Warum hunderte Brücken immer noch marode sind
Exklusiv Die dringenden Brücken-Sanierungen zieht sich hin. Am Geld liegt es nicht. Das betont jedenfalls das Verkehrsministerium. Weshalb also bröckelt es weiter?
Deutschland kommt bei der Sanierung bröckelnder Straßenbrücken nur in kleinen Schritten voran. Obwohl der Bund schon vor fünf Jahren ein Milliarden-Euro-Programm für die Sanierung, den Erhalt und die Ertüchtigung von Brücken aufgelegt hat, verbesserte sich die bedenkliche Gesamtsituation kaum. Noch immer sind rund zwölf Prozent der 39600 Brücken in der Zuständigkeit des Bundes in einem nicht ausreichenden oder sogar ungenügenden Zustand. Im Vergleich zu 2005, als der Wert noch 15 Prozent betrug, ist der Fortschritt also eher gering. Und nicht genug: Der Anteil der mit sehr gut oder gut bewerteten Brücken sank im selben Zeitraum sogar von 18 auf 13 Prozent. Das belegt ein Bericht des Bundesverkehrsministeriums.
Die Grünen machen der Bundesregierung Vorwürfe
Für Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, sitzen die Schuldigen an der Misere in der Bundesregierung: „Das wird seit Jahren verschleppt und hat sich damit zu einem Problemberg angehäuft.“ Eines der Hauptprobleme für ihn: „Es stehen nicht genügend Mittel zur Verfügung.“ Scharf kritisiert Krischer deshalb die Finanzpolitik der Großen Koalition: „Die schwarze Haushalts-Null steht damit in direktem Zusammenhang. Von heute auf morgen wird man die bröckelnde Infrastruktur nicht sanieren“, sagt er. Das sei eine Herkulesaufgabe für die nächsten zehn Jahre.
Die Brücken im Bundesfernstraßennetz haben nach Angaben des Verkehrsministeriums einen Gesamtwert von rund 75 Milliarden Euro. In den ostdeutschen Bundesländern kam es meist erst nach der Wiedervereinigung zu größeren Brückenbauten. Dagegen sind im Westen der Republik die allermeisten Brückenbauwerke zwischen 1960 und 1985 errichtet worden, zum überwiegenden Teil in Spannbetonbauweise. Und an vielen dieser jahrzehntealten Brücken hat der Zahn der Zeit massiv genagt. Gleichzeitig ist das Verkehrsaufkommen gewachsen, sind die Fahrzeuge schneller und schwerer geworden. Viele dieser Brückenbauwerke leisten oft ein Mehrfaches dessen, was bei Planung und Bau seinerzeit vorstellbar war, bestätigt das Ministerium. Es gehe also längst nicht mehr nur um den Erhalt der Substanz. Die Brücken müssten für den heutigen und zukünftigen Verkehr ertüchtigt werden.
Um alle Brücken zu sanieren, fehlen die personellen Ressourcen
Das Programm zur Brückenmodernisierung umfasst etwa 2500 Brücken, meist besonders große und bedeutende, die mit besonders hoher Dringlichkeit ertüchtigt werden sollen. 29 Prozent der Maßnahmen sind bereits fertiggestellt, 43 Prozent befinden sich in der Planung oder im Bau, 28 Prozent sind noch nicht in Bearbeitung. Aktuell werden 187 größere Maßnahmen mit einem Volumen von gut fünf Millionen Euro aufgelistet – zwei davon liegen in der Region: Der weitestgehend fertige Neubau über der B10 in Neu-Ulm/Mitte sowie die B19-Brücke über Iller und Eisenbahngleise bei Immenstadt-Stein.
Das Verkehrsministerium betont: In den Jahren 2018 bis 2022 stehen in diesem Programm rund 4,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Es gelte die klare Zusage: Jede Modernisierungsmaßnahme, die Baurecht erhält, wird finanziert. Nach Lesart des Ministeriums sind es also nicht fehlende Mittel, sondern langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, die einen schnelleren Fortschritt bei der Brückensanierung verhindern. Ähnlich sieht das der ADAC, der als weiteren Grund fehlende personelle Ressourcen aufführt. Die Politik habe jahrzehntelang zu wenig investiert. „Vor einigen Jahren ist man aufgewacht und versucht jetzt, das Versäumnis aufzuholen“, sagt ein Sprecher des Automobilklubs.
Die Zahlen geben ihm recht – auch in Bayern. Hier hat die Staatsregierung in den vergangenen Jahren das Budget für den Brückenbau verdreifacht. Man investiere so viel wie noch nie in die Sicherheit unserer Brücken, heißt es. Und doch geht es oft nur langsam voran.
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"Aktuell werden 187 größere Maßnahmen mit einem Volumen von gut fünf Millionen Euro aufgelistet ." Da ist wohl das "gut" durch ein "(durchschnittlich) jeweils mehr als" zu ersetzen. Ansonsten wären es mit durchschnittlich etwa 27000 Euro pro Maßnahme wohl keine größeren Maßnahmen.