
Terror-Experte Peter Neumann spricht unbequeme Wahrheiten aus

Die Axt-Attacke in einem Zug, ein Anschlag mit einem Fahrzeug: Peter Neumann hat das lange vorhergesagt. Jetzt unterstützt der Terror-Experte die Sicherheitsorganisation OSZE.
Ein Anschlag in Würzburg? Noch vor einigen Monaten ein nur schwer vorstellbares Szenario. Als der Terrorismusexperte Peter Neumann im Oktober 2014 in einem Interview sagt, Terroristen könnten sich im Prinzip jemanden in der Würzburger Innenstadt greifen und ihn enthaupten, hagelt es Kritik. „Panikmache“, werfen einige dem gebürtigen Würzburger vor. Dann kommt der 18. Juli 2016 und das Axt-Attentat in einem Regionalzug bei Würzburg-Heidingsfeld.
Vorhergesagt hat der 42-Jährige, der unverheiratet ist und in London lebt, den Anschlag nicht. „Mit dem Satz habe ich damals die allgegenwärtige Terrorgefahr veranschaulichen wollen“, erklärt er später. Neumann hat es auch nicht nötig, frühere Aussagen später als Prognosen zu verkaufen, wenn sie zur Realität passen. Denn die Trefferquote des Professors ist auch so verblüffend hoch, wenn es um die Pläne von Terroristen geht.
Terror-Experte warnte schon lange vor Anschlägen
Schon vor Charlie Hebdo warnte er vor „islamistischen Anschlägen kleiner Terrorgruppen“. Auch die Strategie, mit Fahrzeugen in Menschenmengen zu fahren, beschrieb er vor Nizza und Berlin. Seine Fachkenntnis macht sich nun die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zunutze: Neumann wurde als Sondergesandter im Kampf gegen Terrorismus und Radikalisierung bestellt.
Es genüge nicht, die Terrormiliz Islamischer Staat militärisch zu bekämpfen: Notwendig seien auch polizeiliche Maßnahmen und Prävention, betont Österreichs Außenminister Sebastian Kurz in seiner Antrittsrede als OSZE-Vorsitzender. Mit Österreich an der Spitze soll sich die Organisation aus 57 Staaten Strategien gegen den Terror und dessen Wurzeln überlegen. Mit Neumann als Taktgeber.
Peter Neumann spricht auch unbequeme Wahrheiten aus
Denn der gebürtige Würzburger Neumann ist einer der wenigen unumstrittenen Experten auf seinem Spezialgebiet „Radikalisierung“. Einer, der sich traut, in Interviews und Talkshows auch die unbequemen Wahrheiten auszusprechen: Etwa, dass wir davon ausgehen müssen, dass es „in Europa in den nächsten 15 bis 20 Jahren immer wieder zu schockierenden Anschlägen“ kommen werde. Oder dass die Sicherheitsbehörden trotz immer neuer Anschläge ihre Zusammenarbeit auf Europaebene nicht verbesserten.
1997 weckt der Terrorismus das Interesse des Unterfranken. Der Student der Politikwissenschaften wechselt damals von der TU Berlin ins nordirische Belfast. Es ist die Zeit, als der Nordirland-Konflikt endet und der Friedensprozess beginnt. Ab 1999 promoviert Neumann am Londoner King’s College über britische Regierungsstrategien in dem blutigen Konflikt.
Terror ist damals kein Thema – was sich am 11. September 2001 schlagartig ändert. Mit dem Anschlag auf die Londoner U-Bahn 2005 beherrscht das Thema dann endgültig die Debatten in Großbritannien. 2008 wird er Leiter des neu gegründeten „Internationalen Zentrums zum Studium für Radikalisierung“ am King’s College. Sein Institut will Neumann trotz des Rufs der OSZE weiter leiten.
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