Treffen zwischen Putin und Biden: Was der Gipfel für die USA gebracht hat
Nach dem Treffen mit Wladimir Putin sieht sich Joe Biden in den USA mit Kritik konfrontiert. Ist der US-Präsident tatsächlich zu schwach aufgetreten?
Der offizielle Teil der Pressekonferenz war schon vorbei, als Joe Biden nach dem Genfer Gipfel kurz die Beherrschung verlor. Was ihn zuversichtlich mache, dass der russische Präsident Wladimir Putin sein Verhalten ändern werde, wollte eine CNN-Korrespondentin wissen. Das habe er nicht gesagt, entgegnete der US-Präsident ungewohnt unwirsch: „Wenn Sie das nicht verstehen, sind Sie im falschen Job.“ Kurz darauf entschuldigte er sich. Zu dem Zeitpunkt hatte Biden acht anstrengende Tage einer Europa-Reise hinter sich. Bei der von seinen Beratern im Freien inszenierten Pressekonferenz war der 78-Jährige angesichts der Sommerhitze sichtlich ins Schwitzen gekommen. Aber er ahnte wohl auch, dass in den USA trotz der schönen See-Bilder nicht alle Beobachter von seiner Mission überzeugt sein würden.
Gipfel zwischen Putin und Biden: Im US-Fernsehen heißt es, Biden sei zu schwach aufgetreten
Noch ehe Biden nach seinem rund dreistündigen Gespräch in Genf ans Mikrofon trat, hatte der Sender Fox News schon den Daumen gesenkt. Ausgerechnet Mike Pompeo, der Ex-Außenminister von Donald Trump, der Putin 2018 in Helsinki beinahe um den Hals gefallen wäre und ihm mehr vertraute als den eigenen Geheimdiensten, durfte im Frühstücksfernsehen maulen, Biden sei viel zu schwach aufgetreten und habe überdies einen kapitalen diplomatischen Fehler gemacht, weil er Putin zuerst vor die Presse treten ließ. Beim linken Konkurrenzsender MSNBC kritisierte derweil der einstige Schachweltmeister und Exil-Russe Garry Kasparow, Putin habe alleine durch die Anerkennung als gleichwertiger Gesprächspartner „schon alles bekommen, was er wollte“.
Das Russland-Thema ist für Biden innenpolitisch heikel. „Viele Demokraten, die immer noch über die Einmischung des Kremls in die Wahlen von 2016 brodeln, wollen, dass Biden maximalen Druck ausübt. Republikaner, die insgeheim über Trumps glühende Avancen die Nase gerümpft haben, wollen dasselbe“, analysiert die Washington Post. Für das Treffen in Genf hatte die Biden-Regierung die Erwartungen zuvor bewusst niedrig gehängt. Es gehe vor allem um den persönlichen Austausch und das Aufzeigen möglicher Felder der Zusammenarbeit sowie roter Linien für unfreundliches Moskauer Verhalten, hieß es im Weißen Haus. Diese Hürde hat der Präsident trotz republikanischer Kritik genommen: Immerhin wurde vereinbart, die diplomatische Eiszeit zu beenden und die abberufenen Botschafter wieder auf ihre Posten zu entsenden.
US-Präsident Joe Biden nannte Wladimir Putin einen "Killer"
Biden setzte in Genf auf eine Doppelstrategie. Seine harschen persönlichen Angriffe auf Putin, den er vor Wochen einen „Killer“ nannte, wiederholte er nicht. Er würdigte die USA und Russland als „zwei Großmächte“. Und er überließ Putin als Erstem die Bühne für eine einstündige Pressekonferenz, die dieser zu Selbstdarstellung und Propaganda nutzte. Das brachte viele US-Amerikaner auf. Doch Biden blieb stets auf Distanz zu Putin. Zwar lobte er die Bedeutung eines persönlichen Austauschs, betonte aber in Anspielung auf ein freudiges Spiritual: „Das ist kein Kumbaya-Moment.“ Er habe Putin nicht gedroht, erklärte Biden nach dem Gespräch. Doch sei er überzeugt, dass sich der Kreml angesichts der wirtschaftlichen Schwäche seines Landes und der Konkurrenz Chinas in einer schwierigen Lage befindet: „Sie wollen verzweifelt relevant bleiben.“
Diesem Bedürfnis ist Biden mit dem Treffen bewusst nachgekommen. Seine Forderungen formuliere er als Ratschläge. „Wie würden Sie sich fühlen, wenn ein Hackerangriff eine Ihrer Pipelines stilllegt“, fragte er nach eigenen Angaben Putin. Zugleich warnte er ernst, der Westen werde weitere Einmischungen in seine Wahlen nicht hinnehmen und ein Tod Nawalnys in der Haft werde ernste Konsequenzen haben. Aber wird diese Taktik bei dem ehemaligen KGB-Offizier Putin verfangen? Biden selbst räumte ein, das könne man erst in einem halben Jahr beurteilen. Und was passiert, wenn der Kreml-Herrscher trotzdem weiter rote Linien überschreitet? Michael McFaul, Obamas ehemaliger US-Botschafter in Moskau, bewertet den Gipfel positiv. Doch McFaul ist überzeugt: „Biden muss eine umfassendere Strategie entwickeln, wie er Putin von solchem Verhalten abhält.“
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Was so zu lesen und zu hören war: ein erster Schritt in die richtige Richtung. Eines der wenigen Treffen weltweit bei dem es Sinn machte, sich mal persönlich gertroffen zu haben.