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Interview
09.07.2018

VdK-Chefin kritisiert Ablenkungsdebatten bei sozialen Problemen

Verena Bentele ist die neue Präsidentin des mitgliederstarken Sozialverbands VdK. Die mehrfache Paralympics-Siegerin will eine starke Stimme gerade für schwächere Menschen sein.
Foto: Thomas Rosenthal, VdK

Exklusiv Verena Bentele ist 36, blind und Paralympics-Siegerin. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK warnt, dass die Politik bei den Themen Wohnen, Rente und Pflege in eine Katastrophe zu führen droht.

Frau Bentele, Sie sind 36 Jahre, zwölffache Paralympics-Siegerin im Biathlon und Skilanglauf, waren die erste Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, die als Blinde selbst ein Handicap hat, und Sie haben einen Magisterabschluss in Literaturwissenschaft. Was reizt Sie ausgerechnet an der Präsidentschaft des VdK?

Verena Bentele: Der VdK ist heute der Verband der Kämpfer und Kümmerer. Weil wir uns für alle Menschen einsetzen, die beispielsweise trotz Arbeit nicht von ihrer Rente leben können, für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, für Menschen mit Behinderung. Wir sind für alle Menschen, die in unserer Gesellschaft benachteiligt sind, die starke politische Stimme. Und diese politische Interessenvertretung war es, die mich vor allem gereizt hat und die ich stärken will. Bei uns arbeiten engagierte Ehrenamtliche und Hauptamtliche zusammen, diese große Kompetenz vieler Menschen gefällt mir außerdem sehr.

Sie sind 36 Jahre. Doch der VdK gilt vielen als Rentnerverband.

Bentele: Das mag noch so sein. Dabei verfügen wir über eine enorme Vielfalt an Menschen: Wir haben Junge und Ältere, gesunde und erkrankte Mitglieder, Menschen mit und ohne Handicap, Frauen und Männer. Und wir sind mit fast zwei Millionen Mitgliedern mächtig. Mein Ziel ist es, den VdK bekannter zu machen, künftig sollen alle wissen, für was die drei Buchstaben stehen.

Aber die meisten Mitglieder sind über 60, kommt mit Ihnen eine Verjüngung?

Bentele: Ich will beides: Einerseits will ich den VdK für Jüngere attraktiver machen, weil wir die Power und die Ideen der Jüngeren für unsere Arbeit brauchen. Ebenso wichtig ist mir, dass Jung und Alt sich gemeinsam für wichtige gesellschaftliche Themen einsetzen. Ein Beispiel ist eine solide Alterssicherung. Dieses Thema betrifft alle. Daher müssen Jung und Alt gemeinsam eine sichere Rente einfordern. Auch ich als 36-jährige Präsidentin lege momentan meinen Fokus auf die Rentenpolitik. Die Bundesregierung hat ja eine Rentenkommission eingerichtet, die wir kritisch begleiten.

Inwieweit können Sie hier was tun?

Bentele: Es gibt Berechnungen, dass der Mindestlohn über zwölf Euro liegen müsste, damit die Rente über der Grundsicherung liegt. Jetzt soll er gerade mal auf 9,35 Euro – das reicht auf keinen Fall. Daher bin ich ganz klar für eine Erhöhung des Mindestlohns auf über zwölf Euro. Ich bin überzeugt davon, dass die von der Bundesregierung geplante Grundrente Altersarmut nicht bekämpfen wird. Schon jetzt haben laut einer Studie 80 Prozent der Menschen Angst vor Altersarmut. Wir fordern, dass das Rentenniveau auf mindestens 50 Prozent angehoben wird. Die Bundesregierung will das Niveau nur stabilisieren – das ist uns zu wenig.

Mit einer Erhöhung des Mindestlohns allein ist es aber dann nicht getan.

Bentele: Nein, wir fordern einen radikalen Kurswechsel in der Rente. Es müssen endlich alle einzahlen – auch Selbstständige und Beamte.

Aber wie wollen Sie das erreichen?

Bentele: Wir sind in vielen Gremien eingebunden. Und wir ändern unsere Positionen auch nicht mit Wahlperioden. Daher fordere ich die Politik auf zu handeln. Der Mindestlohn oder die Festsetzung der Regelaltersgrenze sind politische Instrumente, womit man gegensteuern kann. Die politisch Verantwortlichen haben aber auch die Möglichkeit, Unternehmensgewinne anders zu besteuern – gerade vor dem Hintergrund, dass viele Firmen immer höhere Gewinne erwirtschaften und die Mitarbeiter mit geringen Löhnen abspeisen. Was wir meines Erachtens auch dringend benötigen, ist ein faires Steuersystem, damit Firmen, die hier im Land Gewinne erwirtschaften, auch hier Steuern bezahlen. Dann brauchen wir endlich eine Vermögensteuer. Es gibt also viele Möglichkeiten, um die Steuereinnahmen zu erhöhen und das Rentensystem durch Steuerzuschüsse zu stabilisieren. Wenn man sieht, dass nur wenige immer reicher werden, dann ist es aus meiner Sicht höchste Zeit, politisch einzugreifen.

Sie sind auch in der sogenannten Konzertierten Aktion Pflege der Bundesregierung eingebunden. Der VdK fordert 60.000 zusätzliche Pflegekräfte. Die Bundesregierung 50.000 – reicht das?

Bentele: Das weiß niemand. Tatsache ist, dass wir immer älter werden und immer mehr Menschen Unterstützung brauchen.

Und wo sollen die Kräfte herkommen? Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt.

Bentele: Eine wichtige Frage. Ich bin der Überzeugung, dass wir deutlich mehr junge Menschen für die Pflegeberufe gewinnen müssen. Es ist ja ein sinnstiftender Beruf, einer, bei dem man mit Menschen arbeitet. Es war eine Unverschämtheit, dass ausgerechnet Auszubildende in der Pflege sogar noch Schulgeld zahlen mussten – anders als andere Auszubildende oder Studierende. Der Beruf muss aber auch bessere Rahmenbedingungen erhalten. Das heißt, er muss besser bezahlt und die Arbeitsbedingungen müssen attraktiver werden. Gerade, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, brauchen wir auch mehr Präventionsprogramme, damit Pflegekräfte gesund bleiben.

Die Bundesregierung will vor allem aus dem Ausland Kräfte holen. Ein richtiger Weg für Sie?

Bentele: Grundsätzlich ist klar, dass ausländische Pflegekräfte einen super Job machen und einen wichtigen Beitrag für die Pflege in Deutschland leisten. Ich will aber zu bedenken geben, dass dann in vielen gerade osteuropäischen Ländern nicht mehr genügend Pflegekräfte vor Ort zur Verfügung stehen. Es darf meines Erachtens nicht sein, dass wir aufgrund unseres Wohlstands anderen Ländern die Menschen abwerben, während die Familien in deren Heimatländern verwaisen. Da haben wir eine globale Verantwortung.

Eine menschenwürdige Pflege kostet vor allem Geld. Die Pflegebeiträge sollen steigen. Aber reicht das?

Bentele: Aus meiner Sicht nicht. Ich finde es auch nicht richtig, dass immer nur die Beitragszahler die Pflegeleistungen schultern. Meiner Meinung nach müssen auch Steuermittel dafür herangezogen werden.

Vergessen wird oft, dass nicht nur in Heimen und Krankenhäusern gepflegt wird – das Gros der Pflegebedürftigen wird von Angehörigen daheim gepflegt, die sich oft alleingelassen fühlen.

Bentele: Das ist richtig. Der größte „Pflegedienst“ in Deutschland sind die Angehörigen. Und sie brauchen deutlich mehr Hilfe – sowohl finanziell, aber auch in Form von Angeboten für ihre körperliche und psychische Gesundheit und Entlastungsmöglichkeiten beispielsweise durch Kurzzeitpflegeplätze.

Aber die Probleme in der Pflege sind doch seit Jahren bekannt. Glauben Sie wirklich, dass sich noch etwas ändert?

Bentele: Es muss sich etwas ändern. Ansonsten werden sich nur noch reiche Menschen Pflegekräfte leisten können. Wir haben viele Themen, bei denen wir sehenden Auges seit langem in eine Katastrophe laufen – auch die Rente. Aber wirklich nachhaltige Reformen fehlen. Schauen Sie sich das Thema bezahlbarer Wohnraum an. Auch hier laufen wir in ein richtiges Desaster. Ich bin gespannt, wie wir das in einer Stadt wie München noch lösen wollen. Obwohl wir wussten, dass bezahlbarer, barrierefreier und altersgerechter Wohnraum fehlt, wurden und werden in vielen Großstädten staatliche Wohnungen verkauft.

Aber was können Sie konkret tun?

Bentele: Wir fordern mehr sozialen Wohnungsbau. Rente, Pflege und Wohnen sind wesentlich wichtigere Themen, über die wir viel intensiver diskutieren müssten als über die, die immer von CSU und AfD gesetzt werden.

Aber viele Menschen haben sicher auch den Eindruck, Sie fordern zwar als VdK, aber ändern tut sich wenig?

Bentele: Und was ist die Alternative? Die Alternative ist doch, nichts zu machen, nichts zu fordern. Ich sage Ihnen auch: Wir werden unsere Anliegen lautstark fordern und eigene Vorschläge in die politische Debatte einbringen. Wir werden sehr laut für mehr Gerechtigkeit kämpfen. Da können sich schon mal alle Politiker drauf vorbereiten.

Sie haben sich also die dicken Bretter in der Politik vorgenommen. Viele kennen Sie vor allem als erfolgreiche Sportlerin. Was bringen Sie aus diesem Bereich für Ihre Aufgabe mit?

Bentele: Also, woran ich noch arbeiten kann, ist meine Geduld. Denn ich habe es gerne, dass etwas schnell erledigt wird. Aber ich bin ein absoluter Teamspieler. Ich bin es von jeher gewöhnt, die Dinge mit Menschen zusammen zu meistern. In meinem Sport waren das beispielsweise die Begleitläufer, die meine Augen waren. Das lässt sich schön auf den VdK übertragen: Auch da ist es wie bei der WM, man erlebt gemeinsam Niederlagen, oder man wird gemeinsam Weltmeister. Und was ich vor allem auch mitbringe, ist Ausdauer. Ich bin ja keine 100-Meter-Sprinterin, sondern Ausdauersportlerin – und diese Ausdauer kann man in der Verbandsarbeit und in der Politik sehr gut gebrauchen.

Viele Menschen mit Behinderung setzen sicherlich weiter auf Sie. Was können sie von Ihnen erwarten?

Bentele: Ich habe als Behindertenbeauftragte der Bundesregierung gegen viele Barrieren in den Köpfen gekämpft und unter anderem erreicht, dass es endlich eine Schlichtungsstelle gibt, an diese können sich Menschen mit Behinderungen wenden, wenn sie von Behörden des Bundes benachteiligt werden. Einen Schutz vor Benachteiligung im privaten Bereich fordere ich weiterhin.

Was bedeutet Barrierefreiheit im privaten Bereich?

Bentele: Das bedeutet, dass alle Menschen ohne Stufen ins Kino kommen, jeder den Arzt erreichen kann und dort Informationen in Blindenschrift erhält oder in Leichter Sprache, das bedeutet auch, dass ich jedes Buch als Hörbuch oder digital lesen kann.

Sie leben in München. Wie behindertenfreundlich ist Bayern?

Bentele: Da gibt es noch viel zu tun. Man muss nur aufs Land schauen, wer kein Auto fahren kann, kann vielerorts nicht selbstständig leben, weil der öffentliche Nahverkehr zu wenig ausgebaut ist. Auch mit der flächendeckenden ärztlichen Versorgung sieht es auf dem Land oft schlecht aus. Und auch viele Einrichtungen oder Restaurants sind noch nicht behindertengerecht.

Zur Person: Verena Bentele, 36, wuchs in Wellmutsweiler im Bodenseekreis auf. Ihre Eltern haben dort einen Bio-Bauernhof. Von Geburt an aufgrund eines Gendefekts blind, war sie früh sehr sportlich: Mit 15 war sie Europameisterin, mit 16 gewann sie ihre erste Goldmedaille bei den Paralympics – es sollten elf weitere im Biathlon und Langlauf folgen. Einer ihrer beiden Brüder, Michael Bentele, der ebenfalls blind ist, nahm auch an den Paralympics teil. Bentele lebt in München, arbeitet beruflich als Coach und ist immer noch sportlich sehr aktiv. So hat sie erst im Juni Europas längsten Radmarathon von Trondheim nach Oslo bestritten, 540 Kilometer in 20:52 Stunden.

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