Wie Griechenland in der deutschen Schuld steht
Heute wird wohl das nächste Hilfsprogramm beschlossen. Griechenland bekommt neue Kredite, die Bundesrepublik bürgt wieder. Seit 2010 haben sich hohe Milliardensummen aufgetürmt.
Dieses „Ja“ ist 22 Milliarden Euro wert. Wenn der Deutsche Bundestag am Mittwoch dem dritten Hilfspaket für Athen zustimmt, wird die Bundesrepublik zum größten europäischen Garanten der griechischen Zukunft. Denn Athen steht inzwischen mit weit über 100 Milliarden Euro in der Schuld Berlins – mehr als bei jedem anderen Euro-Partner.
Nach fünf Jahren haben sich gewaltige Summen angesammelt
Nach einer nunmehr fünfjährigen Geschichte von Rettungspaketen, bilateralen Hilfen und Krisen-Programmen über andere Institutionen haben sich gewaltige Summen angesammelt – auch wenn Deutschland das Geld bisher nicht ausgeben musste. Denn Rettungspakete sind keine Geschenke, sondern Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Verloren wären die Mittel erst, wenn Athen seine Schulden nicht mehr begleichen kann.
Die Bundesregierung griff erstmals 2010 in die eigenen Kassen. Damals wurden 15,2 Milliarden Euro an bilateralen Hilfen bewilligt – dieses Geld stammte aus dem Bundeshaushalt und wurde tatsächlich ausgezahlt. Schon beim ersten gemeinsamen Hilfspaket, das sich auf 110 Milliarden Euro belief (80 Milliarden von der Euro-Familie, 30 Milliarden vom IWF, dem Internationalen Währungsfonds), brauchte die Bundesregierung nur noch für ihren Anteil zu bürgen – 22,4 Milliarden Euro. Der Beitrag errechnet sich am Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank (EZB). Dort ist die Bundesrepublik aufgrund ihrer Größe mit 25,7 Prozent als größter Geldgeber beteiligt.
2012 steuerte Deutschland Kreditgarantien von 27,6 Milliarden Euro bei
Als 2012 das zweite Hilfspaket über rund 130 Milliarden Euro geschnürt wurde, steuerte die Bundesrepublik Kreditgarantien in Höhe von 27,6 Milliarden Euro bei. Mit den 22 Milliarden für das aktuelle Sanierungsprogramm steigt Athens Schuldenberg gegenüber Berlin auf rund 87 Milliarden Euro.
Hinzu kommen weitere Milliarden, die die Staaten aufbringen mussten, nachdem im März 2012 rund 53 Prozent der Schulden, die Griechenland bei privaten Gläubigern (insgesamt 107 Milliarden Euro) hatte, erlassen wurden.
Aber das ist noch nicht alles. Entsprechend ihres eingezahlten Kapitalanteils an der EZB muss die Bundesrepublik auch für die Geschäfte der Zentralbank geradestehen. Das sind im Wesentlichen jene rund 220 Milliarden Euro aller Mitgliedstaaten (deutscher Anteil etwa 55 Milliarden), mit denen die EZB griechische Staatsanleihen aufkaufte, sowie 90 Milliarden, mit denen dort die Banken in den vergangenen Monaten flüssig gehalten wurden. Diese Notkredite müssen zurückgezahlt werden. Erst bei einem Zahlungsausfall kann die in Frankfurt ansässige Zentralbank von den Mitgliedstaaten Geld verlangen.
An jedem Hilfsprogramm war auch der IWF beteiligt. Diese Notkasse in Washington kann pro Jahr rund 294 Milliarden Euro an Finanzmitteln ausgeben, Deutschlands Anteil am IWF liegt bei 6,1 Prozent. Berlin zahlte also auch an der Summe mit, die der Fonds nach Athen überwies – unter Experten gilt das als ein wichtiger Grund dafür, warum die Bundesregierung so vehement für eine weitere Beteiligung des IWF an der Sanierung Griechenlands eintritt: Man will sein Geld zurückhaben.
Die Aufstellungen über die Höhe der Griechenland-Hilfen verwirren oft
Vielfach verwirren die Aufstellungen über die Höhe der Griechenland-Hilfen, weil nicht zwischen den (geringen) Direktzahlungen und den (deutlich höheren) Bürgschaften unterschieden wird. Dies gehört aber ebenso zum Gesamtbild wie übrigens die Tatsache, dass Athen zwar mit der Rückzahlung der Schulden nach jetzigem Stand erst 2020 für das erste bzw. 2023 für das zweite Programm beginnen muss, während die Zinsen sofort fällig wurden: 0,5 Prozent für das erste Paket plus den so genannten Euribor-Zins, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen. Für das zweite Hilfsprogramm wurden die Zinszahlungen bis 2022 ausgesetzt. So flossen bisher rund 360 Millionen von Athen nach Berlin – übrigens ausnahmslos pünktlich, wie man im Bundesfinanzministerium betont.
Einige Experten errechnen aus der deutschen Griechenland-Hilfe sogar Gewinne von bis zu 100 Milliarden Euro – vor allem durch gesunkene Zinsen auf Staatsanleihen. Das Bild trügt jedoch: Der Bürger bezahlt die Zeche, indem er auf Sparguthaben, Altersvorsorge-Produkte und Ähnliches nur noch niedrige Zinsen erhält.
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