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Reichsbürger
21.10.2016

Was treibt "Reichsbürger" an? Ein Blick in ihr "Königreich"

Peter Fitzek, der selbst ernannte „König von Deutschland“, vor seinem Königreich in einem ehemaligen Krankenhaus in Wittenberg. Er steht wegen Untreue vor Gericht.
Foto: imago

Vor vier Jahren gründeten Reichsbürger mitten in Deutschland einen Fantasiestaat. Was sind das für Menschen, die in einem selbst ernannten Königreich leben? Und warum tun sie das?

Es ist ein großer Tag für das Königreich – und der König begrüßt alle Ankommenden persönlich. Er wartet direkt hinter der Tür, wo ein langer Flur beginnt, erleuchtet von Halogenlampen. Des Königs Haare sind streng nach hinten gekämmt, sein nachtblaues Hemd betont die sportliche Figur, in einer Hand trägt er eine Aktentasche. Mit der anderen weist der König auf ein eng bedrucktes Poster an der Wand: „Die Reformation der Neuzeit in 77 Thesen.“ Alles akkurat, nur: Der König ist aus Pappe.

Was Schein ist und was Sein, ist schwer auseinanderzuhalten im „Königreich Deutschland“.

Seit der Gründungszeremonie im September 2012 hält König Peter mit seinen Getreuen auf dem weitläufigen Gelände eines ehemaligen Krankenhauses in Wittenberg Hof, kaum zwei Autostunden südlich von Berlin. Ihr selbst proklamierter Staat hat existenzielle Krisen durchgemacht, internen Zwist, sah Millionenforderungen auf sich zukommen und mehr als 200 Polizisten auf einmal, die das „Staatsgebiet“ durchsuchten – und ist im Herbst 2016, an seinem vierten Geburtstag, doch immer noch da. Sogar bei Google Maps taucht das Königreich mittlerweile auf.

Der König aber, Peter Fitzek, kann den Geburtstag nicht mitfeiern. Er sitzt in Haft, weil er 1,3 Millionen Euro seiner Anhänger veruntreut haben soll. Das Landgericht Halle hat bis März nächsten Jahres 26 Verhandlungstage angesetzt. Am ersten Prozesstag brach Fitzek in Tränen aus. Er bezeichnet sich als „Handlanger vom Schöpfer“ und, nein, er habe sich nicht bereichern wollen. Das Geld sei ihm aufgedrängt worden. „Ich tue mein Bestes“, sagte der 51-Jährige. Zuvor hatte Fitzek die Gerichte beschäftigt, weil er wiederholt mit einem selbst gefertigten Führerschein seines Königreichs am Steuer erwischt worden ist. Seine Anhänger kämpfen für ihn. Neben dem Pappkönig hängt im Krankenhausflur ein Zettel: #FreePeter.

Es könnte alles beinahe eine romantische David-gegen-Goliath-Geschichte sein, Idealisten gegen Behörden, würden diese Idealisten von Fachleuten nicht den sogenannten „Reichsbürgern“ zugerechnet. Was Fitzek gestern vor Gericht vehement bestritt: „Mit solchen Leuten habe ich nichts zu tun. Reichsbürger sind ewig Gestrige“, sagt er.

Warum "Reichsbürger" in ihrem selbst ernannten Königreich leben

„Reichsbürger“ erkennen Deutschland als Staat nicht an oder sie glauben, Deutschland sei immer noch von den Alliierten besetzt – jedenfalls betrachten sie es lediglich als „Verwaltung“. Die deutschen Institutionen und Behörden werden von den „Reichsbürgern“ kategorisch abgelehnt. Vor einigen Wochen erst hat das Innenministerium erklärt, dass aus der Szene heraus „schwerste Gewalttaten“ zu erwarten seien. Wie aktuell diese Warnung ist, zeigte sich am Mittwoch in Georgensgmünd.

In einer Analyse der Amadeu Antonio Stiftung, die über Rechtsextremismus forscht, heißt es über „Reichsbürger“: „Hinter der Maskerade aus Verschwörungsdenken, Esoterik und Regierungsspielchen steckt eine handfeste rechtsextreme und menschenfeindliche Ideologie.“ Fitzek und das Königreich werden dort als „prominente Vertreter“ der Szene geführt.

Was aber bewegt Menschen, in einem selbst ernannten Königreich zu leben? Bei der Geburtstagsfeier lehnt sich Benjamin Freiherr von Michaelis über einen Stehtisch und sagt: „Wir sind gar keine „Reichsbürger“. Wir wollen ja nicht nur meckern, sondern etwas erschaffen.“ Michaelis ist einer der Aktivisten der ersten Stunde, er trägt Hemd und früher an diesem feierlichen Abend eine besondere Verantwortung: Zusammen mit einem anderen Freiherrn, Martin Freiherr von Schulz, hält er eine Rede.

„Mit uns beginnt eine neue Zeit! Seid euch dessen bewusst!“, rufen die beiden jungen Männer den gut 80 Anwesenden zu, die in einem langen Flur stehen. Applaus. „Sie versuchen, Peter kleinzukriegen! Aber da sind sie an den Falschen geraten!“ Großer Applaus. „Wir haben 17.000 Euro an Spenden für Peters Verteidigung gesammelt!“ Stürmischer Applaus. Martin und Benjamin zählen auf: Etwa 1000 Staatsbürger und Assoziierte gebe es, 24 Menschen hätten nicht nur komplett mit der Bundesrepublik gebrochen, sondern würden auch auf dem Staatsgebiet wohnen. Das neue Deutschland, in einem alten Krankenhaus. Wieder Applaus.

Ach, und: „Das Büfett ist eröffnet!“ Es gibt vegetarische Leberwurst und Chili con Carne, selbst gebackenen Kuchen und Äpfel aus der Region. Das Menü ist wie die Ideologie des Königreichs: ein bunter Mix mit nationaler Note.

"Das Königreich Deutschland ist systemunabhängig und wahrhaft demokratisch"

Es ist schwer zu beschreiben, was die Idee des selbst ernannten Staates ausmacht. In der Broschüre, die auch bei der Geburtstagsfeier ausliegt, gibt es Sätze wie: „Das Königreich Deutschland ist systemunabhängig und wahrhaft demokratisch.“ Die 77 Thesen, die Peter Fitzek in Anspielung auf die 95 Thesen des Reformators Martin Luther auch schon an die Schlosskirche in Wittenberg angebracht hat, enthalten so abstrakte Gedanken wie die „Einhaltung der schöpferischen Ordnung“ ebenso wie ganz konkrete wie die Abschaffung der Rundfunkgebühren. In Gesprächen betonen Bewohner des Königreichs, dass sie ein „selbstbestimmtes“ und „wirklich freies Leben“ möchten.

„Ich war früher Airbrush-Künstler, habe beispielsweise Autos bemalt“, erzählt Benjamin unter der gold-rot-schwarzen und mit einer stilisierten Sonne versehenen Flagge des Königreichs. „Aber ich habe mich nicht getraut, große Aufträge anzunehmen und richtig an mir zu arbeiten. Hier kann ich mich entwickeln.“

Im Königreich hätte er alle möglichen Aufgaben übernommen, auch viele handwerkliche. Je länger Benjamin spricht, desto mehr darüber, dass die „BRD nur ein Verwaltungskonstrukt“ ist, dass nur auf deutschen Heiratsurkunden keine Nationalität angegeben sei, dass Menschen im Königreich mitmachen würden, die von Pegida enttäuscht sind, weil dort eben nur protestiert werde. „Wir aber sind etwas Neues!“

Ein Rundgang durch die Feier gleicht einem Ritt auf einem verschwörungstheoretischen Klangkarussell. „Das Osmanische Reich wurde nur für 100 Jahre aufgelöst“, „die Juden sollten erst alle legal aus Hitlers Deutschland nach Israel“ und nicht zuletzt: „Es gibt keinen Friedensvertrag zwischen Deutschland und den Besatzungsmächten!“

---Trennung _"Reichsbürger" haben ihren Platz in Deutschland nicht gefunden_ Trennung---

„Reichsbürger“ will an diesem Abend übrigens kaum einer sein. Fast scheint es mit den Reichsbürgern wie mit den Hipstern: Sie sind überall, aber niemand ist selbst einer. An einem Tisch verkauft ein Mann für fast 30 Euro Königreich-Deutschland-T-Shirts, „steuerfrei!“

Wie zunächst nette Menschen irgendwann furchtbare Sachen sagen, zeigt Johannes. Er ist 50, Physiotherapeut und aus Wiesbaden zur Feier angereist. „Die Patienten in Deutschland sind nicht selbstbestimmt, sie werden ruhiggehalten von Ärzten, mit Angst und Latein.“ „Ich habe mich mit den Behörden angelegt“, sagt er. Sechs Mal wäre sein Vermögen schon gepfändet worden. Kurz darauf sagt Johannes leise: „Wir müssen aufwachen, wir sind unter US-Herrschaft. Jemand müsste hier einmarschieren, mit Panzern. Vielleicht Russland. Unsere Lage ist sonst aussichtslos.“

Die Feier im Krankenhaus ist sonst auch einfach ein Fest, bei dem nicht alles ideologisch daherkommt. Der Abend schreitet voran, die Tanzfläche füllt sich. Das Beste der 80er, 90er und Mambo Number 5.

"Reichsbürger" haben unterschiedliche Vorstellungen

Das Königreich konzentriert sich heute vor allem auf sein Staatsgebiet im ehemaligen Krankenhaus. Vor zweieinhalb Jahren gab es noch eine unübersichtliche Anzahl an Liegenschaften, auch eine unweit der berühmten Schlosskirche in Wittenberg, die „Königliche Reichsbank“. Heute ist diese „Filiale“ verwaist, nur ein Logo mit der Aufschrift „Königreich Deutschland“ im Marmorboden erinnert an die Zeit, als König Peter eine Sitzbank herbrachte, sich darauf setzte und sagte: „Das ist die Reichsbank! Wir betreiben keine Bankgeschäfte!“ Diese spitzfindige Verwirrungstaktik überzeugte die Finanzaufseher der Bafin aber nicht. Sie klagten. Das Königreich geriet in eine Krise, verlor Mitglieder, hat sich davon aber scheinbar gut erholt.

Nun tanzen sie auch ohne ihr Oberhaupt, die Bewohner des Königreichs, auch wenn die Verwirrung immer noch eine ihrer mächtigen Ressourcen zu sein scheint. Sie wohnen im „Königreich“, träumen von Freiheit und Basisdemokratie, und manche reden plötzlich über Konfuzianismus, und spät am Abend scheint es, dass alles so konfus ist, dass die angestrebte Staatsform nur Konfusionismus sein kann.

Gerade diese diffuse gedankliche Unordnung ist es aber, die es jedem erlaubt, das Königreich so zu sehen, wie die eigene Realität gerne zu sein hätte. Wie Roy, 23 Jahre alt, der bisher in Magdeburg „einige verschiedene Sachen“ studiert hat, aber: „Ich bin nicht hingegangen.“ Bei einem Bier erzählt Roy, dass er erst nicht habe mitmachen wollen, weil ihm eine Basisdemokratie vorschwebe. Ja, die Sache mit dem Königreich... „Aber dann habe ich verstanden, dass richtige Demokratie nur so geht!“ Bitte, was? „In einer Räterepublik gibt es viele verantwortliche Positionen, es ist schwer, dafür Leute zu finden. Hier gibt es einen König, auf den sich die Bundesrepublik konzentriert, und wir anderen können demokratisch vorgehen.“ Seit drei Tagen sei er Staatsbürger, sagt Roy. Und unlogisch findet er sein Gedankenkonstrukt nicht.

Vielleicht ist das der einzige wirklich gemeinsame Nenner aller Aktivisten im Königreich: Sie haben ihren Platz in Deutschland nicht gefunden. Deshalb wollen sie ein anderes Deutschland. Nach einem Abend im Königreich lässt sich sagen: Die Bewohner leben wirklich in einem anderen Land, denn sie nehmen die Realität komplett anders wahr als die meisten Deutschen.

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24.10.2016

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