Papst Franziskus schafft sich mit "ökologischer Umkehr" Feinde
Papst Franziskus mischt sich massiv in die Klimaschutzdebatte ein. Für ihn besteht kein Zweifel, dass vor allem Menschen die Erderwärmung verursachen. Damit schafft er sich Feinde.
Die Rede ist von „Sabotage“: Reaktionäre Kräfte im Vatikan wollten die mit Spannung erwartete Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus boykottieren und dem Oberhaupt der katholischen Kirche schaden, heißt es zurzeit in Rom. Der Grund für die Aufregung ist eine Vorabveröffentlichung des Entwurfs von „Laudato si’“, jener 192 Seiten langen lehramtlichen Abhandlung über die Erhaltung der Schöpfung. Erst am Donnerstag soll die endgültige Version der Enzyklika im Vatikan vorgestellt werden. Der Entwurf allerdings stand bereits am Montag auf der Homepage der italienischen Zeitschrift L’Espresso.
Verantwortlich gemacht für diesen journalistischen Coup wurde Sandro Magister. Dem bekannten Journalisten und Papst-Kritiker wurde noch am selben Tag vom Direktor des vatikanischen Pressesaals, Pater Federico Lombardi, die Akkreditierung entzogen.
Wenn schon das für reichlich Diskussionsstoff sorgt, dann wird es der Inhalt der Enzyklika noch weitaus mehr tun: Denn Franziskus fordert angesichts von Klimawandel und Umweltzerstörung darin nichts weniger als eine weltweite „kulturelle Revolution“. Der Entwurf der Enzyklika lässt sich als Analyse der gegenwärtigen Lebensbedingungen beschreiben, gewürzt mit einer starken Prise Wirtschaftskritik.
Franziskus stellt sich auf Seite von Umweltschützern
Die Abhandlung soll ganz offensichtlich eine Einmischung in die Klimaschutzdebatte sein. So hatte der Vatikan bereits wissen lassen, dass sie auch ein Beitrag im Vorfeld der Pariser Klimaschutzkonferenz im kommenden Dezember ist.
Franziskus stellt sich auf die Seite von Umweltschützern und beschreibt den Klimawandel als weitgehend vom Menschen verursachtes Problem. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegten, dass der Großteil der Erderwärmung der vergangenen Jahrzehnte durch die Emission von Treibhausgasen verursacht sei. „Die Menschheit muss sich bewusst werden und Lebensstile, Produktion und Konsum verändern, um gegen die Erderwärmung zu kämpfen“, lautet es im Entwurf.
Andernfalls drohten „schwerwiegende Konsequenzen“. Als schädliche Haltungen benennt Franziskus die „Leugnung des Problems, Gleichgültigkeit, bequeme Resignation oder das blinde Vertrauen in technische Lösungen“. Kaum versteckt greift der Papst die Hauptverursacher der Erderwärmung an, zu denken ist etwa an Industrienationen und Energiekonzerne: „In der Zwischenzeit verteidigen die ökonomischen Mächte fortwährend das gegenwärtige weltweite System von Spekulation und Streben nach finanziellen Renditen und ignorieren die Wirkung auf menschliche Würde und die Umwelt.“
Papst ruft zur ökologischen Umkehr auf
Erst im Frühjahr hatten konservative Lobbyisten des US-amerikanischen Heartland Instituts mit einem Besuch im Vatikan versucht, Einfluss auf die Veröffentlichung zu nehmen. Das Heartland Institut bezeichnet die durch Treibhausgase verursachte Erderwärmung als „Erfindung“ und steht US-Energiekonzernen sowie der amerikanischen Republikaner-Partei nahe.
Offensichtlich blieben die Lobbyisten erfolglos: Franziskus ruft Politik, Wirtschaft und die Weltbevölkerung zur „ökologischen Umkehr“ auf. Und er wird konkret: Offen spricht sich der Papst in dem Entwurf der Enzyklika gegen den Emissionsrechte-Handel aus, wie er etwa seit 2005 in der EU praktiziert wird. Dieser könne zu neuer „Spekulation“ führen und ein „Vorwand für einen Super-Konsum einiger Länder und Sektoren“ werden.
In beinahe klassenkämpferischem Ton kritisiert der Papst dann ein aus seiner Sicht fehlgeleitetes Wirtschaftssystem mit „Bankenrettung um jeden Preis“, blinder „Gewinnmaximierung“ und kritisiert die „simple Proklamation der wirtschaftlichen Freiheit“. Neben einer politischen und wirtschaftlichen Umkehr spricht er sich zudem für ein geändertes Konsumverhalten aus: Alle könnten bei der Bekämpfung der Umweltzerstörung mitwirken – durch Mülltrennung, sorgsamen Wasserverbrauch oder das gemeinsame Nutzen von Fahrzeugen.
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