Steinmeier: Neuwahlen wären "der sauberste Weg"
Berlin (dpa) - Der Frieden in der Koalition hat nur einen Tag gehalten: Von der FDP-Basis kommen zunehmend Angriffe gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Angesichts der Turbulenzen fordert SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier eine Neuwahl.
"Diese Regierung ist gescheitert, und wenn die das einsehen, wäre eine vorgezogene Bundestagswahl der sauberste Weg", sagte Steinmeier der "Bild"-Zeitung (Samstag). Deutschland stecke "in einer tiefen Krise", während es Beschimpfungen zwischen Union und FDP gebe. Ein baldiges Ende sieht er aber nicht: "Ich befürchte, diese Koalition wird weiterwurschteln", sagte er der Zeitschrift "Super Illu". Aus der FDP kommen zunehmend Angriffe gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn kritisierte Merkels Kurs und warnte vor einem Ende von Schwarz-Gelb. "Entweder wir kriegen in Berlin die Kurve oder es ist bald Schluss mit der Koalition", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die CDU-Vorsitzende sei offensichtlich nicht fähig oder nicht willens, die Koalition mit der FDP ernst zu nehmen. "Sie spielt noch mit dem Joker einer großen Koalition." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag): "Die öffentlichen Beschimpfungen müssen aufhören."
Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Man hatte bisweilen den Eindruck, dass Frau Merkel die Koalition hintertreibt. Das sollte sich nicht wiederholen, damit sich nicht die Frage stellt, ob die Koalition Sinn macht." Der nordrhein-westfälische FDP-Fraktionschef Gerhard Papke forderte: "Sie muss auch einen Beitrag zur Kooperationskultur leisten." Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) verlangte: "Die Bundeskanzlerin hätte die CSU stärker zur Ordnung rufen müssen."
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sieht die Lage der Koalition nach der Absage von Merkel an höhere Steuern und dem Einlenken im Streit über Opel-Hilfen jedoch "mit einer gewissen Beruhigung". "Also insofern eine ordentliche Woche." Er nannte Spekulationen eines Koalitionsbruchs nach der Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni "Science Fiction". Seine Partei stehe klar hinter der Kandidatur von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), sagte er am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die FDP knüpfe keine Bedingungen an die Wahl Wulffs, sei aber auch "keine Kommandopartei".
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel im Streit über Opel-Hilfen vor, sie sei durch die FDP erpressbar. Erst habe die Kanzlerin gesagt, das letzte Wort sei bei Opel noch nicht gesprochen, dann habe sie doch eingestehen müssen, dass sie sich gegen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nicht durchsetzen könne, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" (Samstag). Verdi-Chef Frank Bsirske sieht die Regierung in einem "denkbar schlechten Zustand". Er bezweifelte im SWR, dass sie "den Willen und die Kraft hat, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zeit zu geben".
Der Bundestag kann sich nicht selbst auflösen. Die Kanzler Willy Brandt (SPD), Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD) nutzten die Vertrauensfrage, um zu einer Neuwahl zu kommen.
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