Was soll aus Europa werden?
Die Gemeinschaft beschwört Einigkeit vor ihrem Zukunfts-Gipfel. Dabei zeigt das Treffen, wie hilflos sie wirkt
Der wichtigste EU-Gipfel für die Zukunft der Union wird gerade einmal fünf Stunden dauern. Bei ihrem Treffen am heutigen Donnerstag im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) wollten die Staats- und Regierungschefs 40 Jahre nach der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament die Gemeinschaft neu erfinden. So war der Plan. Die Realität sieht anders aus. Die britische Premierministerin Theresa May hat man gar nicht erst eingeladen, obwohl das Vereinigte Königreich immer noch ein ordentliches (und zahlendes) EU-Mitglied ist. Und das Vorhaben, den seit zwei Jahren dauernden Diskussionsprozess um die künftige Gestalt der EU abzuschließen, wurde auch auf das nächste Jahr verschoben.
So scheint schon vorher festzustehen, was am Ende herauskommt: Die Verabschiedung einer gut zweiseitigen Erklärung, in der sich die Regierungen gegenseitig versprechen, „vereint durch dick und dünn zu gehen“ oder der „Wächter für die Zukunft der nächsten Generation von Europäern“ zu sein. Damit nicht genug. In einer politischen Agenda für die kommenden fünf Jahre wollen die Staatenlenker vereinbaren, die Außengrenzen zu schützen, Terror und Kriminalität zu bekämpfen, den Rechtsstaat hochzuhalten, die illegale Migration abzuschaffen, Bildung zu garantieren, die Freiheit des Einzelnen sicherzustellen. Die EU erweckt den Eindruck, als gebe es weder Streit um Menschenrechte noch um Pressefreiheit oder Rechtsstaatlichkeit in den eigenen Reihen.
Doch ein friedliches Gipfeltreffen ist kaum zu erwarten. Seit Mittwoch steht die Gemeinschaft unter massivem Druck, nachdem der Iran im Atomstreit die Gangart verschärft und allen bisherigen Partnern vorgeworfen hat, das Abkommen zu verletzen. Das trifft auch die EU, die ein kompliziertes Modell entworfen hatte, um weiterhin Öl und Gas aus Teheran zu beziehen, ohne die verschärften Sanktionen der USA zu durchbrechen. Doch dieser Weg eines Tauschhandels über eine externe Börse nach dem Motto „Öl gegen Waren“ funktioniert nicht. „Die EU muss außenpolitisch handlungsfähig bleiben“, appellierte der Europa-Politiker Markus Ferber (CSU) mit Blick auf den anstehenden Gipfel. Doch niemand weiß, wie das gehen soll. Die Gemeinschaft steckt in einer Zwickmühle zwischen den aggressiven Forderungen des bisherigen Partners USA und eigenen Interessen.
Die Diskussion ist geschlossen.