
Regierungschefin Timoschenko in Ukraine abgewählt

Die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko muss nach einem Misstrauensvotum des Parlaments in Kiew zurücktreten. Eine starke Mehrheit von 243 Abgeordneten - 17 mehr als nötig - stimmte am Mittwoch für ein Ende der Regierung von Timoschenko.
Die 49-Jährige, die seit Dezember 2007 im Amt ist, will nach eigenen Angaben nun einen "harten Oppositionskurs" gegen den neuen Präsidenten Viktor Janukowitsch fahren. Es ist das zweite Mal seit der demokratischen Orangenen Revolution von 2004, dass Timoschenko das Amt der Regierungschefin aufgeben muss. Ihre Partei kündigte an, die Politikerin werde nun erst einmal eine Auszeit nehmen.
Der 59 Jahre alte NATO-Gegner Janukowitsch will rasch eine neue Regierung bilden, um das Land aus der schwersten Krise seit dem Zerfall der Sowjetunion vor 20 Jahren zu führen. Wer das neue Kabinett leiten soll, stand zunächst nicht fest. Janukowitsch rief die Fraktionen zu einer raschen Einigung auf. "Wir müssen die Regierungskrise überwinden und vorwärtsschreiten", sagte er. Der neue Staatschef wird an diesem Freitag zum Antrittsbesuch in Moskau erwartet
Können sich die Parteien innerhalb der kommenden 30 Tage nicht auf eine Koalition einigen, werden vorgezogene Parlamentswahlen fällig. Der Fraktionschef von Janukowitschs pro-russischer Partei der Regionen, Nikolai Asarow, zeigte sich aber optimistisch. Die Verhandlungen könnten bereits in den nächsten Tagen beendet werden, sagte er. Asarow gilt selbst als Kandidat für die Nachfolge von Timoschenko.
Timoschenko hatte bei einer Rede am Vormittag vor den Abgeordneten in der Obersten Rada noch versucht, die Regierungskoalition zu retten. Sie habe das Land trotz der schweren innenpolitischen Krise vor dem Staatsbankrott bewahrt und soziale Mindeststandards aufrechterhalten, sagte sie. Zugleich griff sie ihren Rivalen Janukowitsch erneut scharf an und bezeichnete ihn als "Bedrohung" für die Demokratie und Pressefreiheit in der Ukraine. Direkt nach ihrer Rede verließ sie den Plenarsaal.
Ihre Gegner warfen Timoschenko hingegen erneut eine "abenteuerliche" Politik vor, mit der sie die Wirtschaftskrise in dem zweitgrößten Flächenland Europas noch verschlimmert habe. Timoschenkos Regierungsjahre gingen als "einzigartiges Fiasko" in die ukrainische Geschichte ein, sagte Asarow.
Auch sieben Mitglieder der Timoschenko-Fraktion stimmten gegen sie. Vorerst bleibt die Regierung noch geschäftsführend im Amt. Timoschenko hatte am Vortag für den Fall eines erfolgreichen Misstrauensvotums jedoch den sofortigen Rückzug aller Minister angekündigt. Parlamentspräsident Wladimir Litwin hatte die Koalition für beendet erklärt, da die Fraktion Unsere Ukraine des früheren Präsidenten Viktor Juschtschenko ausgetreten sei.
Mit dem Misstrauensvotum endet die Regierung der orangenen Kräfte um Timoschenko und Juschtschenko, die 2004 einen demokratischen Wandel in der Ukraine eingeleitet hatten. Fünf Jahre nach der Revolution will der damalige Verlierer Janukowitsch das für die EU wichtige Energie-Transitland durch harte Reformen wieder auf die Beine bringen.
Der aus dem russisch geprägten Osten des Landes stammende Janukowitsch hatte am 7. Februar die Stichwahl gegen Timoschenko mit einem Vorsprung von etwa 3,5 Prozentpunkten gewonnen. Die Regierungschefin warf ihrem Konkurrenten Manipulationen vor, internationale Beobachter lobten die Abstimmung jedoch als fair und frei. Zuvor war im ersten Wahlgang bereits der bisherige Präsident Juschtschenko wegen gebrochener Reformversprechen abgewählt worden.
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