Ulmer Iman drückt sich vor Diskussion mit Grünen-Chef Özdemir
Cem Özdemir wollte mit dem Ulmer Imam Israfil Polat diskutieren – doch der kam einfach nicht. Der Grünen-Chef kritisierte die Türkei und Ditib scharf.
Über Wochen wurde eine Diskussionsrunde in Ulm plakatiert, die es in sich hatte – beziehungsweise haben sollte: Der Grünen-Chef und Erdogan-Gegner Cem Özdemir hätte am Dienstagabend auf Israfil Polat, den Ulmer Iman der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (Ditib), treffen sollen.
Doch Ditib, deutscher Ableger der staatlichen türkischen Religionsbehörde, kniff. „Wer sich dem Dialog verweigert, der hat ein Problem“, kommentierte der im schwäbischen Bad Urach aufgewachsene Özdemir. Denn nur der Dialog sei das Mittel der Wahl in einer Demokratie.
Özdemir sprach davon, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versuche, alle von Ditib finanzierten Moscheen in Deutschland „gleichzuschalten“. Das gehe recht einfach. Denn sämtliche Ditib-Imame werden vom türkischen Staat bezahlt. Kein Staat dürfe zulassen, dass eine ausländische Regierung für sich in Anspruch nimmt, für eine ganze Religionsgemeinschaft zu sprechen. Özdemir: „In Deutschland hat der lange Arm von Erdogan aber nichts verloren.“
Laut Özdemir dürfen Ditib-Imame nicht an politischen Veranstaltungen teilnehmen
Nach Özdemirs Worten gebe es eine Anweisung der Ditib-Zentrale in Köln, dass keine Gemeinde an politischen Veranstaltungen teilnehmen dürfe. Eine E-Mail-Anfrage unserer Zeitung an Polat zu den Hintergründen der Absage blieb unbeantwortet. Erst vor wenigen Wochen verweigerte Ulms größter Migrantenverein die Unterschrift der „Ulmer Erklärung für ein Zusammenleben in Frieden und Respekt der türkeistämmigen Ulmerinnen und Ulmer“. An der Formulierung hatte der Ulmer Ableger der türkischen Religionsbehörde noch mitgearbeitet. Aber dann ist er wohl aus Ankara zurückgepfiffen worden. Wer in der Ditib nicht spure, müsse gehen, ist Özdemir sicher.
Dies sei am Beispiel einer einst offenen moslemischen Gemeinde in Berlin zu erkennen, bei der der Vorstand ausgetauscht worden sei. „Aber das werden wir nicht zulassen“, sagte der Grüne. Deutsche Moslems, die nicht einer Meinung mit der Erdogan-Regierung sind, würden in Ditib-Moscheen denunziert. Özdemirs Wunsch ist es, dass sich Ditib vom türkischen Staat löse und zu einem unabhängigen Organ werde. Dazu müsse auch das Thema Bezahlung der Imame auf die Tagesordnung.
Denn derzeit überweist Ankara die Gehälter. Özdemir sprach sich für einen „Neustart“ der deutschen Islamkonferenz aus. Nach zehn Jahren sei eine Sackgasse erreicht.
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