Wie sich die EU den„Juncker-Plan“ schönrechnet
EU-Chef Jean-Claude Juncker versprach 315 Milliarden Euro an neuen Investitionen. Die Abrechnung des Projekts fällt ernüchternd aus
Der „Juncker-Plan“ ist zum Inbegriff der amtierenden EU-Kommission geworden. 21 Milliarden Euro wollte die Brüsseler Kommission investieren und dadurch 315 Milliarden Euro an Investitionen auslösen. Forschung, Umwelt, Verkehr und vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sollten auf diese Weise frisches Kapital abbekommen. Das Prinzip der wunderbaren Vermehrung von Fördergeldern erklärte die EU-Behörde 2014 so: Aus einem Euro aus dem „Juncker-Fonds“ könnten durch Zuschüsse der Europäischen Investitionsbank drei Euro werden, auf die private Investoren noch einmal zwölf Euro drauflegen – macht 15 Euro.
Inzwischen ist aus der Idee des Kommissionspräsidenten der „Europäische Fonds für strategische Investitionen“ – abgekürzt EFSI – geworden. Doch ob tatsächlich, wie in Brüssel so gerne behauptet wird, 335 Milliarden Euro zusätzlich zum Eigenanteil lockergemacht wurden, gilt selbst in Brüssel inzwischen offiziell als „fraglich“. Diese Einschätzung stammt immerhin vom Europäischen Rechnungshof, der sich seit einiger Zeit mit überraschender Aufdeckungsfreudigkeit die Effizienz europäischer Ausgaben vornimmt.
Für den Juncker-Plan zeichnet sich jedenfalls ab: „Die Kommission hat sich den Fonds schöngerechnet“, wie der CSU-Europapolitiker und EVP-Finanzexperte Markus Ferber das 60-seitige Papier zusammenfasste. Zwar stellen die Prüfer darin fest, dass sich der Fonds als „wirksames Instrument erwiesen hat, um Finanzmittel zur Unterstützung erheblicher zusätzlicher Investitionen zu beschaffen“. Immerhin wurden rund 160,2 Milliarden Euro an privatem Kapital für europäische Projekte „eingeworben“. Doch es gibt Probleme – zum Beispiel mit der regionalen Verteilung.
Denn eigentlich sollte der Fördertopf bevorzugt die eher rückständigen Mitglieder der europäischen Staatenfamilie unterstützten. Doch am Ende flossen bis Ende 2017 die mit Abstand meisten Mittel wieder in die großen Staaten – allen voran Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland. In anderen Fällen nahmen Antragsteller – wie ein multinationaler Energieversorger – Gelder aus dem Fonds nur deshalb in Anspruch, weil die Konditionen deutlich günstiger waren, als wenn sie sich Kredite auf dem freien Finanzmarkt beschafft hätten.
Zudem nutzen einige Mitgliedstaaten das frische EU-Geld, um Aufgaben zu bezahlen, die sie eigentlich selbst hätten tragen müssen – und versuchten sich so gesund zu sparen. Hinzu kommen offenbar sehr gut gemeinte Berechnungen der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg, die offenbar kreative Zahlenkosmetik betrieben hat. So ging man in einem Fall davon aus, dass eine 125-Millionen-Euro-Investition das 18-Fache an zusätzlichem Kapital auslösen werde. Am Ende war es gerade mal das Achtfache. Mit anderen Worten: Die endgültige Investition erbrachte nicht 3,5 Milliarden Euro, sondern nur eine Milliarde Umfang.
Für die EU sind das alles andere als Zahlenspielereien, schließlich soll der Fonds, dessen Fördersumme Ende 2017 sogar auf 500 Milliarden Euro erhöht worden war, in neuem Gewand als „InvestEU“ in den Jahren zwischen 2021 und 2027 wieder neu aufgelegt werden. Doch dann, so die Rechnungsprüfer, müsse die Kommission die Vergabekriterien und auch die Erfolgsmeldungen deutlich strenger kontrollieren.
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