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Osteuropa
24.12.2018

Renovabis-Chef Hartl: "Schlimm ist es, wenn Kinder zurückbleiben"

Pfarrer Christian Hartl ist seit Oktober 2016 Hauptgeschäftsführer von Renovabis, der Solidaritätsaktion deutscher Katholiken mit den Menschen in Osteuropa.
Foto: Thomas Schumann

Renovabis-Geschäftsführer Christian Hartl sieht, dass ein Mentalitätswandel in Osteuropa noch Geduld braucht. Doch die Jugend wolle etwas voranbringen.

Herr Pfarrer Hartl, Sie sind Hauptgeschäftsführer von Renovabis, der Solidaritätsaktion deutscher Katholiken mit den Menschen in Osteuropa. Wo werden Sie Heiligabend feiern?

Christian Hartl: Ich werde in einer kleinen Dorfpfarrei in meiner oberbayerischen Heimat sein und ich werde sicher an die vielen Menschen denken, denen ich in diesem Jahr begegnet bin. Für Renovabis unternahm ich viele Reisen; ich war in Litauen und Estland, in Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Georgien, Rumänien und Weißrussland.

Was würden Sie den Christen dort am liebsten unter den Christbaum legen?

Hartl: Wir haben an unsere Partner Weihnachtsbriefe geschrieben; die liegen dort hoffentlich. Außerdem wünsche ich unseren Partnern etwas, das ich nur im Gebet von Gott erbitten kann. Es sind mindestens drei Wünsche: Erstens wünsche ich den Ländern Frieden; vor allem im Blick auf die Ukraine ist dies ein ganz dringlicher Wunsch. Zweitens Gerechtigkeit, weil sie die Voraussetzung für den Frieden ist. Drittens Gottverbundenheit, denn wenn wir im Blick auf Gott und das Evangelium die Probleme in der Welt bewerten, dann kommen wir auf neue, inspirierende Ideen.

An welche Begegnungen in Osteuropa erinnern Sie sich am liebsten?

Hartl: Ich habe hier viele Menschen vor Augen. Besonders kostbar ist es für mich immer zu sehen, wie junge Menschen ihren Weg finden, wie sie Zukunftsperspektiven entdecken. Ich erinnere mich an Begegnungen mit Schülern in unseren Europa-Schulen in Bosnien.

Erleben Sie Optimismus unter der Jugend in Osteuropa?

Hartl: Ja, durchaus. Junge Menschen blicken in die Zukunft, sie sind von Idealismus geprägt. Das habe ich dort durchaus wahrnehmen können.

Wollen die jungen Leute in ihren Ländern bleiben oder denken sie daran, in den Westen abzuwandern?

Hartl: Das ist sicher unterschiedlich. Zunächst wollen die Jugendlichen in ihren Ländern bleiben, weil es ihre Heimat ist. Gerade in den Schulen habe ich wahrgenommen, wie viel Ehrgeiz da ist, schulisch voranzukommen, Fremdsprachen zu lernen, um im eigenen Land etwas voranzubringen und zugleich internationale Kontakte zu pflegen.

Und welche Begegnung in Osteuropa stimmte Sie richtig traurig?

Hartl: Die bedrängendste Situation fand ich in Albanien, als ich in meinem ersten Jahr bei Renovabis eine Siedlung von Roma auf einer Müllhalde besucht habe. Dieses Bild bringe ich nicht mehr aus dem Kopf, wie Menschen dort leben müssen. Heuer war es die Situation in einer Flüchtlingsunterkunft in Mazedonien, die mich sehr traurig gestimmt hat. Die Leute erzählten mir, dass die Schlepper sie dort ausgesetzt haben und behaupteten, sie seien schon in der EU angekommen.

Werden Menschen in solchen elenden Situationen von den Staaten im Westen wahrgenommen?

Hartl: Wahrgenommen vielleicht schon. Aber die Frage ist, wie groß der Wille ist und wie ausgeprägt die Möglichkeiten sind, zu helfen.

Immer noch haben viele Deutsche das Bild vom Armenhaus Südosteuropa im Kopf. Jetzt zu Weihnachten machen sich wieder Hilfstrucks, etwa der Johanniter, mit Päckchen nach Südosteuropa auf. Eine sinnvolle Geste?

Hartl: Armenhaus ist ein übles Wort. Ja, es ist dort viel Armut zu finden. Aber auch Reichtum, ein Reichtum weniger und die Armut vieler. Was die Hilfstrucks betrifft: Es ist immer schön, wenn Menschen Solidarität erfahren. Diese Hilfe löst sicher Freude aus. Es ist auch gut, bei uns immer wieder die Sensibilität zu stärken, dass wir teilen sollen. Renovabis hat den Vorteil, dass wir, indem wir mit Partnern vor Ort eng zusammenarbeiten, Strukturen verbessern können. Es geht da nicht um einmalige Hilfe, sondern um Hilfe zur Selbsthilfe, damit sich langfristig etwas verbessert.

Wie stark ist das Wohlstandsgefälle wirklich? Immerhin gehören Rumänien und Bulgarien zur EU.

Hartl: Das Gefälle ist groß. Wir müssen nur die Statistiken lesen. In Deutschland haben wir einen Durchschnittslohn von weit über 3000 Euro, in Bulgarien liegt er bei 550 Euro. Gott sei Dank gibt es ein Wirtschaftswachstum auch in den ärmeren Ländern Europas. Aber es braucht Zeit, bis sich dort wirklich nachhaltig etwas verändert. Und die Verteilung im Land ist auch sehr unterschiedlich. Es gibt Oligarchen, die Reichtum angehäuft haben, und es gibt Korruption.

Um die polnische Altenpflegerin, den rumänischen Bauarbeiter und den bulgarischen Informatiker sind die Deutschen froh. Aber die Bettler aus dem Osten sollen bleiben, wo sie sind. Was richten diese Unterscheidungen in den jeweiligen Gesellschaften an?

Hartl: Ich bin Ihnen dankbar für diesen Hinweis auf unser Nützlichkeitsdenken. Das ist tatsächlich etwas anderes als Solidarität! Insgesamt ist eine Ost-West-Wanderung festzustellen. In Polen sagt man mir: Viele unserer Pflegekräfte sind zu euch nach Deutschland gegangen, jetzt brauchen wir Pflegekräfte aus der Ukraine. Schlimm ist es, wenn Kinder zurückbleiben. Man spricht von den „Eurowaisen“. Schlimm ist, was wir als Braindrain benennen, dass gerade die junge Generation, die ideenreich ist und etwas erneuern könnte, abwandert.

Und die Alten werden in sterbenden Dörfern zurückgelassen…

Hartl: Das kann ich nur bestätigen. Als ich in Litauen war, sagte der Sekretär der Bischofskonferenz zu mir: Bei uns auf dem Land sind sogar die Hunde depressiv. Das ist ein starkes Bild, das ich auch nicht mehr aus dem Kopf bekomme.

Was kann Renovabis da tun?

Hartl: Wir versuchen, Hilfsstrukturen zu fördern, damit die Menschen Unterstützung erhalten. Grundsätzlich denken wir uns nicht Projekte aus, sondern wir arbeiten mit Partnern in den Ländern zusammen, zum Beispiel mit der Caritas. Wir sind bemüht, dass Menschen vor Ort Perspektiven entdecken, indem wir etwa jungen Menschen eine Ausbildung vermitteln und helfen, dass sie vor Ort unternehmerisch tätig sein können.

Man hat hier mitunter den Eindruck, Osteuropa mit seinen vielen Problemen sei ein Fass ohne Boden.

Hartl: Das klingt mir zu vorwurfsvoll. Es gibt viele positive Entwicklungen. Wirtschaftlich, sozial, im Bildungsbereich hat sich vieles verbessert. Andererseits gibt es noch viele Herausforderungen, denn die Verhältnisse haben sich nicht so rasch zum Besseren entwickelt, wie wir das gehofft hatten. Unsere Partner sprechen gelegentlich vom Homo Sovieticus. Das meint, es gibt eine gesellschaftliche Prägung aus der langen Zeit der kommunistischen Diktatur. Da sollte der Mensch nicht aus sich heraus tätig werden. Es braucht einen Mentalitätswandel, der einige Zeit und Geduld fordert.

In der Ukraine gab es einen hoffnungsvollen Aufbruch auf dem Maidan, aber seit über fünf Jahren schwelt dort ein Krieg, der nicht enden will.

Hartl: Es ist ein vergessener Krieg, er kommt bei uns nur noch ganz selten in den Medien vor. Dabei muss uns bewusst bleiben: Es sind über 10 000 Tote zu beklagen, es gibt etwa 25 000 Kriegsinvaliden, man zählt 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge. Es ist eine grauenhafte Situation, die das Land in der Entwicklung sehr weit zurückgeworfen hat.

Mit welchem Ziel haben die deutschen Bischöfe vor 25 Jahren die Hilfsaktion Renovabis gegründet?

Hartl: Viele von uns können sich erinnern, welche Euphorie damals bestand. Man hatte den Eindruck: Wie durch ein Wunder verändern sich die Dinge in Osteuropa. Die Kirche, aber auch die Zivilgesellschaft können jetzt etwas bewegen. Da sagten die deutschen Katholiken und ihre Bischöfe: Da wollen wir mithelfen! Renovabis arbeitet in ganz unterschiedlichen Bereichen. Wir unterstützen pastorale Projekte, soziale Projekte, Bildungsprojekte. Insgesamt sind es über 23 000 Projekte, die in den 25 Jahren realisiert werden konnten. Und es konnten über 715 Millionen Euro investiert werden. Ich danke dafür allen, die Renovabis unterstützt haben.

Jahrzehntelang war uns „der Osten“ hinter dem Eisernen Vorhang verschlossen. Wie fremd ist er uns dreißig Jahre nach der Wende immer noch?

Hartl: Wenn ich an meine eigene Schulzeit in den Achtzigern denke, kam osteuropäische Geschichte dort kaum vor. Diese aber muss man zur Kenntnis nehmen, um die heutige Situation einordnen zu können. Insofern kann ich nur dafür werben, dass man viele Reisen in osteuropäische Länder unternimmt, dass Partnerschaften gepflegt werden, dass man im Dialog miteinander steht.

Gibt es „den Osten“ oder handelt es sich um unterschiedliche Länder?

Hartl: Es gibt ihn ganz sicher nicht. Renovabis hat 29 Länder im Blick, ganz unterschiedliche. Jedes Land hat eine eigene Geschichte, eigene Prägungen und Herausforderungen.

Unter der kommunistischen Herrschaft hatten vor allem die Kirchen zu leiden. Wie sieht es heute mit dem religiösen Leben in diesen Ländern aus?

Hartl: Auch das ist sehr unterschiedlich. Es gab die Hoffnung, nun blühe alles auf. Und zum Teil ist es auch so gekommen, wenn ich etwa an die ukrainische griechisch-katholische Kirche denke, die bis zur Wende im Untergrund leben musste. Wir erleben dort eine Auferstehung, eine überaus lebendige Kirche, die im Land auch als moralische Institution höchstes Ansehen genießt. Andernorts wirkt sich die religionsfeindliche kommunistische Zeit insofern aus, dass religiöse Fragen bei vielen Bürgern keine Rolle mehr spielen.

Wie stark wirken die historischen, besonders in den beiden Weltkriegen geschlagenen Wunden in den osteuropäischen Ländern nach?

Hartl: Ich empfehle das Buch „Entlang den Gräben“ von Navid Kermani. Er bereist viele osteuropäische Länder und in seiner Schilderung wird deutlich, welch tiefe Spuren die nationalsozialistische Zeit dort hinterlassen hat. Es sind wirklich sehr viele Wunden. Ich denke daran, wie ich in diesem Jahr den Bundespräsidenten nach Malyj Trostenez begleiten durfte, eine vergessene Stätte nationalsozialistischer Vernichtung in Weißrussland bei Minsk, wo im Wald zigtausende Menschen einfach erschossen und ihre Leichen verbrannt wurden. Das kollektive Geschichtsbewusstsein ist im Osten stärker ausgeprägt als bei uns. So ist das Ende des Ersten Weltkriegs präsenter als bei uns; in den baltischen Staaten und in Polen wurden jetzt 100 Jahre Unabhängigkeit gefeiert.

Empfinden dort die Menschen womöglich eine Hilfe aus Deutschland als Demütigung?

Hartl: Das werde ich oft gefragt. Ich habe es jedoch noch nie so erlebt. Ein kirchliches Hilfswerk hat vielleicht den Vorteil, dass bereits eine Basis des Miteinanders gelegt ist. Für Renovabis war es von Anfang an wichtig, auf Augenhöhe zu helfen. Und es geht uns um einen Austausch der Gaben. Auch wir werden reich beschenkt, es kommt ganz viel zurück. Natürlich kann es beschämend sein, wenn man um Unterstützung bitten muss, aber es ist auch für uns manchmal beschämend, dass wir nicht alle Projekte fördern können.

Mit Polen haben die deutschen Bischöfe schon vor fünfzig Jahren einen Weg der Versöhnung eingeschlagen. Warum flammen trotzdem im deutsch-polnischen Verhältnis Spannungen auf?

Hartl: Es gibt unterschiedliche Werte, die hochgehalten werden. Es gibt verschiedene Sichtweisen, die sich zum Teil aus der Geschichte ableiten. Es gibt unterschiedliche Sorgen, die Menschen bewegen. Ich formuliere in diesem Zusammenhang immer gern eine kleine „Philosophie der Freundschaft“: Wenn man einander freundschaftlich verbunden ist, kann man auch unterschiedliche Standpunkte vertreten, ohne dass dies bedeutet, sich zu entzweien. Im Gegenteil: Wenn mein Freund anders denkt als ich, werde ich interessiert sein, warum er die Dinge anders sieht. Ich würde mir wünschen, dass wir uns intensiver gegenseitig befragen.

Zur Person: Christian Hartl, 1968 in Herrsching am Ammersee geboren und 1990 in Augsburg zum Priester geweiht, ist seit Oktober 2016 Geschäftsführer von Renovabis in Freising. Er war Bischofssekretär, leitete das Priesterseminar und war Pfarrer.

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