Streit um Kampfdrohnen: Die SPD blamiert sich mit ihrer Argumentation
Die Führung der SPD torpediert die Anschaffung von bewaffneten Drohnen. Die Argumente für diese Kehrtwende sorgen auch unter Sozialdemokraten für Ärger.
Das Thema bewaffnete Kampfdrohnen bietet alles: ethische, philosophisch-politische und militärische Glaubensfragen, die sich zu allem Überfluss auch noch gegenseitig überlagern. Eine Melange, die die Entscheidung, ob die „fliegenden Augen“ der Bundeswehr in Zukunft bewaffnet werden sollen oder nicht, emotional auflädt.
Immerhin, es gibt auch einfache Positionen. Ein überzeugter Pazifist kann sich zurücklehnen. Wer generell Waffen für Teufelszeug hält, wird Kampfdrohnen als besonders perfide Ausgeburt des Satans verdammen. Schwieriger wird die Sache für diejenigen, die mit Blick auf Geschichte und Gegenwart zu der traurigen Gewissheit gelangen, dass es ohne Streitkräfte nicht geht.
Das Thema Kampfdrohnen ist nicht ausdiskutiert, sagt die SPD-Spitze
Wer die Diskussion verfolgt hat, wird sich nicht darüber wundern, dass die Sozialdemokraten sich schwertun. Dafür könnte es jede Menge gute Gründe geben. Doch die SPD schafft es, sich bei dieser Frage des Gewissens zu blamieren.
Die Bewaffnung von Drohnen war zwischen Union und der SPD fest verabredet. Nun sorgen Fraktionschef Rolf Mützenich und der Co-Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans dafür, dass das Waffensystem in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommt. Über das Thema sei noch nicht ausreichend gesprochen worden, sagt die Parteispitze – nach einer bereits zehn Jahre laufenden Debatte! Das ist so peinlich wie lächerlich. Und es offenbart erneut, dass Teile der SPD zwar offiziell zur Bundeswehr stehen, letztlich aber ihren desolaten Zustand bestenfalls achselzuckend, schlimmstenfalls sogar billigend in Kauf nehmen. Ebenfalls in Kauf nimmt Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dass die fachlich sehr vorzeigbare Riege von Militär- und Sicherheitsexperten in der Partei demontiert wird. Und zwar mit System. Erst wurde der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, abserviert, jetzt sah der desavouierte verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz Felgentreu, keine andere Möglichkeit, als von seinem Posten zurückzutreten. Von seinen eigenen Parteifreunden in eine Situation gebracht, aus der er nur mit seiner Demission gesichtswahrend herausfinden konnte.
Kritiker verweisen darauf, dass die USA Einzelpersonen mit Kampfdrohnen systematisch töten. Ein Argument, das ganz bewusst, ja bösartig unterstellt, dass die Parlamentsarmee Bundeswehr ähnliche, völkerrechtswidrige Aktionen im Sinn hat. Dabei geht es um etwas ganz anderes: Per Drohne können potenzielle Zielgebiete länger und gründlicher ausgespäht werden, bevor ein Angriff erfolgt. Schließlich sind die Fluggeräte in der Lage, 30 Stunden in der Luft zu bleiben und so hoch zu fliegen, dass sie am Boden kaum auszumachen sind. Sie bewegen sich zudem deutlich langsamer als bemannte Kampfjets. Stichhaltige Argumente dafür, dass die Wahrscheinlichkeit verringert wird, dass wahllos oder versehentlich getötet wird. Dieser Linie folgt auch Außenminister Heiko Maas (SPD), der Kampfdrohnen als unerlässlich für die Sicherheit deutscher Soldaten befürwortet. Ebenfalls bösartig ist es, den Frauen und Männern bei der Bundeswehr zuzutrauen, dass sie den Einsatz von Drohnen als tödlich realistisches Ballerspiel herbeisehnen.
Die SPD opfert sicherheitspolitische Verlässlichkeit
Natürlich ist es moralisch heikel, dass Drohnen das Töten per Knopfdruck ermöglichen, ohne dem Gegner „in die Augen zu schauen“, wie moniert wird. Allerdings müsste die SPD nach diesem Maßstab auch den Einsatz von Artillerie verdammen, die ihre Geschosse über Kilometer weit ins Ziel bringt.
Es drängt sich die Vermutung auf, dass die SPD-Führung mit ihrer Kehrtwende den Boden für Rot-Rot-Grün bereiten will. Sicherheitspolitische Verlässlichkeit wird dafür leichtfertig geopfert. Das lässt tief blicken.
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>> Natürlich ist es moralisch heikel, dass Drohnen das Töten per Knopfdruck ermöglichen, ohne dem Gegner „in die Augen zu schauen“, wie moniert wird. <<
Ein Argument, das bereits seit dem 2. Weltkrieg durch die technische Entwicklung obsolet ist.
Es gibt kein moralische Kriterium, dass man einem NS-Deutschen oder IS-Bürger beim militärischen Gegenschlag in die Augen sehen muss.
Militärhistorisch ist die räumliche Trennung von eigenen Truppen und verursachtem Schaden ein relevanter Trend - die SPD scheint diesem Sachverhalt intellektuell nicht folgen zu können.
Wir befinden uns nicht im Krieg mit Afghanistan. Leute, die wir als Schurken ausmachen, ohne Prozess zu liquidieren ist mehr als fragwürdig, stellt im Regelfall eine Völkerrechtsverletzung dar. Wir sind willfährige Diener (pardon Bündnispartner) der Amerikaner, die sich in dieser Hinsicht ('Kriegs'-verbrechen - sind es dann doch, auch wenn de facto kein Krieg zwischen Afghanistan und den USA herrscht, Letztere sich nur derart bedroht fühlen, dass sie für ihre vermeintliche Selbstverteidigung ) beanspruchen jegliche Menschenrechtskonvention über den Haufen werfen zu können) noch nie was geschissen haben.
Was aber noch verlogener ist: Flüchtlinge aus Afghanisten wieder dorthin zurückzuschicken, wo man hinnimmt, sie als Kollateralschaden zu töten und das gleichzeitig mit einem möglichen Sicherheitsrisiko für unser Land zu begründen.
Man kann in Afghanistan durch Terror genau so umkommen wie in Deutschland. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es sich nur um Einzelfälle handelt. Das Kalifat erledigt sich von selbst, wenn wir uns alle an den Händen fassen und linksdrehende Gedanken haben ;-)
Es geht hier um eine grundsätzliche Frage der Nutzung technischer Entwicklungen - und es geht um eine Partei die inzwischen Leugnung von internationalen Sachverhalten und Rückwärtsgewandheit als Markenkern hat.
Mir wäre eine Armee die konsequent Außengrenzen sichert auch lieber als nicht nachhaltige Einsätze in islamischen Staaten. Trump hat möglicherweise schon recht - raus aus der UNO und raus aus Afghanistan und die Welt dreht sich unverändert weiter.
Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan erfolgte nun mal mit UNO Mandat, Zustimmung der dortigen Regierung und Unterstützung durch die SPD.
>> Maas wirbt für längeren Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan <<
https://www.tagesspiegel.de/politik/bundesaussenminister-maas-wirbt-fuer-laengeren-bundeswehr-einsatz-in-afghanistan/24087190.html
>> Das nun bis zum 31. März 2021 verlängerte Mandat sieht vor, dass weiterhin bis zu 1.300 Soldaten entsandt werden können. Für eine Verlängerung plädierten Politiker und Politikerinnen von SPD und Union. <<
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-03/bundeswehr-afghanistan-bundestag-nato-resolute-support?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com
"Mir wäre eine Armee die konsequent Außengrenzen sichert auch lieber als nicht nachhaltige Einsätze in islamischen Staaten."
Was wäre denn ein nachhaltiger Einsatz?
Etwa mit Drohnen ähnlich wie in einem Spiel Menschen töten. Nachhaltig, weil diese Menschen nicht mehr aufstehen.
Manche Leute übersehen einfach, dass auch in islamischen Staaten ganz normale Menschen mit Sorgen, Ängsten und in großer Not leben.
Wie wäre es mit Nordkorea, offensichtlich fühlen sie sich von den Linksgrünen doch sehr gestört.
Eine Armee an den Außengrenzen, keine Einsätze um andere Staaten zu unterstützen und vor allem keine Linksgrünen.
Sehr geehrter Herr Kaminski,
Wer blamiert sich hier?
Maja S. hat vollkommen Recht. Warum sollen Drohnen, die der Aufklärung dienen, bewaffnet sein?
Wenn Sie schon die Geschichte bemühen, sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland in den letzten 100 Jahren kein einziges
Mal militärisch angegriffen wurde. Kampfdrohnen sind Angriffswaffen ! Vielleicht hat die SPD mehr aus der Geschichte gelernt als Sie?
Sehr gut.
Leider fühlen sich noch zu viele Menschen nur schwerbewaffnet stark.
"Dabei geht es um etwas ganz anderes: Per Drohne können potenzielle Zielgebiete länger und gründlicher ausgespäht werden, bevor ein Angriff erfolgt. Schließlich sind die Fluggeräte in der Lage, 30 Stunden in der Luft zu bleiben und so hoch zu fliegen, dass sie am Boden kaum auszumachen sind. Sie bewegen sich zudem deutlich langsamer als bemannte Kampfjets. Stichhaltige Argumente dafür, dass die Wahrscheinlichkeit verringert wird, dass wahllos oder versehentlich getötet wird."
Wozu müssen denn Drohnen, die ausspähen sollen, mit Waffen bestückt sein? Das ist doch vollkommen unnötig. Also sollen sie wohl doch (noch) was anderes tun als spähen. Der Drohnenkrieg ist so was von unmoralisch, da braucht man gar nicht drüber zu sinnieren, ob irgendwelche Gründe für ihn sprechen könnten. Deutsche Drohnen mit Waffen müssen ein Nogo sein.
Das allerdings hätte die SPD gerne so formulieren können.
Friedliche Weihnachten Herr Kaminski.
Wer unsere Soldaten wirklich schützen will, der schickt die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht in Auslandseinsätze und in Kriege. Drohnen können diesen Schutz nicht bieten.