Für die einen sind alle Polizisten Feinde, für die anderen sind sie absolut unfehlbar. Beides verkehrt: Wir müssen sachlich über unser Verhältnis zur Polizei reden.
Wir leben nicht in einem Polizeistaat, zu unserem großen Glück. Wir leben in einem Staat mit einer starken und zuverlässigen Polizei, auch das ist ein großes Glück. Es ist eine Polizei, die ihren Diensteid auf das Grundgesetz leistet, in dessen erstem Artikel steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Hinter diesem Satz verbirgt sich die Maxime, dass kein Mensch in unserem Land zu einem bloßen Objekt degradiert werden darf. Umgekehrt gilt dies natürlich auch für die Polizisten selber: sie sind, wenn sie die Menschenwürde schützen sollen, nicht bloße Objekte oder Polizeiroboter. Sie sind Menschen, und auch ihre Würde ist schützenswert.
So klar, so eindeutig ist diese Ableitung, dass man staunt, mit welcher Aggression gerade über unsere Polizei gestritten wird. Schon seit mehreren Jahren, spätestens aber seit der weltweiten Debatte um Polizeigewalt und der deutschen Diskussion um die Krawallnacht von Stuttgart, überbieten sich unversöhnlich gegenüber stehende Lager in unversöhnlichen Einschätzungen.
Polizei in Deutschland: Wir haben es mit Menschen zu tun
Glaubt man der einen Lesart, herrscht beinahe Bürgerkrieg auf deutschen Straßen, Polizisten sind Freiwild eines randalierenden Mobs und jeder Beamte muss ständig Angst haben, von einem fanatischen Polizeihasser angegriffen zu werden.
Folgt man der anderen Lesart, ist die Polizeiuniform nur eine Tarnung für Rassisten und Radikale, die am liebsten im Rudel Ausländer und Andersdenkende klatschen würden. Dass zwischendurch noch taz-Kolumnistinnen in einem bizarren Verständnis von Pressefreiheit Polizisten auf der Müllkippe abladen wollen und ein Bundesinnenminister diesen Unsinn nicht einfach ignoriert, sondern tagelang öffentlich über eine Strafanzeige sinniert, trägt zum gegenseitigen Verständnis wenig bei.
Dabei würde es schon helfen, die eigene Ideologie - ja, darum handelt es sich in diesem Fall - wenigstens zu hinterfragen. Der jeweilige Unfehlbarkeitsanspruch greift einfach zu kurz, weil wir es ja mit Menschen zu tun haben: Menschen, die als Polizisten im Dienst agieren und Menschen, denen diese Polizisten im Dienst begegnen. Polizisten sind nicht unfehlbar, auch sie machen Fehler, sie überschreiten manchmal Grenzen, sie sind - wie im NSU-Verfahren leider überdeutlich wurde - bisweilen höchst voreingenommen oder stehen gar radikalem Gedankengut nahe.
Die Bevölkerung sollte hinter der Polizei stehen
Umgekehrt gibt es natürlich Menschen, die Polizisten (und meist unseren ganzen Staat) als Feinde ansehen und gegen die sich die Polizei - und unser Staat - entschlossen wehren muss. Mit einer Polizei, die wie in der unsäglichen taz-Kolumne zu lesen war, auf dem Müll entsorgt ist, hätten solche destruktiven Gruppen die Oberhand.
Um die beiden Seiten zusammen zu führen, muss man beide zumindest zu verstehen versuchen: etwa dass die Wahrnehmung der Polizei durchaus eine andere für Menschen sein kann, die etwas anders aussehen, etwas anders heißen. Und umgekehrt, dass sich auch unter jeder Uniform ein Menschenherz verbirgt.
Ist wenigstens das geklärt, könnte man leichter gemeinsame Schritte finden, etwa was die Ahndung von Gewalt von und gegen Polizisten angeht, die nicht jeweils pauschal herunter gespielt, sondern jeweils ganz konkret untersucht werden sollte. Oder Antidiskriminierungsgesetze, die auch Schutz vor polizeilichem Handeln bieten - jedoch nicht Polizisten unter Generalverdacht stellen. Es ist sehr wichtig, über diese Themen zu reden. Denn so schön es ist, dass sich die Politik nun hinter die Polizei stellt: Wichtiger ist, dass die Bevölkerung hinter ihr steht.
Lesen Sie dazu auch:
- Gut gemeint, Gegenteil erreicht: Seehofer zeigt "taz"-Mitarbeiterin doch nicht an
- Presserat kritisiert Seehofer für angedrohte Anzeige gegen taz-Autorin
- Debatte um taz-Kolumne: Weniger Polemik, mehr Fakten!
- Polizeiseelsorger: Polizisten gestehen sich heute öfter Angst ein
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.
Ich finde es angenehm, dass der Leitartikel von Herrn Schmitz differenziert. So muss man die Sache angehen.
Dass er dies aber für den taz-Artikel außen vor lässt, finde ich betrüblich. Nein, diese Kolumne, so berechtigterweise sie auch Missfallen erregt, hat mitnichten Polizisten als Müll auf der Müllkippe entsorgt. Sie hat nur festgestellt, dass (alles unter dem Aspekt einer angedachten Auflösung der Polizei !) Polizisten DORT zur Berufsausübung hingeschickt werden müssten, um ihr Gewaltmonopol nicht missbrauchen zu können.
Genau so wie Sie bei Ihnen hier war und ist meine Interpretation des Artikels und bin deshalb etwas irritiert . . .
Wenn ich Sie missverstanden habe Herr Kr. , dann entschuldigen Sie bitte.
Entgegnung auf die Überschrift des Artikels: nein
...oh doch!!! Als Mittel einer wehrhaften Demokratie im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit - mit allen damit verbundenen Herausforderungen - als Mensch, der jeder ist.