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Essay zum Jahreswechsel
31.12.2017

Und wieder ein stürmisches Jahr

Nach langen Verhandlungen doch gescheitert: die Jamaika-Koalitionsverhandlungen.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

Eine denkwürdige Wahl in Deutschland, das Auseinanderdriften Europas und immer mehr Krisen auf der Welt. Wo stehen wir? Ein Essay zum Jahreswechsel von Chefredakteur Walter Roller.

Was, zur Hölle, passiert da gerade in Deutschland? Das ist die Frage, die zur Stunde in den Hauptstädten der westlichen Welt Besuchern aus dem größten und ökonomisch stärksten Land der Europäischen Union (EU) am häufigsten gestellt wird. Die Bundesrepublik gilt weltweit als Hort politischer Stabilität und als Fels in der Brandung internationaler Turbulenzen. Umso größer ist die Überraschung, dass sich die Deutschen plötzlich so schwertun mit der Bildung einer neuen Regierung – ausgerechnet die Deutschen, die bisher nach Neuwahlen noch jedes Mal vergleichsweise rasch und weitgehend reibungslos zu Stuhle gekommen sind.

Deutschlands Stimme fehlt zur Zeit in Europa

Es ist nicht so, dass die ganze Welt und insbesondere die Verbündeten in der EU und jenseits des Atlantiks nun plötzlich die Gefahr einer ins Schlingern geratenden deutschen Demokratie sehen würden. Schließlich ist das parlamentarische System seit Jahrzehnten in sich gefestigt und Deutschland weit von wirklich instabilen, unberechenbaren Verhältnissen entfernt. Und die „alte“ Bundesregierung, die geschäftsführend im Amt bleibt, erledigt ja die laufenden Aufgaben, die keinen Aufschub dulden. Die in den Kommentaren ausländischer Politiker und Beobachter spürbare Sorge vor einer dauerhaften Unübersichtlichkeit deutscher Machtverhältnisse mag einstweilen spekulativer Natur sein, zumal sich ja – sofern die zäh in Gang kommenden schwarz-roten Gespräche nicht scheitern – eine neue Regierung spätestens im Frühjahr 2018 abzeichnet. Ungleich schwerer wiegt, dass Deutschland über viele Monate hinweg als voll handlungsfähiger Akteur ausfällt und eine klare deutsche Antwort insbesondere zu den Vorschlägen für eine Reform der Euro-Währungsunion und der Europäischen Union ausbleibt.

Kanzlerin Angela Merkel hat zur Stunde keine Prokura, um in diesen Prozess eingreifen zu können. Eine geschäftsführende Regierung kann keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Erst muss ja geklärt sein, wer in Deutschland künftig regiert und worauf sich die neue Regierung und ihre Parlamentsmehrheit auf dem Felde der Europapolitik geeinigt hat. Solange hier Unklarheit herrscht, kommt die Reformdebatte nicht wirklich in Gang. Denn ohne Deutschland, die neue „Macht in der Mitte Europas“ (Herfried Münkler), geht nichts – so wenig wie ohne Frankreich, dessen Präsident Macron auf eine Neugründung Europas dringt und längst gerne wissen würde, wie Berlin über seine Pläne denkt. Nun ja, er wird sich noch eine Weile gedulden und darauf hoffen müssen, dass eine neue Große Koalition zustande kommt und dann umgehend die außen- und europapolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands wiederherstellt.

Das große Problem der Koalitionäre

2017 wird eines Tages als jenes Wahljahr in die Geschichte eingehen, in dem die politische Landschaft der Republik so gründlich wie nie zuvor umgepflügt wurde. Es ist noch nicht abzusehen, wie weit diese Veränderung in Zukunft reichen wird und ob es ein für allemal vorbei ist mit einem von stabilen Mehrheiten geprägten System, in dem für jeweils vier Jahre die Rollen von Regierung und Opposition klar verteilt sind und die Bürger wissen, woran sie sind. Das Parteiensystem, das einst auf dem Grundpfeiler zweier starker Volksparteien beruhte, hat sich weiter aufgefächert. Sechs Parteien sitzen jetzt im Bundestag, was die Regierungsbildung automatisch schwieriger und sogenannte „kleine Koalitionen“ mangels Masse nahezu unmöglich macht.

Das Resultat der Bundestagswahl ist von zwei maßgeblichen Faktoren bestimmt. Erstens: Mit CDU/CSU und SPD geht es weiter bergab. Die beiden klassischen Volksparteien, die im Grunde alle Wähler und alle Interessengruppen ansprechen wollen, haben 2005 zusammen noch 70 Prozent auf die Waage gebracht und sind inzwischen auf 53 Prozent geschrumpft. Sowohl die Union als auch die SPD haben am 24. September noch einmal Millionen Stimmen verloren. Von 40 Prozent plus x, wie es in Zeiten Kohls und Schmidts üblich war, redet niemand mehr. Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass die Volksparteien jemals wieder zu alter Stärke zurückfinden könnten. Eher schon droht ihnen ein weiterer Abstieg oder gar ein Sturz ins Bodenlose, wie es etwa der französischen Sozialdemokratie ergangen ist.

Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu.
Foto: Karl Aumiller

Zweitens: Die miesen Ergebnisse von CDU/CSU und SPD haben vor allem mit dem Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ (AfD) zu tun, die den Sprung in den Bundestag als drittstärkste Kraft geschafft und sechs Millionen Wähler für sich gewonnen hat. Die AfD ist, neben der ins Parlament zurückgekehrten FDP, die Gewinnerin der Wahl. Rechts von der Mitte ist nun passiert, was die Union jahrzehntelang verhindern konnte: Die Etablierung einer nationalkonservativen, in Teilen rechtsradikalen Partei, die von CDU/CSU – und SPD – enttäuschte Wähler absaugt und den rechten Rand des politischen Spektrums besetzt. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Aufstieg der AfD in erster Linie der liberalen, von humanitären Impulsen gesteuerten Flüchtlingspolitik Merkels und der Großen Koalition im Jahre 2015 geschuldet ist. Der damalige staatliche Kontrollverlust und das Unbehagen über die unkontrollierte Masseneinwanderung von weit über einer Million Muslimen haben das Vertrauen vieler, nicht nur konservativer Bürger in die Regierung Merkel nachhaltig erschüttert.

Es wäre falsch, die Niederlage von Union und SPD ausschließlich auf die – längst revidierte – Politik offener Grenzen und das mangelnde Gespür für die Ängste alteingesessener Menschen zurückzuführen. Auch ungelöste soziale Probleme wie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und Pflegekräften oder die Altersarmut spielten eine Rolle. Und weder die seit zwölf Jahren amtierende Kanzlerin noch ihr Herausforderer Martin Schulz waren imstande, ihren Kampagnen Schwung zu verleihen. Trotzdem: Die Flüchtlingsfrage war jenes Thema, das die Mehrheit der Wähler am meisten bewegte. Der Erfolg der AfD wäre nicht so groß ausgefallen, wenn die etablierten Parteien darauf eine überzeugende Antwort parat gehabt hätten. So aber fanden die populistischen Parolen, die auf nationale Abschottung hinausliefen und das Ressentiment gegen die Flüchtlinge schürten, einigen Zuspruch. Die zwölf Prozent für die AfD sind nicht nur die Quittung für Fehler und Versäumnisse der etablierten, zweifelsfrei demokratischen Parteien. Darin spiegelt sich auch eine grundlegende Verunsicherung vieler Menschen darüber wider, wie es in diesem Land weitergehen soll. Es ist das enorme Tempo der ökonomischen Globalisierung, der digitalen Revolution und des Wandels gesellschaftlicher Werte, das neben der Furcht vor einem Verlust kultureller Identität infolge der vielen Einwanderer Gefühle der Unsicherheit auslöst. Populistische Bewegungen, die Schutz durch einen starken, auf das nationale Interesse ausgerichteten Staat versprechen, gewinnen dadurch an Attraktivität – erst recht in Zeiten islamistischen Terrors, der Europa auch 2017 mit einer Vielzahl mörderischer Anschläge in Atem hielt und die freien Gesellschaften zerstören will.

Erfolg der AfD ist kein Grund zur Panikmache

Dass Deutschland aufgrund seiner Geschichte besonders allergisch auf eine rechte Partei wie die AfD reagiert, ist normal und richtig. Zur Panikmache jedoch besteht kein Grund. Gemessen an den Erfolgen, die Rechtspopulisten und Nationalisten in vielen anderen europäischen Ländern erzielen, nimmt sich der Stimmenanteil der AfD noch recht überschaubar aus. Wobei es, was im „Kampf gegen Rechts“ gerne übersehen wird, den Populismus in allerlei Varianten und Schattierungen gibt. Der „rechte“, der – was für eine Anmaßung – im Namen des ganzen Volkes zu sprechen vorgibt, predigt nationale, fremdenfeindliche Abgrenzung und hat eine antipluralistische Stoßrichtung. Der „linke“, dezidiert antikapitalistische, verheißt ebenfalls Schutz gegen die Globalisierung und – hier trifft er sich mit dem rechten – „soziale Sicherheit“. Und dann gibt es da jenen anderen, zunehmend wirkungsmächtiger werdenden Populismus, der zur Demokratie und den Menschenrechten steht, sich aber ebenfalls gegen „Institutionen“ und „Eliten“ richtet und die Mobilisierung der Massen von unten betreibt.

Personen statt Parteien: Der neue Trend in der Politik

Die Personalisierung der Politik, die mit der Sehnsucht nach einem von den Fesseln der Parteiendemokratie befreiten Führertypen einhergeht, ist ein Großtrend dieser Zeit. Der junge neue französische Präsident Emmanuel Macron, der die Rechtsradikale Le Pen besiegt und mit einer aus dem Nichts geschaffenen „Bewegung“ an den großen Parteien vorbei an die Macht gelangt ist, verkörpert diesen Typus eines demokratischen Cäsaren auf beispielhafte Weise. Macron hat Sozialisten und Republikaner, die 60, 70 Jahre lang Frankreich regierten, nahezu mühelos hinweggefegt und sich zum neuen starken Mann der Republik aufgeschwungen. Der atemberaubende Aufstieg dieses smarten, machtpolitisch überaus versierten Populisten, der Frankreich wieder „groß“ machen will, ist eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres 2017. Und wenn jemand herkömmliche demokratische Parteiensysteme wie das deutsche irgendwann aushebeln und Platzhirschen wie der Union und der SPD das Sterbeglöcklein läuten sollte, dann werden es nicht irgendwelche rechten oder linken Krakeeler sein, sondern Führungsfiguren von der Statur eines Macron – an die Macht gebracht von Wählern, die nicht der Republik, wohl aber des ewigen Parteiengezänks und der Tatenlosigkeit im Angesicht historischer Herausforderungen müde sind. Macron und Trump sind, stilistisch besehen, wie Feuer und Wasser.

Die Welt ist gefährlicher geworden

Aber auch Trump ist im Grunde gegen den Widerstand des gesamten amerikanischen Parteiestablishments an die Spitze einer Weltmacht gelangt, weil er sich den Verdruss weiter Teile der Bevölkerung über eine abgehobene, im eigenen Saft schmorende politische Klasse zunutze gemacht hat. Wobei wir bei allen jenen schweren internationalen Verwerfungen wären, die das Jahr 2017 geprägt und die auch hierzulande grassierende Unsicherheit noch verstärkt haben. Gemessen an den großen weltpolitischen Konflikten sowie dem Durcheinander und dem Elend in den Krisenregionen der Erde wirkt das wirtschaftlich prosperierende Deutschland trotz aller Probleme (so haben bei weitem nicht alle Anteil am Wohlstand) wie eine glückliche Insel. Die Welt ist gefährlicher geworden, die in Zeiten des Kalten Krieges entwickelte Ordnung aus den Fugen geraten. Eine wachsende Zahl welt- und regionalpolitischer Akteure stiftet Unruhe und Unfrieden, ist auf Macht- und Geländegewinn aus. Da ist der brandgefährliche Konflikt mit Nordkorea, dessen Diktator Kim Jong Un mit dem Einsatz der Atombombe droht und seine Herrschaft mit allen Mitteln zu sichern versucht. Wie verhandeln mit einem Mann, der russisches Roulette spielt und auch nächste Verwandte liquidieren lässt?

Da ist die muslimische Welt mit all ihren Bürger- und Religionskriegen und der drohenden offenen Konfrontation zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und der schiitischen Vormacht Iran, die mit ihren Vasallen an die Grenzen Israels vorrückt und den Judenstaat von der Landkarte auslöschen will. Da ist der islamistische Terror, der mit dem militärischen Sieg gegen die Mörderbanden des „Islamischen Staats“ (IS) noch lange nicht beendet ist und Europa mit verheerenden Anschlägen heimsucht. Da ist das Russland Putins, des „Sammlers russischer Erde“, der gezielt die Schwächung Europas betreibt und im Nahen Osten seine Großmacht-Ambitionen demonstriert. Seine Kampfbomber haben Syriens Diktator Assad gerettet. Da ist der irrlichternde US-Präsident Trump, der mit seiner Unberechenbarkeit und seinen Brandreden Krisen verschärft und die Welt nicht als globale Gemeinschaft sieht, sondern als „Arena, in der Nationen um Vorteile ringen“.

In seinem „America first“-Programm ist die (schon von Obama geplante) Abdankung der USA als Ordnung stiftende Weltmacht inbegriffen – mit der Folge, dass andere Mächte in die preisgegebenen Räume nachstoßen. Da ist das Elend Afrikas, wo Millionen Menschen von einem besseren Leben in Europa träumen, nichts wirklich vorangeht und eine Migrationsbewegung größten Ausmaßes droht. Und so weiter und so fort. So viele Krisen und so viele autoritäre, antidemokratische Mächte auf einmal hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Und die Demokratie ist nicht nur in der Türkei , sondern weltweit auf dem Rückzug. Die schrillen Töne zwischen Washington und Pjöngjang, Trumps Verachtung für internationale Abkommen, die Rivalität der Großmächte USA, China und Russland, die Pulverfässer in der muslimischen Welt, die zerbröselnde Weltordnung – man braucht kein Schwarzmaler zu sein, um sich wie der Historiker Michael Stürmer an „Vorkriegszeiten“ erinnert zu fühlen. Es fühlt sich manchmal so an, als ob ein Funke genügte, um einen globalen Krieg auszulösen – so wie 1914, als Nationalismus, Großsprecherei und diplomatisches Versagen in die Katastrophe führten.

2017 war ein stürmisches Jahr

Auf Deutschland und Europa, so viel ist am Ende dieses wiederum stürmischen Jahres klarer denn je, kommen neue große Herausforderungen zu. Wenn – und danach sieht es ja aus – das Interesse der Amerikaner an der Sicherheit Europas nachlässt und sich die westliche Führungsmacht auf den pazifischen Raum und die Eindämmung der rasant aufsteigenden Weltmacht China konzentriert, dann müssen sich die Europäer in stärkerem Maße als bisher um ihre Verteidigungsfähigkeit kümmern. Denn „die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, sind ein Stück weit vorbei“, hat Angela Merkel im Blick auf den unsicheren Kantonisten Trump gesagt. Und deshalb müssten die Europäer ihr Schicksal „wirklich in die eigenen Hände nehmen“. Was wohl auch heißen soll: An der Forderung Trumps, wonach die Europäer mehr Geld in die Nato stecken sollen, kommen wir nicht vorbei. Wer, wenn nicht die USA, garantiert im Ernstfall die Sicherheit Europas? SPD-Außenminister Gabriel redet neuerdings viel über die stärkere Wahrnehmung nationaler Interessen, wozu auch bessere Beziehungen zu Russland zählen. Schön und gut. Doch es wäre fatal, wenn darüber das Bündnis mit den USA in Gefahr geriete.

Und so weit darf der so genannte neue „Realismus“ in der Außenpolitik nicht gehen, dass dabei die gemeinsamen Werte des Westens außer Acht gelassen werden. Europa ist nicht stark genug, um im Konzert der Weltmächte mitzumischen. Doch es kann und muss sich mehr um die Konflikte und Probleme an seiner unmittelbaren Peripherie kümmern. Nicht mit militärischen Mitteln, sondern als Ordnungs- und Friedensmacht, die schlichtet und beim Wiederaufbau zerstörter Länder hilft. Dass Deutschland als stärkstes Mitglied der EU hier besonders gefordert ist und mehr Geld in die Hand nehmen muss, liegt auf der Hand. Allerdings setzt die Übernahme von „mehr internationaler Verantwortung“ voraus, dass die auseinanderdriftende, vom Brexit geschwächte EU endlich wieder eine gemeinsame Linie findet und sich – nur ein Beispiel – mit vereinten Kräften um das Flüchtlingsproblem kümmert. Europa, so hat Macron gesagt, „wird seine Souveränität nur wahren können, wenn es enger zusammenarbeitet“. Ja, so ist es. Das Problem ist nur, dass es auch in diesem Jahr nicht gelungen ist, die europäische Idee mit neuem Leben zu erfüllen.

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