SPD-Chefin Nahles steht auf der Kippe
Andrea Nahles will nach massiver Kritik aus der SPD den Maaßen-Deal neu verhandeln. Wenn sie scheitert, muss sie die Koalition aufkündigen oder zurücktreten.
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Mit ihrer Forderung, den Fall Maaßen neu zu verhandeln, spricht Andrea Nahles zwar vielen Genossen aus der Seele. Das desolate Bild, das die Koalition seit Tagen abgibt, kann die SPD-Chefin damit aber nicht übertünchen.
So schnell die Union jetzt ihre Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert hat, so gefährlich ist die Lage für die Koalition insgesamt und für Andrea Nahles persönlich. Sollte sie CDU und CSU keine andere Lösung abringen können, bleiben ihr nur zwei Möglichkeiten: das Bündnis aufzukündigen oder als Partei- und Fraktionschefin zurückzutreten.
Nahles hat aus einer Personalfrage eine Existenzfrage gemacht
Willkommen im Tollhaus Berlin. Wenn Politik die Kunst des Möglichen ist, dann hat die SPD-Frau gerade das Unmögliche geschafft: Im Glauben, ihre Partei werde ihr den Maaßen-Kompromiss schon abnehmen, hat sie eine nachrangige Personalfrage zu einer politischen Existenzfrage gemacht. Nun versucht sie in ihrer Not, etwas Druck aus dem SPD-Kessel zu nehmen. Ausgang ungewiss.
In ihrer Partei dürften sich sich viele Genossen gerade an einen Satz von Franz Müntefering erinnern, als der nach einer verlorenen Wahl Auskunft über das strategische Geschick der damaligen Generalsekretärin Nahles geben sollte: Ihm stünden, sagte Müntefering da, die Haare zu Berge.
Die Diskussion ist geschlossen.
Gut, dass Frau Nahles angetrieben von ihrer bayerischen Vorstandskollegin N. Kohnen diese unsägliche Beförderungsentscheidung vom selbstherrlichen H. Seehofer jetzt verhindert hat!
Raimund Kamm, Augsburg
Nahler war von Anfang an eine Fehlbesetzung für dieses Amt, schon als Arbeitsministerin war Sie ein Fehlgriff.
Ich glaube, wer nicht in den Kategorien der internen Berliner Machtzirkel denkt, muss sehen, wer hier unsere Bundesregierung erpresst und zu Geiseln seiner verkommenen Selbstherrlichkeit macht.
Der eigentlich auch für den Schutz unserer Verfassung besonders zuständige Innenminister Seehofer hält einem Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz die Stange, obwohl dieser Hr. Maaßen zuvor rassistische Taten verharmloste und zugleich illoyal versuchte, die Bundeskanzlerin schlecht aussehen zu lassen.
In der Koalitionsrunde der drei Parteichefs hat offenbar Frau Nahles pragmatisch gedacht, wir müssen endlich Regierungsarbeit leisten und die Kuh vom Eis bringen. Dieser H. Maaßen ist es nicht wert, die Regierung zu zerstören.
Ich freue mich dennoch, dass so viele Bürgerinnen und Bürger schimpfen „so nicht!“. Der Schuldige für diesen Vorgang ist Hr. Seehofer und ist nicht Frau Nahles.
Schade, dass Rudi Wais sich hier mit seiner offenbar in jahrelanger Berliner Arbeit in Kategorien der internen Berliner Machtzirkel verengten Sicht vergaloppiert hat.
Raimund Kamm, Augsburg
Das Problem von Rudi Wais ist eher, dass er eine parteipolitisch verengte Sicht auf die Vorkommnisse hat. Er kann sich wohl von der bisherigen Ausrichtung des ehemaligen Chefredakteurs noch nicht so ganz befreien. :-)
Ich denke, es ist doch notwendig, auch eine Bemerkung über den letzten Absatz Ihres Kommentars zu machen, Herr Wais.
Nein, ich denke nicht, dass sich viele SPD-Genossen des unrühmlichen Franz Müntefering im Zusammenhang mit Andrea Nahles erinnern werden. Hatte doch Andrea Nahles in 2005 den Generalsekretärs-Favoriten des Müntefering mit 23:14 eindrucksvoll besiegt.
Ja, seitdem war sie, A.N., Intimfeindin des M. Sehr erinnenswert, wie dieser dann mit seiner SPD-Spitzenkandidatur umgegangen war.
Dieser Beginn einer wunderbaren Feindschaft ist Ihnen Grund genug, zum Nachteil der N. einzufügen. Dies in Zusammenhang mit den antidemokratischen Machenschaften des Herrn Seehofer. Ein für mich merkwürdiger journalistischer Winkelzug.
Nahles forderte die Entfernung von Herrn Maaßen aus dem Amt. Merkel, Seehofer und Nahles haben der " bekannten " Lösung zugestimmt.
Rudi Wais stellt die Tatsachen wieder mal auf den Kopf: Es war doch nicht Frau Nahles, die sich die irrwitzige Beförderung des als Verfassungsschutzpräsidenten nicht mehr tragbaren Herrn Maaßen ausgedacht hat. Horst Seehofer war es, der mit dem Bruch der Koalition gedroht hat, wenn er seinen Willen nicht durchsetzt.. Nur dewegen haben Merkel und Nahles dieser Lösung zugestimmt. Nun hat sich aber gezeigt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung inzwischen keinerlei Verständnis mehr für solche Spielchen aufbringt. Seehofer sollte endlich anfangen, mit seiner Arbeit als Innenminister zu beginnen. Er hätte viel zu tun.
Welch fulminantes Eigentor, Herr Wais.
Ihr Kommentar ist, natürlich aus meiner Sicht, einer der fehlgehendsten dieses Jahres.
Dass gestandene Journalisten und Kommentatoren den aus Chemnitz herrührenden politischen Sprengstoff einfach nicht erfassen wollen, spricht Bände.
Lesen Sie, Herr Wais, doch bitte die heutigen Umfrageergebnisse. Dort bekommen Sie Hinweise, warum der Sprengstoff Chemnitz/Maaßen diese Republik in ihren Grundfesten erschüttert.
Es ist diese bodenlose Unverfrorenheit eines Generalangriffs auf unser wehrhaft demokratisches System, ausgehend von Maaßen und getragen vom Bundesinnenminister. Die unhaltbaren Angriffe des bis dahin obersten Verfassungsschützers unserer Republik inklusive inniger verbaler Vereinigung mit den völkisch Gestrigen und die Bestätigung seiner Sicht durch den deutschen Innenminister wider besseres Wissen zum nachhaltigen Schaden dieser Republik, das ist der Stoff, der nach wehrhaften Demokraten ruft.
Herr Seehofer ist das Gegenteil. So bestätigen es die heutigen Umfrageergebnisse : er wird selbst von seiner eigenen Gliederung als nicht mehr tragbar angesehen. Nur die AfD hält ihn für einen gelungenen Innenminister.
Das Verheerende des öffentlichen Aufschreis nach der angeblichen Lösung des Falles und seine Konsequenzen, die darin bestehen, dass die Verantwortlichen dieser Republik sich in öffentlicher GAGA-Manier nicht entblödet haben, uns ihre Ruhmestaten vorzuführen, ist ein weiterer politischer Vertrauensverlust, der mittlerweile die Substanz dieser Republik bedroht. Die Daten dazu entnehmen Sie bitte der heutigen Umfrage.
Demokratie und zwar wehrhafte Demokratie, Herr Wais. Nicht die lächerlichen Drehungen des Herrn Seehofer in Anlehnung an die AfD und auch nicht die sich aus allem heraushalten wollende Kanzlerin, die mittlerweile so was von alternativlos fehlbesetzt ist …
Ihre Behauptung, Herr Wais, der Fall Chemnitz/Maaßen sei eine nachrangige Personalfrage ist erschütternd. Stellt diese Behauptung doch die Sicherheitsfrage dieser Republik zur Disposition.
Mir ist nicht egal, ob der oberste Verfassungsschützer dieser Republik in Wahrheit ein Verfassungs-Gefährder ist. Und der CSU-Innenminister mittlerweile als oberster AfD-ler empfunden wird.
Insoweit sind die neuerlichen Gespräche auch ergebnisoffen zu absolvieren.