Wie die AfD die Union vor neue Herausforderungen stellt
Der Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ und der gleichzeitige Niedergang der FDP haben die CDU kalt erwischt. Nun sucht sie eine Strategie, wie sie damit umgehen soll.
Franz Josef Strauß ist seit 26 Jahren tot. Doch bis heute gilt für CSU wie CDU sein Dogma: „Es darf rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Gruppierung von politischer Relevanz geben.“ Oder, etwas plakativer: „Rechts von uns ist nur noch die Wand.“ Und so war es auch.
Bis zur Bundestagswahl im vergangenen Herbst ließen es CDU und CSU nicht zu, dass sich rechts von ihnen eine Partei dauerhaft auf Bundesebene etablieren konnte. Zwar gab es immer wieder Versuche von Populisten wie Extremisten am äußersten rechten Rand, politisch Fuß zu fassen, doch die Erfolge hielten sich in Grenzen. Republikaner und DVU spielen keine Rolle mehr, die NPD ist nur noch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten, zudem läuft das Verbotsverfahren.
Alternative für Deutschland bleibt wohl dauerhaft ein Konkurrent
Die Zeiten allerdings, in denen die Union als bürgerlich-konservative Volkspartei so stark war, dass sie das Entstehen einer politisch relevanten Kraft im eigenen Lager verhindern konnte, sind vorerst vorbei. Mit der AfD ist ihr plötzlich eine Konkurrenz entstanden, die nach einer Analyse des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts auf absehbare Zeit erhalten bleibt. Nach dem Einzug ins Europaparlament und in den sächsischen Landtag wird sie auch am Sonntag bei den Wahlen in Brandenburg und Thüringen klar über fünf Prozent erwartet.
Die AfD gibt sich betont bürgerlich, seriös und rechtsstaatlich, sie bietet sich all jenen als politische Heimat an, die Merkels Modernisierungskurs nicht mitmachen wollen und auf Recht, Ordnung und traditionelle Werte setzen. Die Zeiten, in denen sich die AfD ausschließlich als Anti-Euro-Partei profilierte, sind vorbei. In den Landtagswahlkämpfen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen gibt sie sich als nah an den Menschen, die im Gegensatz zu allen anderen etablierten Parteien die Probleme des ländlichen Raumes oder die erschreckend hohe Grenzkriminalität thematisiert.
„Angesprochen werden politische Bauchgefühle, Benachteiligungen und Missgeschicke, an denen die Altparteien schuld sind“, heißt es in einer Analyse der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung. Den Griechen werde geholfen, während das eigene Land darbe, die traditionelle Familie benachteiligt, Minderheiten dagegen bevorzugt.
Strategie der Union: ignorieren und totschweigen
Die CDU tut sich schwer, diesen diffusen Stimmungen, Benachteiligungsgefühlen und Abstiegsängsten etwas entgegenzusetzen. Beide Entwicklungen, der Aufstieg der AfD wie der gleichzeitige Niedergang der FDP, hat die Merkel-Partei kalt erwischt.
Die Verwerfungen im bürgerlich-liberalen Lager sind enorm. Die CDU sieht sich den gleichen Problemen wie die SPD ausgesetzt, die einst das Entstehen der Linkspartei nicht verhindern konnte. Ein klarer Kurs ist nicht erkennbar, die Union schwankt zwischen ignorieren und totschweigen – wie es Parteichefin Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder praktizieren –, bekämpfen und attackieren – was unter anderem Partei-Vize Armin Laschet fordert – oder rechts überholen, was vor allem die CSU favorisiert, die schon mal mit der Forderung nach Wiedereinführung der Grenzkontrollen vorprescht.
Immerhin, selbst Angela Merkel gibt inzwischen zu: „Wir müssen die Probleme ansprechen, die die Menschen dazu bewegen, die AfD zu wählen.“ Dabei gehe es „zum Teil um Kriminalität, zum Teil um steigende Asylbewerberzahlen“.
Neue Mauer: Bernd Lucke und seine Alternative für Deutschland
So ist die AfD für die Union das, was die Linke schon seit längerem für die SPD ist – Stachel im eigenen Fleisch, die den Regierenden ungeschminkt den Spiegel vorhält, sie mit ihrer ureigenen Programmatik und ihren traditionellen Forderungen bedrängt und eine Alternative zum bestehenden Kurs aufzeigt. Für die Union ist das fatal, steht sie doch im eigenen Lager nach dem Ausscheiden der FDP ohne Koalitionspartner da.
Ihr bleiben gegenwärtig nur die Sozialdemokraten und die Grünen. Damit sichert sie zwar fürs Erste ihre Macht, schafft aber doch nur eines – noch mehr Platz rechts von sich. Wo einst eine Mauer war, ist nun Bernd Lucke mit seiner AfD.
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