert. Bis zu vier Millionen neue Arbeitsplätze, suggeriert er, ließen sich mit ihm als Kanzler schaffen. Viele der Vorschläge und Ideen, die er auf 67 Seiten unter dem Titel "Die Arbeit von morgen" zusammengefasst hat, versprühen allerdings den Geist der Unverbindlichkeit: Mal sind die Länder dafür verantwortlich, mal die Unternehmer, mal ist es die EU. Die wichtigsten Punkte seiner "Agenda 2020":
Arbeitsmarkt: Damit in Deutschland in elf Jahren Vollbeschäftigung herrscht, müssten nach Steinmeiers Rechnung in der Industrie und den ihr verwandten Dienstleistungen zwei Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Im Gesundheitswesen und in der Pflege verspricht er eine weitere Million Jobs, in Werbeagenturen, Verlagen und anderen kreativen Branchen noch einmal 500 000 Stellen. Weitere 500 000 Arbeitsplätze erhofft die SPD sich unter anderem im Handel und in den Haushalten.
Wirtschaftspolitik: Eine Art Ombudsmann im Kanzleramt soll Mittelständlern künftig aus der Kreditklemme helfen und zwischen Banken und Kunden vermitteln. Spezielle Steuergutschriften sollen mittelständische Unternehmen ermuntern, mehr Geld in die Forschung zu stecken. Mitarbeiter, die bei Sanierungsfällen auf Gehalt verzichten, sollen im Gegenzug Anteile an ihrem Unternehmen erhalten.
Bildung und Forschung: In den naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen will Steinmeier mit den Ländern 200 neue Professuren schaffen und alle Studenten durch eine Art kaufmännische Grundausbildung schleusen. Die großen Softwarehäuser sollen helfen, eine spezielle Software-Hochschule zu gründen. Spätestens 2020 soll die Hälfte aller Schüler Abitur machen, außerdem plant Steinmeier einen Rechtsanspruch auf eine Berufsausbildung. Vom Kindergarten bis zum Studium soll niemand mehr für seine Ausbildung zahlen müssen.
Steuern und Finanzen: Der Eingangssteuersatz sinkt bei Steinmeier von 14 auf zehn Prozent, dafür steigt der Spitzensteuersatz von 45 auf 47 Prozent. Auch eine neue Börsenumsatzsteuer will die SPD einführen. Vorstandsvergütungen und Abfindungen sollen Unternehmen nur noch bis zu einer Grenze von einer Million Euro von der Steuer absetzen können. Die so genannte Herdprämie, eine Art Bonus für Mütter, die nach der Geburt eines Kindes längere Zeit zuhause bleiben, soll gar nicht erst eingeführt und das Ehegattensplitting bei Besserverdienern gekappt werden.
Gleichberechtigung: Bis zum Jahr 2014 sollen 40 Prozent aller Aufsichtsratsmandate mit Frauen besetzt sein - heute sind es magere neun Prozent. Bei Bundesbeteiligungen würde ein Kanzler Steinmeier mit gutem Beispiel vorangehen und gezielt Frauen berufen.
Neue Technologien: Autos mit neuen Antrieben, sparsamere Maschinen und Anlagen: Mit "grüner" Technologie soll die deutsche Industrie ihre Position am Weltmarkt noch ausbauen. Die Bundesrepublik, verspricht der Kandidat, "wird zum Silicon Valley nachhaltiger Industrieproduktion". Um mehr Menschen zum Kauf eines Elektroautos zu bewegen, kann er sich vieles vorstellen: kostenlose Parkplätze, freie Fahrt auf der Busspur oder finanzielle Anreize für Firmen, die ihre Flotten entsprechend umrüsten. Auch hier sollen Bund und Länder mit gutem Beispiel vorangehen.
Datennetze: Bereits bis Ende nächsten Jahres will Steinmeier alle Haushalte, die das wollen, an ein schnelles Datennetz anschließen. Geplant ist auch, unter Beteiligung aller Netzbetreiber eine Art "Breitband-AG" zu gründen, die dann eine neue, noch leistungsfähigere Generation von Netzen entwickelt.
Die Diskussion ist geschlossen.