Wenn Fußball politisch wird
Saudi-Arabien trifft im Asian Cup auf Katar. Eine brisante Partie. Die beiden Staaten sind sich spinnefeind
Wenn Funktionäre und Spieler vor einem wichtigen Fußballspiel immer wieder betonen, es gehe allein um den Sport, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass genau das eben nicht wahr ist. Auch vor dem anstehenden Aufeinandertreffen von Saudi-Arabien und Katar beim Asian Cup hagelt es beschwichtigende Aussagen, doch den langen Schatten der Politik kann niemand leugnen. Saudi-Arabien und Katar sind bittere Gegner in einem Streit um Macht und Einfluss im Nahen Osten, ein Streit, der die arabischen Staaten am Persischen Golf entzweit – und der dafür sorgt, dass das Match am 17. Januar kein Spiel wie jedes andere sein wird.
„Asien zusammenbringen“, so lautet das Motto des bis zum 1. Februar dauernden Turniers in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE), bei dem Australien seinen Titel als Asienmeister verteidigt. Aber der Gemeinsinn leidet unter den politischen Spannungen zwischen den Teilnehmerstaaten.
Schon bei der Anreise des Teams aus Katar fing es an. Weil Katar seit Mitte 2017 einem Boykott seiner arabischen Nachbarn unterliegt und die Grenzen geschlossen sind, mussten Spieler und Betreuer über den Umweg Kuwait in die UAE fliegen: Auch der Turnier-Gastgeber steht im Streit mit Katar auf der Seite Saudi-Arabiens, Teilnehmer Bahrain ebenso. Fußballfunktionären und Journalisten aus Katar wurde nach Medienberichten die Einreise verboten. Schon bei der WM in Russland im letzten Sommer hatten sich Katar und Saudi-Arabien über den Fußball gestritten. Katar warf den Saudis vor, sie unterliefen die regionalen WM-Übertragungsrechte des katarischen Unternehmens beIN mit der illegalen Ausstrahlung von Spielen durch einen Piratensender. Saudi-Arabien klagte, in den Kommentaren der katarischen beIN-Moderatoren bei der blamablen 0:5-Niederlage von Saudi-Arabien im Eröffnungsspiel gegen Russland sei viel Gehässiges zu hören gewesen.
Die Tatsache, dass Katar in drei Jahren als erster arabischer Staat die WM ausrichten soll, verleiht dem Streit zusätzliche Schärfe. Bei der Asienmeisterschaft will Katar mit Blick auf 2022 ein möglichst gutes Bild abgeben – und die Saudis wollen genau das verhindern.
Die von Saudi-Arabien angeführten Katar-Gegner werfen dem Emirat vor, es unterstütze islamistische Extremisten und suche die Nähe zum Iran, was die Regierung in Doha zurückweist. Ein Wirtschaftsboykott hat der kleinen, aber dank riesiger Gasvorräte sehr reichen Nation bisher wenig schaden können. Unterstützung erhält Katar aus dem Iran und aus der Türkei. Alle Vermittlungsversuche in dem Streit sind bisher gescheitert. In den vergangenen Jahren waren aus den Reihen der Katar-Gegner mitunter Forderungen laut geworden, den Kataris die WM wegzunehmen.
In der Gruppe E beim Asian Cup stellen Saudis und die Kataris die potenziell stärksten Mannschaften, die den Gruppensieg unter sich ausmachen und ins Achtelfinale einziehen dürften. Saudi-Arabien, das den Asian Cup bisher dreimal gewonnen hat, ist trotz der relativ schwachen Vorstellung bei der WM einer der Favoriten des Turniers. Das Team des argentinischen Trainers Juan Antonio Pizzi gewann sein Auftaktspiel gegen Nordkorea mit 4:0.
Auch Katar unter dem spanischen Trainer Felix Sanchez sicherte sich im ersten Spiel mit einem 2:0 über Libanon drei Punkte. Team Katar soll beim Asian Cup internationale Turniererfahrung sammeln, um bei der WM auf heimischem Boden in drei Jahren möglichst gut abzuschneiden. Deshalb läuft am 17. Januar alles auf ein sportlich wie politisch spannendes Spiel in Abu Dhabi hinaus, auch wenn die Offiziellen beim politischen Aspekt tiefstapeln. „Das sind Sportler, die werden Fußball spielen“, sagte der Sprecher des katarischen Fußballverbandes, Ali al-Salat, vor dem Turnier. Katars Trainer Sanchez weiß jedoch, dass es um mehr geht als um Fußball. Der Teamchef sagte deshalb, er wolle sich selbst und seine Spieler so gut es geht während des Turniers von der Politik „isolieren“.
Um Politik geht es auch bei der Teilnahme von Syrien, das zum ersten Mal seit 2011 wieder bei einer Asienmeisterschaft dabei ist. Die Regierung in Damaskus will nach fast acht Jahren Krieg ein Zeichen für die Rückkehr Syriens in die internationale Gemeinschaft setzen – doch Regierungsgegner klagen, die Mannschaft stehe lediglich für das Regime von Staatschef Baschar al-Assad, nicht für das ganze Land.
Bisher sieht es nicht danach aus, als könne der Asian Cup den Syrern gute Nachrichten bringen. Nach einem torlosen Unentschieden gegen Palästina und einer 0:2-Niederlage gegen Jordanien stehen die Chancen auf einen Einzug ins Achtelfinale schlecht. Der syrische Verband reagierte, indem er den deutschen Nationaltrainer Bernd Stange entließ, einen früheren Teamchef von Hertha BSC.
Die Diskussion ist geschlossen.