Ulmer Design-Professor hat's erfunden
Der Ulmer Rido Busse erfand unter anderem die Krups-Rührschüssel und den Sensorkopf der Dr. Best Zahnbürste. Noch heute plant und entwirft der 75-Jährige Produkte. Dabei gilt: Eine leichte Handhabung ist Pflicht. Von Daniela Hungbaur
Computer erfüllen die Anforderungen von Rido Busse nicht. "Viel zu kompliziert in der Anwendung", lautet sein kritisches Urteil. Auch Handys, die schon vor dem ersten Telefonat ein intensives Studium der Gebrauchsanweisung voraussetzen, fallen bei dem mehrfach ausgezeichneten Ulmer Design-Professor durch.
Eine leicht verständliche Handhabung hat der 75-Jährige schon vor vielen Jahren zu einem unerlässlichen Kriterium erklärt, das ein Qualitätsprodukt erfüllen muss. Daneben steht die sichere Technik, der erschwingliche Preis. Und schön anzusehen müssen die Dinge aus seinem Haus natürlich auch sein, also echte Augen- und Handschmeichler. Ein Vier-Punkte-Programm, das zum Erfolg führte.
Seit 50 Jahren entwickelt und produziert Busse im Auftrag von Unternehmen mit seinem Team im bayerischen Elchingen Artikel - vom Messerset und der Isolierkanne über Möbel und Fitnessgeräte bis hin zu Autowaschanlagen, militärischem Equipment und medizinischen Geräten. Berühmt wurde der Erfinder der millionenfach verkauften Krups-Rührschüssel und des Sensorkopfes der Dr. Best Zahnbürste aber vor allem durch einen goldnasigen schwarzen Zwerg: den "Plagiarius".
Nachdem ein asiatischer Hersteller 1977 Busses orangefarbene Briefwaage für die Firma Soehnle einfach abkupferte, rief der Ulmer diesen Schmähpreis für die dreistesten Imitate ins Leben. Die jährliche Verleihung des Zwerges zeigt Wirkung: "Mittlerweile reicht es schon oft, dass die Hersteller ihre Teilnahme am Plagiarius-Wettbewerb nur ankündigen, um sich mit ihren Plagiatoren zu einigen."
Unverständlich sei freilich, sagt Busse, dass noch kein Produktfälscher die möglichen vier Jahre Haft auch absitzen musste. Dabei ist der volkswirtschaftliche Schaden der Plagiate enorm: Allein für Deutschland wird er jährlich auf rund 35 Milliarden beziffert. Dazu kommt der Verlust von Arbeitsplätzen - allein in Deutschland sind es etwa 70 000.
Die derzeitige Wirtschaftskrise ebne aber nicht den Weg für noch mehr Billigprodukte, glaubt Busse, sondern verleihe Markenprodukten wieder mehr Gewicht: "Denn Qualität und Langlebigkeit werden vor allem jetzt geschätzt, wo man sich nicht alle vier Wochen etwas Neues kaufen kann." Mit seinen 40 Mitarbeitern tüftelt er daher an solchen "Longsellern", also an langlebigen Produkten, die durch Hochwertigkeit, einfache Handhabung und zeitlos-schlichte Optik überzeugen.
Den Kontakt zu den Kunden knüpft Busse am liebsten nach wie vor selbst. Schließlich verfüge er über ein "exzellentes Netz", sagt sein Geschäftsführer Werner Eisentraut, der selbstbewusst genug ist, zu wissen, dass viele der rund 300 Kunden am liebsten mit dem Meister persönlich sprechen.
Dessen Referenzliste liest sich wie das Who is who der deutschen Wirtschaft: Stihls Motorsägen und Gartengeräte, Britax Römers Kindersitze, Dr. Bests Zahnbürste, Viledas Staubwischer, Vikings Rasentraktor, Leica Geosystems Laserentfernungsmesser, Haas' Schleifmaschinen …
Viele der Entwicklungen stehen in der Firma oder kleben als Foto an den Wänden. Die Mitarbeiter erzählen begeistert von ihrer Arbeit, der Chef steht daneben und ist sichtlich stolz auf sein Team - und seine Produkte. "Jeder Unternehmer liebt sein Lebenswerk", erklärt er, und: "Ich habe immer gesagt, zuerst kommt die Firma, an zweiter Stelle kommt die Firma und an dritter Stelle die Familie." Seine beiden Töchter sind zwar als Gesellschafterinnen mittlerweile in das Unternehmen eingebunden, doch das Sagen hat noch immer nur einer: Rido Busse. "Denn die Firma ist mein Leben."
Busse, der einst an der Hochschule für Gestaltung in Ulm studierte und bei Designgrößen wie Max Bill und Hans Gugelot lernte, sprüht vor Dynamik, wenn er von den unzähligen Möglichkeiten spricht, die es noch zu verbessern gilt. Den größten Wachstumsmarkt sieht er in der Medizintechnik. Denn gerade hier könnten die Busse-Designer zeigen, dass sie die Kommunikation Mensch-Maschine beherrschen. Er spricht mit höchstem Respekt von der "Höllenarbeit" in den Hightec-Zentren der Kliniken und ist gleichzeitig überzeugt davon, dass er und seine Mannschaft mit ihrer Arbeit die Abläufe optimieren können. Und nicht nur Prototypen entstehen: Zusammen mit der Universitätsklinik Ulm konzipierte Busse bereits ein optoelektronisches Messgerät, das in Elchingen auch produziert wird.
Dabei ist die Medizin nur eines von vielen Betätigungsfeldern. Jedes Produkt könne stets verbessert werden, ist der Produktdesigner sich sicher - "außer vielleicht meine Rührschüssel, die würde ich heute auch nicht besser machen".
Weitergeben kann er seine Vorstellungen von Design auch als Dozent. Mit dem Nachwuchs geht er aber hart ins Gericht: "Von den rund 600 Design-Studenten, die jährlich fertig werden, sind fünf bis zehn gut." Nicht nur, dass viel zu viele junge Leute ausgebildet werden, die der Markt gar nicht aufnehmen kann. "Das Problem ist, dass man Design nicht lehren kann. Entweder man ist Designer oder man ist es nicht."
Jungen Menschen, die diesen Beruf anstreben, rät er zunächst zu einer Lehre im Handwerk - er selbst ist gelernter Silberschmied. Schöngeister seien selten erfolgreich, meint er: "Ich muss vor allem auch wissen, was sich verkaufen lässt." Dazu gehört für ihn auch ein PC mit einer "idiotensicheren Bedienung": "Ich stelle mir das so vor: Ich mache den Laptop auf und eine hübsche Frau erscheint und fragt: Meister, was kann ich tun? Und dann kommuniziere ich mit ihr."
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