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Foto: Emilio Morenatti, dpa
Foto: Emilio Morenatti, dpa

Gegen Neuwahlen: Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont bei seiner jüngsten Erklärung zum Konflikt mit Spanien.

Katalonien
26.10.2017

Puigdemont will keine Neuwahlen in Katalonien: Wie geht es weiter?

Von Ralph Schulze

Im Katalonien-Konflikt will Regionalpräsident Carles Puigdemont nichts von Neuwahlen wissen. Erklärt er am Freitag die Unabhängigkeit? Und übernimmt gleichzeitig Madrid die Macht?

Vor dem Regierungspalast in Barcelona riefen tausende Menschen „Unabhängigkeit“, „Keinen Schritt zurück“ und „Wir wollen eine katalanische Republik“. Hinter den dicken Mauern des mittelalterlichen Sitzes der katalanischen Regionalregierung stritten unterdessen seit Donnerstagmorgen die Mitglieder des Kabinetts darum, wie es nun weitergeht. Einseitige Unabhängigkeitserklärung? Vorgezogene Neuwahl? Rücktritt von Ministerpräsident Carles Puigdemont?

Eigentlich wollte Puigdemont schon am Donnerstagmittag in einer TV-Ansprache an die 7,5 Millionen Katalanen ankündigen, wie er sich eine Lösung des Katalonien-Konflikts vorstellt. Angeblich wollte er das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen, hieß es. Doch dann kam der Rückzieher. Es bleibt beim harten Kurs.

Puigdemont kündigte am späten Nachmittag in seiner Rede in Barcelona entgegen aller Erwartungen doch keine Neuwahlen an. Er werde seinen Plan für eine Unabhängigkeit der Region weiter verfolgen, erklärte der Separatist stattdessen. Er warf Madrid vor, eine Einigung zu verhindern.

Katalonien: Puigdemont deutete Neuwahlen an - will dann aber nichts davon wissen

Puigdemont hatte Spanien den ganzen Tag in Atem gehalten. Die Rede war ursprünglich für 13.30 Uhr angekündigt worden. Dann wurde sie erst verschoben, später ganz abgesagt. In allen Medien war spekuliert worden, er habe sich zur Ausrufung von Neuwahlen durchgerungen, um die Lage zu entspannen. Auch ein Termin war bereits genannt worden: der 20. Dezember.

Im Falle der Ausrufung von Neuwahlen wäre die Regierung von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy in Zugzwang geraten. Sie hatte in den vergangenen Tagen klargemacht, dass eine Ausrufung von Neuwahlen alleine nicht ausreiche, um die angekündigten Zwangsmaßnahmen gegen die nach Unabhängigkeit strebende Regierung auszusetzen. Es brauche einen Kurswechsel und einen klaren Verzicht auf eine Unabhängigkeitserklärung.

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Laut den Zeitungen La Vanguardia und El Pais gab es am Donnerstag Verhandlungen zwischen Rajoys konservativer Volkspartei PP und der sozialdemokratischen PSOE, die für ein Aussetzen der Zwangsmaßnahmen im Falle von Neuwahlen plädiert habe.

Katalonien könnte am Freitag Unabhängigkeit erklären

Am Abend sollte die mit Spannung erwartete Sitzung des katalanischen Parlaments abgehalten werden. Es wurde in den vergangenen Tagen nicht ausgeschlossen, dass dabei die Unabhängigkeit erklärt werden könnte. Vermutlich wird das Parlament aber seine Sitzung am Freitag noch fortsetzen. Am Freitag tritt auch der spanische Senat zusammen, der die Maßnahmen gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen billigen sollte. Sie sehen unter anderem die Absetzung der katalanischen Regierung vor.

Dann würde Madrid vorübergehend die Kontrolle in Katalonien übernehmen und innerhalb von sechs Monaten Neuwahlen ansetzen. Eine Neuwahl, an der Kataloniens Spaltpilz Puigdemont nach Meinung Madrids nicht mehr teilnehmen sollte. Diese Maßnahmen sind durch Spaniens Verfassung gedeckt, die in Artikel 155 die Anordnung von Zwang erlaubt, wenn eine Region ihre gesetzlichen Verpflichtungen nicht erfüllt oder wenn sie massiv gegen das Gemeinwohl Spaniens handelt. Diese Situation sieht die spanische Regierung jetzt als gegeben an.

Nach zwei Ultimaten, in denen sie den katalanischen Separatisten Zeit gab, wieder „auf den Weg der Legalität zurückzukehren“, beschloss die Zentralregierung in Madrid, in Katalonien einzugreifen. Womit, wenn an diesem Freitag der Senat zustimmt, Puigdemonts Tage gezählt wären.

Puigdemont hatte am 1. Oktober ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert, das vom spanischen Parlament nicht wie notwendig genehmigt und zudem vom Verfassungsgericht verboten worden war. Bei dem somit illegalen Referendum hatten zwar 90 Prozent mit Ja gestimmt, aber nur 43 Prozent teilgenommen. Die prospanischen Parteien hatten zum Boykott aufgerufen. Weder die spanische Regierung noch die Europäische Union hatten das Ergebnis anerkannt. mit dpa

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