Flüchtlingspolitik: Wie sich Bouffiers Einstellung geändert hat
Volker Bouffier wurde mit seiner harten Abschiebe-Politik bekannt. Heute stellt er sich im Unionsstreit um die Zurückweisung von Flüchtlingen gegen die CSU.
Wäre der Volker Bouffier von heute noch der „schwarze Sheriff“ von einst, er würde im brandgefährlichen Unionsstreit um die Asylpolitik wohl ziemlich weit auf der Seite von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stehen. Doch der hessische Ministerpräsident ist im Moment der vielleicht wichtigste Unterstützer von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Unermüdlich verteidigt er in Interviews und Talkshows die Position Merkels, die sich gegen das Vorhaben Seehofers stemmt, Flüchtlinge, die bereits in anderen Ländern der Europäischen Union registriert sind, an der Grenze abzuweisen.
Bouffier will eine europäische Lösung in der Asylpolitik
Bouffier will wie Merkel in der Asylpolitik ein mit den europäischen Partnern abgestimmtes Vorgehen statt eines nationalen Alleingangs. Im Unionsstreit mahnt der 66-Jährige einerseits zu Besonnenheit und Geschlossenheit, andererseits lässt er durchblicken, dass die große CDU keinesfalls vorhat, sich von der frechen kleinen Schwester aus Bayern noch allzu lange auf der Nase herumtanzen zu lassen.
Meldungen über eine angebliche „interne Bouffier-Mail“, die ein Ende der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU zum Inhalt habe, entpuppten sich zwar als dreister Scherz des Satire-Magazins Titanic. Doch Bouffier, der stellvertretende CDU-Vorsitzende, scheut sich nicht, die möglichen Folgen einer Eskalation zu benennen: „Die CSU tritt bundesweit an und die CDU auch in Bayern. Am Ende haben wir eine Lage, in der man drei oder mehr Parteien braucht, um eine Regierung zu bilden, und kann nur noch politische Minimalkompromisse machen“, sagte er in einem Interview.
Als hessischer Innenminister ließ er Flüchtlinge in dem Bundesland kompromisslos abschieben
Als er noch hessischer Innenminister war, galt Bouffier als absoluter Hardliner, wurde als „schwarzer Sheriff“ oft in einem Atemzug mit dem früheren bayerischen Innenminister Günther Beckstein genannt. Nicht nur weil der Jurist aus Gießen in der Kriminalitätsbekämpfung auf Härte setzte, sondern auch weil er in Hessen die kompromisslose Abschiebung von Flüchtlingen umsetzen ließ.
Doch als Bouffier 2010 Roland Koch als Ministerpräsident nachfolgte, begann die Fassade der Härte zu bröckeln – schließlich galt es zunächst, zusammen mit der FDP und dann ab 2013 mit den Grünen zu regieren. Gerade in der ersten schwarz-grünen Koalition in einem Flächenstaat musste sich der frühere Albtraum der Linken mäßigen. Bei den Grünen um den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir käme Kritik an der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel nicht gut an.
Wie in Bayern stehen auch in Hessen im Herbst Landtagswahlen an. Und will Bouffier – in zweiter Ehe verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern – sein Amt gegen seinen Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel von der SPD verteidigen, muss er die Befindlichkeiten möglicher Koalitionspartner wie der Grünen und der FDP im Auge behalten.
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