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Interview
03.05.2019

Reporterlegende Hersh: "Trump hat von nichts die geringste Ahnung"

Eine Journalistenlegende: Der Investigativreporter Seymour Hersh hat unter anderem das Massaker von My Lai im Vietnam-Krieg aufgedeckt.
Foto: Karl Doemens

Reporterlegende Seymour Hersh spricht über die Fehler amerikanischer Medien und einen Präsidenten, für dessen Politik er zunächst durchaus Sympathien hatte.

Seymour Hersh ist irritiert. Sein Stammplatz im Frühstücksraum des Tabard Inn im Herzen Washingtons ist abgesperrt. „Was ist hier los?“, will der 81-Jährige wissen. „Hier wird geputzt. Aber wir haben für Sie einen ruhigen Tisch im ersten Stock“, antwortet die Empfangsdame. Die Auskunft befriedigt den Gast erkennbar nicht. „Was soll das heißen? Putzen? Ich habe noch nie erlebt, dass deswegen hier geschlossen ist.“ Widerstrebend lässt sich Hersh die Treppe hinaufführen.

Der Mann ist skeptisch von Beruf. Er hat das Massaker von My Lai im Vietnam-Krieg, den CIA-Abhörskandal unter Ex-Präsident Richard Nixon und die Folterungen durch US-Soldaten in Bagdads Zentralgefängnis Abu Ghraib aufgedeckt. Er ist eine Reporterlegende. Und er gräbt immer noch. In seinem Büro, keine 1000 Schritte vom Weißen Haus entfernt, stapeln sich Bücher, Akten und Dokumente. Von dort ist der Pulitzer-Preisträger zum Hotel herüberspaziert.

Herr Hersh, haben Sie heute Morgen schon Zeitung gelesen?

Seymour Hersh: Ich habe mir die Titelseiten angesehen, die Washington Post überflogen und die New York Times fürs Büro eingesteckt. Das ist alles so verrücktes Zeug …

Sie meinen die Debatte über den Bericht von Sonderermittler Robert Mueller, der keine Verschwörung der Trump-Kampagne mit den Russen festgestellt hat?

Hersh: Ich habe das seit zwei Jahren gesagt. Ich verstehe, dass man Trump hasst. Er ist furchtbar. Aber Absprachen mit den Russen? Das heißt, dass man Schritt A macht, um B zu erreichen. Dazu ist er gar nicht in der Lage. Er macht Schritt A. Das verschafft ihm sofortige Genugtuung. Es gab keine Verschwörung. Und ich sage Ihnen etwas: Die Geschichten über die Russen, die Hillary Clintons E-Mails gehackt haben sollen, sind genauso verrückt.

Aber der amerikanische Geheimdienst hat sie bestätigt.

Hersh: Der Geheimdienst? Es gibt 17 verschiedene Geheimdienstbehörden. Drei haben gesagt, dass es wahrscheinlich so war. Haben Sie „Casablanca“ mit Humphrey Bogart gesehen? Genauso war das: Die Demokraten haben die Wahl verloren. Dann wurden die üblichen Verdächtigen dafür verantwortlich gemacht: Russland. Ich sage nicht, dass sie es nicht waren. Aber um E-Mails zu hacken, bedurfte es nicht des russischen Geheimdienstes. Das könnten meine Kinder. Das Ganze ist ein Debakel für die amerikanische Presse.

Trotzdem lesen Sie jeden Tag Zeitung.

Hersh: Ja. Einerseits ist Trump das Beste, was der Zeitungsbranche passieren konnte. Leute, die Trump nicht mögen, lesen. Deswegen ist es für die New York Times rational, gegen Trump zu sein. Aber ich würde immer argumentieren, dass sie es nicht auf die richtige Weise machen. Sie sollten sich mehr auf das konzentrieren, was in der Regierung passiert: Da werden überall gute Leute durch schlechte ersetzt. Es gibt Programme, um arme Menschen mit Lebensmitteln zu unterstützen und Landwirten mit Subventionen zu helfen. Die dafür Verantwortlichen sind durch Personen ersetzt worden, die keine Ahnung haben. Auf diese Geschichten sollten sich die Medien stürzen statt auf Trumps Tweets.

Sind Sie selbst bei Twitter aktiv?

Hersh: Nein. Meine Kinder machen das. Das kostet viel zu viel Zeit. Ich rate Ihnen: Sparen Sie Ihre Energie für etwas anderes auf.

Als Sie Ihre Karriere vor mehr als 50 Jahren in Chicago begannen, gab es da vier Lokalzeitungen, darunter die renommierte Chicago Tribune. Heute befinden sich im berühmten Tribune-Tower teure Luxus-Appartements, und die Zeitung druckt vor allem Agenturmaterial. Was ist passiert?

Hersh: Kein Geld, keine Anzeigen, keine Auflage. Sie berichten nicht mehr über die Stadt, wie sie es früher getan haben. Und das Internet hat ihnen die wichtigste Einnahmequelle genommen: Werbung. Viele Städte in Amerika haben keine vernünftige Zeitung mehr. Das ist ein großer Verlust. Es gibt die New York Times, die gerade an Auflage gewinnt. Die Linksliberalen in New York, Kalifornien oder Chicago wollen über Trump lesen und zahlen dafür. Aber das ist nicht dasselbe.

Sie haben noch das goldene Zeitalter des Printjournalismus erlebt. Nach Ihrer Erstanstellung bei der New York Times im Jahr 1972 wurden Sie sogar mit Hemden vom teuren Herrenausstatter Brooks Brothers ausgestattet.

Hersh: Na ja, das ging vom neuen Bürochef Clifton Daniel aus, der immer sehr gut angezogen war. Clifton kam irgendwann mit einem Paket voller Hemden, Hosen und Pullover von Brooks und sagte: „Kleiden Sie sich besser!“ Ich glaube, das hat er aus der eigenen Tasche bezahlt.

Aber bei Ihrem ersten Auslandseinsatz für die Zeitung durften Sie in Paris standesgemäß übernachten.

Hersh: Ja, im Fünf-Sterne-Hotel de Crillon. Man konnte sich da einiges erlauben. Auch vorher schon beim Magazin New Yorker. Die hatten damals 200 bis 250 Seiten in der Woche und mussten Anzeigen ablehnen. Stellen Sie sich das vor: Man konnte im Heft keine Anzeige mehr schalten! Inzwischen sind die auf 78 Seiten geschrumpft.

Ihren ersten Scoop, der Sie weltberühmt machte, hatten Sie schon ein paar Jahre zuvor gehabt. Mit 32 Jahren deckten Sie die Kriegsverbrechen der US-Armee im Vietnam-Krieg auf: Beim Massaker von My Lai wurden hunderte Zivilisten getötet. Sie fanden den befehlshabenden Offizier und brachten ihn zum Reden.

Hersh: Aber anfangs konnte ich die Geschichte nirgends unterbringen. Als freier Journalist musste ich sie über eine kleine Nachrichtenagentur anbieten …

… und erhielten dafür 1970 den Pulitzerpreis. In den folgenden Jahren hatten Sie immer wieder spektakuläre Enthüllungen. Kann man heute noch so arbeiten?

Hersh: Nein. Sie sprechen mit jemand, der zwei Jahre lang den Medien erklärt hat, dass sie sich in der Russland-Sache verrannt haben. Niemand wollte es hören. Die Zeitungen sind weniger offen für Informationen. Nach dem Abschluss der Mueller-Untersuchungen hätte die New York Times schreiben können: „Wir haben es möglicherweise versaut.“ Stattdessen betont sie, Trump sei nicht entlastet.

Ist es nicht offensichtlich, dass Trump mit dem Rausschmiss von FBI-Chef James Comey und der Drohung, das Verfahren niederzuschlagen, die Ermittlungen unterdrücken wollte?

Hersh: Warum? Genauso offensichtlich ist, dass der Mann impulsiv handelt. Dauernd. Er verbirgt nichts. Was immer er macht, schreibt er in einem Tweet auf. Wir reden hier über ein pathologisches Phänomen. Er twittert von morgens bis abends. Und Sie sagen: Selbst wenn man nichts findet, könnte es existieren? Okay, es ist möglich. Aber Mueller hat zwei Jahre mit sehr klugen Leuten gearbeitet und nicht genug gefunden. Sie können immer noch sagen: Er hat es getan. Aber Sie können es nicht beweisen.

Das stimmt. Zudem müsste im amerikanischen Strafrecht die Tat vorsätzlich erfolgt sein.

Hersh: Vorsätzlich und bewusst. Ich sage Ihnen: Dazu ist Trump unfähig. Er ist, was er ist. Würden Sie einen Gebrauchtwagen von einem Immobilienhändler kaufen? Nein? Eben! Der einzige Grund, weshalb Trump Präsident wurde, ist, dass Hillary Clinton die schlechteste Kampagne in der Geschichte gefahren hat.

Sind Sie jemals von Ihren Informanten in die Irre geleitet worden?

Hersh: Ja, sicher. Als ich über Watergate berichtete, hatte ich eine falsche Geschichte. Ich hatte gehört, dass John Dean, der frühere Anwalt von Präsident Richard Nixon, keine Belege für eine Verwicklung Nixons in die Affäre habe. Das stimmte nicht. Aber aus Fehlern lernt man.

Vor zwei Jahren haben Sie bezweifelt, dass das syrische Regime Giftgas gegen die Bevölkerung der Stadt Chan Scheichun eingesetzt hat, obwohl die Organisation für das Verbot chemischer Waffen das „unbestreitbar“ nannte.

Hersh: Ich habe geschrieben, dass es für den Giftgaseinsatz keine Belege gab. Woher ich das wusste? Ich hatte sehr geheime Dokumente, die ich aber nicht erwähnen konnte. Es waren Aufzeichnungen von Gesprächen eines US-Kommandeurs in Doha, von wo aus der amerikanische Gegenschlag befehligt wurde. Aber ich musste meine Quellen schützen. Also konnte ich nicht sagen, dass die Information von einem Luftwaffengeneral kamen, sondern musste allgemein erklären, es seien Informationen aus der Truppe. Das hat es meinen Kritikern leicht gemacht, die Story zu diskreditieren.

In Deutschland hat die Relotius-Affäre gewaltige Wellen geschlagen – ein Reporter des Spiegels hat ganze Geschichten erfunden und dafür sogar auch noch jede Menge Preise bekommen. Haben Sie in Ihrer Laufbahn nie etwas erfunden?

Hersh: Erfunden? Nein, nein, nein. Natürlich nicht. Ich habe Storys geschrieben, die auf schlechten Quellen beruhten. Ich wurde ein paar Mal getäuscht.

Gibt es eine eindeutige Trennlinie zwischen Reportage und Fiktion?

Hersh: Selbstverständlich! Wovon reden Sie? Ich verstehe die Frage nicht. Das ist fast eine Beleidigung.

Kann der Druck, eine perfekte Reportage abzuliefern, zum Täuschen verleiten?

Hersh: Es gibt immer Leute, die Sachen erfinden.

Dürfen Journalisten Partei ergreifen?

Hersh: Man ergreift immer irgendwie Partei.

Ihr Büro liegt so nah am Weißen Haus. Reizt es Sie denn überhaupt nicht, über den aktuellen Präsidenten zu schreiben?

Hersh: Vorneweg: Ich hab ihn nicht gewählt und mag nicht, wie er agiert. Im Anfang fand ich seinen außenpolitischen Ansatz, mit Leuten wie Putin zu reden, interessant, was mir zu Hause allerhand Ärger eingebracht hat. Aber er hat wirklich von nichts die geringste Ahnung. Aber das muss ich nicht schreiben. Das ist offensichtlich. Er demonstriert das jeden Tag.

Wäre es nicht lohnend, der Verquickung von privaten Geschäftsinteressen und politischen Entscheidungen in seiner Präsidentschaft nachzuspüren?

Hersh: Die Geschichte über Absprachen mit den Russen ist meiner Meinung nach seit dem Mueller-Report tot. Die Gewinnmitnahmen sind eine andere Sache. Ich denke, da gibt es fragwürdige Dinge bei seinen Kindern, die für Trump zum Problem werden könnten. Seine Tochter verkauft überall ihr Parfum oder was auch immer. Und sein Schwiegersohn bekommt Milliarden Dollar aus Katar. Aber das ist alles bekannt. Ich muss nicht über Trump schreiben. Er verbirgt nichts. Er tut alles in der Öffentlichkeit. Dem kann ich nichts hinzufügen.

Zur Person: Der 82-jährige Seymour Hersh ist einer der bekanntesten Journalisten der USA. Sein neues Buch heißt „Reporter“. Untertitel: „Der Aufdecker der amerikanischen Nation“.

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