
Obama schlägt Alarm: Steht in den USA die Demokratie auf dem Spiel?


Beim Parteitag der Demokraten rechnet der Ex-Präsident nicht nur beispiellos hart mit seinem Nachfolger Donald Trump ab. Er sieht Amerika an einem historischen Scheideweg.
Der Elder Statesman hatte sich nach Philadelphia, dem Geburtsort der US-Demokratie, begeben. Ernst und besorgt trat Barack Obama im Museum der Amerikanischen Revolution ans Rednerpult, ein Bild der Verfassung in seinem Rücken. "Ich möchte so offen wie möglich darüber reden, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht", setzte er an: "Was wir in den nächsten Tagen tun, wird für Generationen nachhallen." Das klang nicht nach einer üblichen Parteitagsrede.
Tatsächlich folgte die härteste Abrechnung eines Ex-Präsidenten mit seinem Nachfolger, verbunden mit der beispiellosen Warnung vor einer existenziellen Bedrohung der amerikanischen Gesellschaftsordnung. "Diese Regierung hat gezeigt, dass sie unsere Demokratie zerstören wird, wenn das für einen (Wahl-)Sieg erforderlich ist", schloss Obama 19 Minuten später. Es war ein Alarmruf von historischem Ausmaß.
Obama wirft Präsident Donald Trump Versagen vor
Nach dem Ende seiner Amtszeit hatte sich Obama eigentlich aus der Tagespolitik zurückgezogen. Erst auffallend spät bezog der 59-Jährige im Vorwahlkampf seiner Partei öffentlich Position. Die Kritik an seinem Nachfolger Donald Trump fiel lange eher diskret aus. Der Ex-Präsident, von Hause aus Hochschullehrer für Verfassungsrecht, kümmerte sich um Programme zur politischen Mobilisierung der Jugend und schreibt im Übrigen an seinen Memoiren. Erst im April kehrte Obama stärker auf die tagespolitische Bühne zurück. Er sprach sich für Joe Biden als demokratischen Präsidentschaftskandidaten aus und geißelte später bei mehreren Gelegenheiten rassistische Vorurteile, Sexismus und Gier bei politisch Verantwortlichen - meist jedoch, ohne Trump beim Namen zu nennen.
Offene Kritik eines Amtsvorgängers am amtierenden Präsidenten ist in den USA extrem unüblich. Dieses Tabu brach Obama am Mittwochabend (Ortszeit) radikal. "Donald Trump ist nicht in diesen Job hineingewachsen, weil er es nicht kann", stellte er seinem Nachfolger ein vernichtendes Zeugnis aus: "Die Folgen dieses Versagens sind schwerwiegend: 170.000 Amerikaner sind gestorben, Millionen Jobs verlorengegangen, unsere schlimmsten Impulse sind freigesetzt, unser stolzes Ansinnen in der Welt ist geschwunden und unsere demokratischen Institutionen sind bedroht wie nie zuvor." Anfangs, so Obama, habe er gehofft, dass Trump im Amt wachsen könnte. Aber: "Er hat kein Interesse daran, die Arbeit zu machen, kein Interesse, Gemeinsamkeiten zu finden, kein Interesse, die großartige Macht des Amtes zu nutzen, um irgendjemandem zu helfen außer sich selbst und seinen Freunden."
US-Wahl 2020: Obama sieht Demokratie in Gefahr
Scharf kontrastierte Obama seinen ehemaligen Stellvertreter Joe Biden, dem er vor allem Empathie und Anstand bescheinigte, sowie dessen Stellvertreterin Kamala Harris mit dem Amtsinhaber. Das Spitzen-Duo der Demokraten werde die Pandemie unter Kontrolle bringen, die Krankenversicherung ausweiten, die Wirtschaft retten und den Klimawandel bekämpfen, führte Obama eher kursorisch aus. Die Hervorhebung politischer Positionen ("Wir wollen das Wählen einfacher, nicht schwieriger machen." "Niemand, auch nicht der Präsident, steht über dem Gesetz", "Die Presse ist nicht der Feind des Volkes") war eher spiegelbildlich eine Mängelliste des derzeitigen Präsidenten als ein spezifisches politisches Programm. "Vieles davon sollte unumstritten sein", sagte Obama denn auch.

Der Präsident und seine Unterstützer hätten jedoch gezeigt, "dass sie daran nicht glauben". Spätestens da wurde klar, dass es Obama um viel mehr als eine individuelle Abrechnung mit seinem Nachfolger geht. Immer eindringlicher wurde der Ton seiner Rede, die mehrmals durch leise Seufzer und kleine Pausen unterbrochen wurde. "Unsere Demokratie steht auf dem Spiel", mahnte der Ex-Präsident, der nach einem Bericht der New York Times kürzlich hinter verschlossenen Türen sogar Parallelen zwischen der Lage in den USA und dem Heraufziehen des Nationalsozialismus in Deutschland gezogen haben soll.
Obama sendet mehr als einen Wahl-Appell
Nachdrücklich und fast beschwörend wandte er sich an die Wähler. Er könne verstehen, weshalb einige von ihnen von der Politik enttäuscht seien. Aber Passivität oder Resignation seien die falsche Antwort. "Der Präsident und die, die davon profitieren, dass alles so bleibt, wie es ist, zählen auf euren Zynismus. Sie wollen es so schwierig wie möglich machen zu wählen und euch überzeugen, dass wählen ohnehin nichts ändert." Das ging weit hinaus über einen Appell, bei der Präsidentschaftswahl am 3. November das Stimmrecht auszuüben. Offenbar sieht Obama auch mehr als sein persönliches politisches Erbe in Gefahr: "So verkümmert eine Demokratie, bis sie nicht mehr da ist", warnte er ausdrücklich.
Fast trotzig klang sein Appell: "Wir dürfen das nicht geschehen lassen. Lasst euch nicht eure Macht wegnehmen! Lasst sie nicht eure Demokratie wegnehmen!" Wenn es stimmt, dass der in der Bevölkerung immer noch sehr beliebte Politiker sich in der Vergangenheit auch deshalb zurückgehalten hat, um mit seinem rhetorischen Talent nicht die aktiven Politiker seiner Partei zu überstrahlen, dann hat er diese Zurückhaltung in der Nacht zum Donnerstag aufgegeben. Das Land durchlebe "dunkle Zeiten", sagte der Ex-Präsident. Offenbar wollte er dazu nicht länger schweigen.
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@Wolfgang B.
Es ist schon sehr naiv solche Aussagen zu treffen. Natürlich kann man einen Krieg sofort beenden, sämtliche Soldaten raus. Und dann? Glauben Sie allen Ernstes, dass sich dadurch diese Islamisten davon beeindrucken lassen und die Bevölkerung in Ruhe leben kann? Wie man sieht ist gerade in Afghanistan deutlich sichtbar, dass die Taliban wieder viele Gebiete unterdrücken. Ihre Ansicht geht somit dahin, überlassen wir doch die Frauen, Kinder und gemäßigten Muslime ihrem Schicksal. Aber das sehe ich ja nicht, also kann es mir auch egal sein.
Glauben Sie , dass sich solche Islamisten, Diktatoren etc. davon abhalten lassen ihr Volk zu unterdrücken, jeden der nicht für ihn ist, ins Gefängnis werfen zu lassen oder gleich zu töten? Wir können es jeden Tag erleben, ob in China, Türkei, Brasilien usw.
Neuestes Beispiel Lukaschenko.
Sicher wäre es schön, wenn es solche Fälle nicht gäbe. Und genauso kann man geteilter Meinung sein, ob die USA sich hier einmischen sollte. Auf der einen Seite wird es aber eher in die andere Richtung gehen und diese Despoten werden nur versuchen immer noch mehr Gebiete unter ihre Macht zu bekommen.
Beispiele dazu gibt es in der Geschichte mehr als genügend, wo Kriege nur dazu dienten noch mächtiger zu werden. Unsere Geschichte hat uns das doch schon gezeigt wohin das führt.
Es zeichnet sich mittlerweile ab, dass Trump ein für ihn negatives Ergebnis nie anerkennen wird. Eine Niederlage wäre mit seinem krankhaften Narzissmus nicht vereinbar. Was für ein armseliger Präsident.
Am besten gefallen mir die, die zu Hause Staats- und Demokratieverächter sehen, gleichzeitig aber immer noch Trump verehren. Und Obama als Kriegspräsident zu titulieren, ist lächerlich: Er hat keinen dieser Kriege bgonnen, sondern alle von seinem Vorgänger G. W. Bush geerbt.
War Expräsident Obama wirklich der Hüter der Demokratie in den USA. Vielleicht. Aber gem.- Spiegel(siehe nachfoilgenden Link) ist er Kriegspräsident #1!. Das ist doch auch weas.
https://www.bento.de/politik/krieg-barack-obama-ist-der-us-praesident-mit-den-meisten-kriegstagen-a-00000000-0003-0001-0000-000000567071
Obama hat zu einem Kriege geerbt. Seine weiteren außenpolitischen Entscheidungen waren ebenfalls nicht gut. Da hat er enttäuscht. Beispielsweise den hastigen Irak Zug.
Aber er war demokratisch. Er hat nicht versucht die Verfassung auszuhebeln, sich selbst über das Gesetz zu stellen oder Freunde strafrechtlich zu immunisieren. Es istegalwasGerichte machen. Er kann ja Amnestie gewähren. Er hat auch nicht gut geheißen, wenn Bewaffnete Parlamente gestürmt haben. Von den aktuellen Versuchen Wahlen zu sabotieren ganz zu schweigen.
Trump ist auch eine Warnung, dass die USA ihr politisches System zeitgemäßer reformieren müssen. Ein König auf Zeit passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert.
@Wolfgang B. Trump ist definitiv nicht der Hüter der Demokratie. Da können Sie noch so versuchen seine Kritiker in ein schlechtes Licht zu rücken.
"Das ist doch auch weas."
Ja. Dummes Zeug, wenn Sie den verlinkten Artikel vom Mai 2016 genau lesen. Die meisten Kriege hat die Bush-Administration vorbereitet und begonnen, Obama hat sie geerbt.
"Bush hatte Obama bei Amtsantritt 200.000 Soldaten in Afghanistan und im Irak überlassen. Heute sind nur noch etwas mehr als 4000 im Irak und knapp 10.000 in Afghanistan stationiert ("New York Times"). Auch die US-Armeelager im Irak wurden geschlossen. (Politifact.com)"
Man kann eine Erbe ausschlagen indem man in diesem Falle Kriege sofort beendet.
Die Besetzung Afghanistans ist bis heute noch nicht beendet. Im Irak waren amerikanische Soldaten bis 2012(viele haben schon vergessen auf welcher "demokratischen" Grundlage der Krieg eigentlich geführt wurde). Die Weigerung zum Bann von Landminen ist sicherlich auch hoch demokratisch... .
Nur zur Erinnerung: Obama wurde 2009 US-amerikanischer Präsident.
Wolfgang B., das ist eine sehr naive Vorstellung von Außenpolitik, aber die haben Sie offensichtlich mit Donald Trump gemeinsam.
"Man kann eine Erbe ausschlagen indem man in diesem Falle Kriege sofort beendet"
Eine größere Freude hätte Obama den Terroristen des IS, dessen Entstehen vor allem dem von Bush angezettelten auf Lügen basierenden Irak-Krieg zu "verdanken" ist, nicht bereiten können . . .
Obama hat den Irak-Krieg nicht angefangen. Ebenso Afghanistan. Das war Georg W. Bush. Von dem man ausging er wäre nicht steigerungsfähig gewesen.
Landminen sind vielleicht unethisch. Aber weder demokratisch noch undemokratisch.
Sie verwechseln scheinbar Ethik und Demokratie.
Kriege lassen sich nicht sofort beendigen. Durch den überhastet Abzug der US-Truppen aus einem politisch total instabilen Irak hat den IS erst ermöglicht. Obama hätte erst für stabiler Verhältnissesorgen müssen und nicht das"Erbe" ausschlagen dürfen.
Der Friedensnobelpreisträger, der einige demokratische legitimierte Killerkommandos losschickte, z.B. gegen Al Kaida, hat, wie erwartet, viele Freunde. Unrechtmäßige Kriege kann man beenden, und zwar sehr schnell - nein: man muß sie beenden. Ist die USA für Stabilität in der Welt verantwortlich? Manche hätten es gerne um sich selbst auf die faule Haut zu legen.