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Terror
10.02.2015

Wie Eltern ihre Kinder aus dem Terror-Krieg zurückholen wollen

Irregleitete Jugendliche glauben, im Namen des Korans in den Krieg ziehen zu müssen.
Foto: Ralf Lienert/dpa

Wenn Jugendliche wie David G. aus Kempten in den Terror-Krieg ziehen, bricht für Eltern eine Welt zusammen. Wie sollen sie wieder an ihre radikalisierten Kinder herankommen?

Als wäre es so nicht schon schlimm genug. Dass sich die eigenen Kinder von einem entfremden. Dass man nicht weiß, wo sie sind und was sie tun. Es ist ein Albtraum für Eltern. Doch dann mit ansehen zu müssen, dass sie nach Syrien oder in den Irak gereist sind, dorthin, wo radikale Islamisten ihren, wie sie sagen, „Heiligen Krieg“ führen, ist ein Horror. Ein Paar aus der Mitte Deutschlands hat ihn gerade erlebt.

Mit Thomas Mücke und seinen Kollegen vom „Violence Prevention Network“ in Berlin haben die Eltern zwar Hilfe gefunden und sind dabei, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen – soweit das möglich ist. Aber es wird ein harter Weg, auf dem sich erst zeigen muss, ob er zum Ziel führt.

David G. aus Kempten: Zum Islam konvertiert und in Syrien getötet

Auch die Eltern von David G. aus Kempten gehören zu denen, die das Team betreut. Doch David G. kann nicht mehr zu seinen Eltern zurückkehren und auch nicht wieder in die Gesellschaft integriert werden. Er war zum Islam konvertiert und ist in Syrien getötet worden.

Zu sehr ins Detail gehen darf Mücke in seinem aktuellen Fall nicht. Aber er darf sagen, dass er mit einem Telefonat begann. Die Mutter rief an, erst wenige Wochen ist das her. Sie wisse nicht, wo die beiden Söhne, 16 und 17 Jahre alt, sind. Erst vor kurzem seien sie in die salafistische Szene abgerutscht, in der der Islam ultrakonservativ ausgelegt wird. Die Religion habe in der Familie aber nie eine Rolle gespielt. Dass sie Muslime sind, sei auch zweitrangig, sagt Mücke. Radikalisieren könne sich jeder, auch mit rechtem Gedankengut, egal welche Wurzeln er hat.

Kurz nach dem Anruf zeigte sich, dass die Söhne für den Dschihad angeworben worden waren. Die Eltern hatten Glück, dass ihre Kinder noch nicht zu tief im Sumpf der Gewalt steckten, den Kontakt nicht abgebrochen hatten und Zweifel bekamen, als sie in Syrien angekommen waren. Sie flohen in die Türkei, wo der Vater sie abholte und nach Deutschland brachte.

Hier wartet nun eine große Herausforderung: Die Brüder sollen wieder Teil der Gesellschaft werden und der Gewalt entsagen. Die Berater unterstützen sie dabei mit einem Training – in Abstimmung mit den Eltern, die das Problem erst einmal annehmen müssen.

Doch was begünstigt den Hass, den junge Leute wie diese beiden spüren? Es gebe nicht den einen Grund, doch es gebe ein Muster, sagt Florian Endres, Leiter der Beratungsstelle Radikalisierung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg. Dort ist die zentrale Anlaufstelle für Angehörige. Sie vermittelt betroffene Angehörige an Partnerorganisationen wie das „Violence Prevention Network“ in Berlin weiter, das über ganz Deutschland verteilt Fachleute vor Ort hat.

In vielen Fällen gibt es offenbar Übereinstimmungen. So würden die Betroffenen häufig als wenig erfolgreich in Schule oder Beruf beschrieben, sagt Endres. Sie hätten kein großes Selbstbewusstsein und keine persönlichen Ziele, mussten eine soziale Ausgrenzung erleben und fänden keine befriedigenden Antworten auf ihre Fragen. „Bei vielen Jugendlichen ist es ein Schrei nach Aufmerksamkeit, sich radikalen Gruppen anzuschließen“, sagt er. „Oft gibt es Probleme, die sie alleine nicht lösen und bei denen Eltern häufig nicht helfen können.“

Religionsunterricht als zentraler Faktor der Prävention

Nicht selten wachsen diese Jugendlichen nach seinen Erfahrungen in schwierigen familiären Verhältnissen auf, in mehr als einem Drittel der in der Beratungsstelle dokumentierten Fälle nur bei einem Elternteil. Der Wechsel der Bezugspersonen und der Verlust von Angehörigen belaste die Entwicklung. Es komme auch immer wieder vor, dass die Radikalisierung eine Gegenwehr ist – um sich überzogenen Erwartungen der Eltern zu entziehen oder die eigene Situation besser selbst zu kontrollieren.

Auch die Religion könne dazu beitragen. Entweder, indem die familiäre Frömmigkeit gesteigert oder die kaum vorhandene religiöse Erziehung durch Fundamentalismus ersetzt wird. „Ein Islamkunde- oder generell ein Religionsunterricht ist ein zentraler Faktor bei der Prävention“, sagt Endres. „Denn aus der Beratungsarbeit wissen wir, dass die Jugendlichen oft wenig über Religionen wissen.“ Doch ihr Interesse daran sei groß.

Das machen sich extremistische Gruppen zunutze. „Die Betroffenen hatten das Gefühl, in der neuen Gemeinschaft ohne Einschränkungen akzeptiert zu werden, einige wohl erstmalig in ihrem Leben. In vielen Konstellationen scheinen die neuen ,Brüder‘ auch die Rolle der Familie übernommen zu haben“, schrieb Endres in einem Aufsatz über seine Erfahrungen.

Das Problem ist, überhaupt an die jungen Leute heranzukommen. Thomas Mücke war viele Jahre lang Streetworker in Brennpunkt-Bezirken der Hauptstadt. Der Mitbegründer und Geschäftsführer von „Violence Prevention Network“ ist groß, selbstbewusst und kennt sich damit aus, dem Hass etwas entgegenzusetzen. Eine der Grundlagen, um Zugang zu radikalisierten Jugendlichen zu finden, sei, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen, ohne ihre Taten zu akzeptieren. In den 80ern traf er sich schon mal alleine spätabends mit Rechtsradikalen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Heute bietet er bundesweit Schulungen zu Anti-Gewalt-Arbeit, Konfliktmanagement, Jugendarbeit, Straßensozialarbeit und Rechtsextremismus an.

Mücke ist nicht leicht zu erreichen in diesen Tagen und auch nicht leicht zu finden. Sein Büro liegt in den Räumen einer umgebauten Fabrik im Berliner Bezirk Mitte, unweit des neuen Innenministeriums an einer stark befahrenen Straße. Sie wird gesäumt von renovierungsbedürftigen Häusern. Einiges steht hier leer, in manchen Gebäuden aber sind moderne Läden und Restaurants eingezogen. Das schicke Büro liegt im Dachgeschoss eines Flügels im dritten Innenhof. Es ist nur durch eine massive Stahltür zu betreten. Gegenüber hat sich eine Tantra-Lounge eingemietet.

Über zu wenige Klienten braucht sich Mücke nicht zu beklagen. Seit es den IS gibt, die Terrorgruppe Islamischer Staat, sei alles dramatischer geworden. „Viele Eltern sind überfordert, das zeigt sich schon bei der Beratung“, sagt er mit unüberhörbarem Berliner Dialekt. „Wir versuchen deshalb, sie in die Arbeit mit den Jugendlichen einzubinden.“ Wer etwa aus Syrien zurückkehrt oder in Gefahr ist, in den Dschihad zu reisen, gehört zur Zielgruppe.

Wie können die Kinder aus Syrien zurückgeholt werden?

Die Mitarbeiter kümmern sich auch um die Prävention. Teams aus Angehörigen mehrerer Glaubensrichtungen gehen in Schulen und Moscheen und machen Gemeinsamkeiten der Weltreligionen deutlich. „Grundimpfung“ nennt der Diplompädagoge das. Doch das kommt gerade zu kurz, weil die viel Zeit in Anspruch nehmen, die schon verführt sind. Allen wird nicht zu helfen sein, da ist Mücke realistisch. Doch nach den Anschlägen in Frankreich habe in der Gesellschaft ein Umdenken begonnen.

Ernst ist die Lage allemal. Denn beim IS oder anderen Gruppen fänden die Jugendlichen häufig, was ihnen gefehlt habe: Strukturen. Jemand, der sagt, was zu tun ist, der den Weg weist. Charismatische Anführer seien wie Vaterfiguren, die es gerade bei jungen Leuten mit wenig Bildung leicht hätten. „Sie bauen einen moralischen Druck auf, arbeiten mit Bildern, Leid und Verschwörungstheorien“, weiß Mücke, der dafür plädiert, Ausreisen in Konfliktgebiete zu stoppen. „Die Jugendlichen, von denen viele auch ein Ventil für ihren angestauten Hass suchen, hinterfragen das nicht.“ Manche hätten nach den Enttäuschungen im Leben „eine euphorische Freude, jemanden abzuknallen“.

Wer dem zunächst entkommen ist, hat es aber noch lange nicht geschafft. „Das Gedankengut ist nicht von heute auf morgen weg, der Ausstieg im Kopf dauert, ein bis zwei Jahre mindestens.“ Für langfristigen Erfolg müssten wieder Strukturen und Bindungen geschaffen werden, vor allem auch zu den Eltern. Sie müssen von den Beratern ebenfalls gestärkt werden, denn meist fühlten sie sich schuldig für das, was ihre Kinder tun.

Mit den Müttern und Vätern planen die Berater jeden Schritt. So tragen sie auch dazu bei, dass sich die Jugendlichen von ihnen wieder akzeptiert und verstanden fühlen. Auch alte Freundschaften würden wieder reaktiviert und ein enger Kontakt zu einer islamischen Gemeinde aufgebaut, der das Team vertraut. Es soll kein religiöses Vakuum entstehen. Diesen Weg gehen Mücke und seine Kollegen auch mit den beiden Brüdern, die gerade noch rechtzeitig über die Türkei zurück nach Deutschland kamen. Sie helfen ihnen, wieder in der Schule Fuß zu fassen und einen Ausbildungsplatz zu finden.

Auch wenn das „Violence Prevention Network“ hier Erfolg haben sollte, so sieht Mücke insgesamt doch Anlass zu großer Sorge. Andere Extremisten wie aus der rechten Szene könnten versuchen, nach der öffentlichen Fokussierung auf Islamisten jetzt selbst „wieder ins Spiel zu kommen“. Doch solchen Strömungen könne nur der gesellschaftliche Zusammenhalt etwas entgegensetzen, der durch Pegida derzeit zusehends bröckele. „Da kommen gerade alle Probleme gleichzeitig auf uns zu“, sagt der 56-Jährige.

Deshalb ist er auch nicht ganz so zuversichtlich wie Florian Endres vom Nürnberger Bundesamt, der sagt: „Ich bin nicht pessimistisch, was die Zukunft angeht. Denn auch die muslimischen Verbände haben die Probleme erkannt und reagieren. Ich hoffe, dass es mittel- bis langfristig bei Jugendlichen eine Sensibilisierung und Immunisierung gegenüber radikalen Ideen gibt.“

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