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Unruhe in Südamerika
02.05.2019

Wie Ex-Kindersoldaten in Kolumbien ihren Frieden finden wollen

In der Friedensinitiative Benposta lernen ehemalige Kindersoldaten, wie sie der Gewalt des Krieges entkommen und ein neues Leben anfangen können. 
Foto: Tobias Käufer

In Venezuela droht ein Bürgerkrieg, die Menschen flüchten ins Nachbarland Kolumbien. Dort kennt man die Grausamkeiten eines jahrzehntelangen Krieges nur zu gut.

Manchmal ist es vielleicht auch nur die Aussicht, die hilft, eine verletzte Seele zu heilen. Und die Aussicht ist atemberaubend, hoch über diesem Millionen-Moloch. Auf fast 3000 Metern liegt die Einrichtung Benposta, in der junge Menschen wieder lachen, fühlen und vertrauen lernen. Von hier aus schweift der Blick von den Berghängen der Anden hinüber über die Hochebene Bogotás, der Neun-Millionen-Metropole, die sich auf diesem Plateau ausbreitet wie ein riesiger Flickenteppich. Der Wind weht sanft über die grasbewachsenen Hügel, die Strahlen der Nachmittagssonne schmiegen sich an die Hänge und erzeugen ein behagliches Licht.

„Ich habe manchmal eine solche Wut“, sagt Maria*, 19, wenn sie über den Krieg spricht. „Der Krieg hat mir so viel weggenommen, meine Eltern, meine Geschwister, das Zuhause, die Umarmungen, das Gefühl, dass du unterstützt wirst, wenn du es brauchst, die Ausbildung.“ Gebracht hat ihr der Krieg das Gefühl der Einsamkeit, der Hilflosigkeit, der Ohnmacht. Maria ist eines von Dutzenden jungen Opfern des bewaffneten Konfliktes, die Zuflucht gefunden haben im Projekt Benposta in der kolumbianischen Hauptstadt. Und die ein neues Leben angefangen hat, wie alle Kinder und Jugendlichen, die der Gewalt in Kolumbien entkommen konnten.

Maria war Kindersoldatin. Sie hat ein neues Leben begonnen.
Foto: Tobias Käufer

Es ist nicht nur der Höhenunterschied, der die Bewohner Benpostas von jenen unten in Bogotá unterscheidet. Es ist die Erfahrung, als Kindersoldaten Krieg zu führen, zu töten, zu entführen, zu vergewaltigen oder das alles selbst zu erleiden, während andere im gleichen Alter an ihren Computern spielen und in die Schule gehen. Es sind zwei Welten: Das der da unten, die etwas mehr Glück im Leben hatten. Und das von denen da oben, die das Schicksal hineingezogen hat in den abgrundtiefen Strudel der Gewalt, des Todes und der Vernichtung.

Kinder wurden zum Dienst an der Waffe gezwungen

„Der Vorschlag war, einen Raum zu schaffen, wo die Mädchen und Jungen die Entscheidungsgewalt über ihre eigenen Leben zurückerhalten. So ist die Idee von Benposta entstanden“, erklärt Koordinator Juan Sebastián Campos, 29, die Anfänge des Projektes. 1952 in den Wirren der spanischen Franco-Diktatur hatte Pater Jesús Cesar Silva die Idee dazu – als ihn das Leid zahlreicher Kinder, die ihre Eltern verloren hatten, zu dem Projekt inspirierte.

Auch in Kolumbien sind die Kinder die ersten Opfer des gewaltsamen Konfliktes, der seit über einem halben Jahrhundert zwischen linken Guerilla-Gruppen, rechten Paramilitärs und der regulären Armee des Landes tobt. Und hier in Bogotá sowie in anderen kolumbianischen Städten lernen sie den Neuanfang eines Lebens ohne Krieg und Gewalt. Unterstützt wird das Projekt unter anderem vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes, aber auch von zahlreichen kirchlichen Organisationen.

Ein Teil der Therapie ist gemeinsames Musizieren.
Foto: Tobias Käufer

Manchmal ist es einfach der pure Zufall, der darüber entscheidet, wohin der Krieg ein Kind oder einen Heranwachsenden katapultiert. Weit draußen auf dem Land, wo der Staat nur wenig Präsenz zeigte, marschierten die linken und rechten Banden durch die Dörfer und zwangen die Kinder zum Dienst an der Waffe. Wer sich weigerte, lief Gefahr, dass die eigene Familie erschossen oder vertrieben wurde. Und dann war da noch die Aussicht auf das schnelle Geld, denn irgendwie sind alle illegalen Gruppen in den lukrativen Drogenhandel verwickelt.

„Ich habe mit zwölf Jahren als Wache angefangen“, berichtet Kevin*, 29, über seine ersten Jahre in der Guerilla. Er sitzt in der Küche von Benposta an einem langen Holztisch, an dem abends gemeinsam gegessen wird. Seinen richtigen Namen kann er nicht nennen, denn sein Leben ist immer noch in Gefahr. Kevin gehörte einer der beiden heute noch aktiven Guerilla-Organisationen an, und die sieht ihn als Deserteur, als Verräter. In den ersten Jahren habe er 800.000 Pesos (zu dieser Zeit umgerechnet etwa 300 Euro) pro Bericht und Botendienst bekommen, die dem Drogenhandel dienten. Das war zu jener Zeit für einen Jugendlichen viel Geld. „Das Geld, das du verdienen konntest, hat dich auf der einen Seite glücklich gemacht, aber es entfernt dich auch von jenen Menschen, die du am meisten liebst“, sagt er heute.

Kevin kämpfte in einer Guerilla-Gruppe

Kevin blickt auf ein bewegtes Guerilla-Leben zurück. Als er 16 Jahre alt war, stieß er zu den aktiven Reihen der Guerilla. „Ich habe mit der Waffe gekämpft. Gegen andere Guerilla-Gruppen, gegen die Armee“, berichtet Kevin. Er spürte den Lauf einer Waffe an der eigenen Schläfe, weil ihm die Mitkämpfer misstrauten und vermuteten, dass er fliehen wollte. Sie rissen ihm die Fingernägel heraus, ließen ihn zwei Stunden lang von Ameisen stechen und vor Schmerzen schreien. Sie beschossen das Haus seiner Mutter, bedrohten seine Schwester. Trotzdem gelang es Kevin, Kontakt zur UN-Flüchtlingsorganisation aufzunehmen. Und die brachte ihn nach der Flucht über Cucuta im Osten Kolumbiens schließlich nach Bogotá. Nach Benposta. In Sicherheit. In ein neues Leben.

„Wenn ich Präsident wäre“, sagt Kevin heute, „würde ich den ganzen kolumbianischen Staat umkrempeln.“ Eine neue Welt aufbauen, „denn der kolumbianische Staat ist korrupt“. Kevin misstraut dem amtierenden kolumbianischen Präsidenten Ivan Duque aus dem Lager des ehemaligen rechtskonservativen Präsidenten Alvaro Uribe (2002 bis 2010). Uribe ist bis heute ungeheuer populär, aber eben auch wegen seiner Nähe zu den gefürchteten rechtsgerichteten paramilitärischen Gruppen hoch umstritten. Die Paramilitärs waren die Feinde von Kevins Guerilla, die sich aber auch mit anderen linken Gruppen schwere Kämpfe lieferten. Uribe wollte nie den Frieden, der 2016 mit der größten Guerilla-Gruppe, der Farc, geschlossen wurde. Duque versucht, den Friedensvertrag nun nachträglich zu verändern – zum Entsetzen von Menschenrechtsorganisationen, den Vertragspartnern und der internationalen Staatengemeinschaft.

Im Krieg treffen die Kommandanten die Entscheidungen

All das liegt wie Blei über Benposta, der „Nation der Jugend und Mädchen“, wie das Projekt sinngemäß heißt. Denn die Einrichtung nimmt alle Kindersoldaten auf, wie Koordinator Campos erklärt. „Unserer Erfahrung nach sind die Schlüsselpersonen für die Entscheidung eines Kindersoldaten, nach Benposta zu kommen, die Mütter. Sie schaffen es, die Kinder dem Krieg zu entreißen.“ Die Sorge der Mütter um ihre Kinder ist vielleicht die einzige Kraft, die noch stärker ist als die brutale und tödliche Dynamik innerhalb der Milizen.

In Benposta, erklärt Campos, lernen die Kinder, ihre Entscheidungen wieder selbst zu fällen. Denn im Krieg und bei den Milizen treffen die Kommandanten die Entscheidungen. Die Jugendlichen beraten, wählen einen eigenen Bürgermeister, eine eigene Dorfvertretung. Sie lernen, die Demokratie und die Meinung der anderen zu respektieren – auch jener, die vielleicht mal ihre Feinde waren.

Ihre Zimmer sind nach berühmten Figuren der Zeitgeschichte wie Nelson Mandela benannt. Sie kochen gemeinsam, pflegen die Pferde, die Hunde, sie verlieben sich ineinander, vor allem aber heilen sie ihre Seelen. Bis sie reif sind für ein neues, selbstbestimmtes Leben außerhalb der geschützten Mauern von Benposta. Dann geht es hinunter in die große Stadt Bogotá, in die reale Welt mit ihren Stolpersteinen und Fallstricken.

Rund 300.000 Tote hat der bewaffnete Konflikt in Kolumbien gefordert. Millionen Menschen sind aus ihrer Heimat vertrieben worden. Was aber nie gezählt wurde, sind die verletzten Seelen der Kinder und Jugendlichen, denen der Krieg die Kindheit und damit auch die Zukunft genommen hat.

Umso beeindruckender ist, was Maria sagt, wenn sie über ihr Leben bei Benposta spricht. Die Energie und Zuversicht, die sie ausstrahlt, nachdem sie den Mut und eine Perspektive wiedergefunden hat. „Was ich hier mitgenommen habe, ist, dass es immer noch einen Ausweg gibt – egal, was dir im Leben passiert. Immer noch eine Möglichkeit, da rauszukommen und nach vorne zu schauen.“

Damit hat sie der kolumbianischen Politik einiges an Lebensmut und Weisheit voraus.

* Die Namen der Jugendlichen wurden von der Redaktion geändert.

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