Südamerika-Reise: Papst Franziskus gibt sich revolutionär
Auf seiner Südamerika-Reise versucht Papst Franziskus, die alte Kirche hinter sich zu lassen. Zugleich muss er verhindern, dass ihn die sozialistischen Regierungen vereinnahmen.
Kubanische Flaggen, revolutionäre Lieder: Wo immer auch Papst Franziskus auf seiner am Sonntag zu Ende gegangenen Drei-Länder-Reise in Südamerika ankam, da wurde das Kirchenoberhaupt von sozialen Bewegungen gefeiert, von linken Aktivisten gar als „unser revolutionärer Papst“ begrüßt. Die Reise des Argentiniers nach Ecuador, Bolivien und Paraguay macht vor allem eines deutlich: Nichts ist mehr so, wie es einmal war.
Der neue Kurs, den der Papst seiner katholischen Kirche verpasst hat, ist nicht mehr vergleichbar mit jener Kirche eines Papst Johannes Paul II. oder dessen Nachfolger. Ein Papst Benedikt XVI., der zu einer Bereitschaft aufruft, die Weltwirtschaftsordnung zu verändern und dabei in einen Saal voller Che-Guevara-Flaggen blickt: unvorstellbar.
Papst Franziskus live im Sozialisten-Fernsehen
Eine Beobachtung am Rande der Südamerikareise von Franziskus: Zu Beginn der Reise steigt der einflussreiche lateinamerikanische Nachrichtensender CNN Español bei allen Reden des Papstes live ein, am Ende der Reise verzichtet CNN auf Livebilder. Während der Papst in Asunción eine gefeierte Rede vor der Zivilgesellschaft hält, sendet CNN lieber ein aufgezeichnetes Interview mit dem paraguayischen Präsidenten Horacio Cartes.
Der Milliardär erklärt anhand eines Marienbildes seine Einstellung zur Kirche. Wer den Papst am Ende live und ungekürzt sehen will, muss zumindest in einigen Ländern auf den sozialistischen Propaganda-Kanal tele SUR umschalten, der mittlerweile auf dem ganzen Kontinent zu empfangen ist. Auch für viele Medienvertreter geht das alles sehr schnell.
Papst Franziskus stellt die Kirche auf den Kopf, er verpasst ihr in Südamerika einen neuen Markenkern, der ist weder konservativ noch sozialistisch. Er ist anders. Mit der Kirche von früher will das erste Kirchenoberhaupt aus Lateinamerika nichts mehr zu tun haben. Folgerichtig leistet der Papst eine historische Abbitte: Er entschuldigt sich für das Unrecht, das im Namen der Kirche zu Zeiten der Kolonialisierung geschah. Ein in dieser Region ungeheuer wichtiger Schlussstrich, der Glaubwürdigkeit zurückbringt.
Linke nutzen Papst-Besuch für Eigeninteressen
Lateinamerikas Linksregierungen versuchen den Papst auf dieser Reise zu instrumentalisieren, wie es kaum zuvor auf Papstreisen der Fall gewesen ist. Als ihm Boliviens Präsident Evo Morales ein aus Hammer und Sichel geformtes Kreuz überreicht, entgleisen dem Papst kurz die Gesichtszüge. „Das ist nicht gut“, hat er wohl gesagt. Viele Aspekte seiner Rede, die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, nach einer fair bezahlten und würdigen Arbeit, nach dem Recht auf Gleichstellung beanspruchen Lateinamerikas Linksregierungen wie selbstverständlich exklusiv für sich.
Wer Franziskus genau zugehört hat, weiß auch, dass sich der Argentinier keineswegs als glühender Sozialist oder gar bewaffneter Guerilla-Kämpfer sieht. Denn in seiner begeistert gefeierten Rede in Paraguay kritisiert Franziskus „Ideologien“, die die Armen nur für politische oder persönliche Interessen instrumentalisierten. Wer wirklich das Wohl der Armen im Sinne habe, müsse sich zunächst ihre Lebenswirklichkeit anschauen und bereit sein, von ihnen zu lernen. Wer will, kann daraus eine Kritik am venezolanischen Sozialismus oder am kubanischen Kommunismus heraushören oder eben genau umgekehrt.
Papst Franziskus hat mit seiner Reise nach Lateinamerika die Kirche politischer werden lassen, sich hinter Menschenrechts- und Umweltorganisationen gestellt und sie noch ein bisschen lateinamerikanischer gemacht. Da sind sich die Beobachter einig.
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