Wirtschaft verlangt Steuersenkungen
Klare Ansage an die Große Koalition: komplette Abschaffung des Soli und weniger Bürokratie
Dass die Große Koalition nicht nur beim Wähler, sondern auch bei den Unternehmen dramatisch an Vertrauen eingebüßt hat, ist kein Geheimnis. Der Grund: Der Wirtschaft sind die Steuern zu hoch. Ihre Vertreter schicken deshalb pünktlich zur Klausur der Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD die klare Forderung nach Berlin, die Abgabenlast zu senken. „Die meisten Industriestaaten, wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Schweden, haben inzwischen breite Steuersenkungen für ihre Betriebe beschlossen. Hierzulande wird die überfällige Reform der Unternehmenssteuern bis zur nächsten Rezession verschoben“, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, unserer Redaktion.
Der Wirtschaftsflügel der Union hat die Nase nach anderthalb Jahrzehnten unter Kanzlerin Angela Merkel mit ihrer „Sozialdemokratisierung“ der Konservativen voll. Der Frust ist groß, weil in den Aufschwungjahren mit satten Staatsüberschüssen keine Steuersenkung für Firmen durchgesetzt werden konnte. Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist in weite Ferne gerückt, weil die dafür nötigen zehn Milliarden Euro nicht einfach aufzutreiben sind.
Nun drohen den Unternehmen mit einer CO2-Steuer zum Schutz des Klimas sogar steigende Abgaben. Hinter der Koalition liegen zwei Chaos-Wochen, die im Abgang von Andrea Nahles als Partei- und Fraktionschefin der SPD gipfelten. Aber auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist alles andere als unangefochten. Immer wieder fällt der Name des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, der ihr die fest anvisierte Kanzlerkandidatur streitig machen könnte. Zurück zu den Themen, lautet also das Motto der Großen Koalition. Auf dem Zettel stehen der Ausbau des Mobilfunknetzes nach Abschluss der Auktion für die Frequenzen des neuen Mobilfunkstandards 5G, die Finanzierung der Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft sowie die Streichung des Solis. Die Abschaffung auch für die obersten zehn Prozent der Steuerzahler, wozu auch viele Unternehmen als Personengesellschaften zählen, hat die SPD ausgeschlossen. Unterstützung erhält sie dabei von Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus, was seinen Wirtschaftsrat auf die Palme bringt. Dieser erwartet zumindest ein Signal, dass auch für Gutverdiener der Zuschlag zur Einkommens- beziehungsweise Körperschaftsteuer abgebaut wird. Denkbar wäre zum Beispiel eine schrittweise Reduktion. Versprochen hat die Koalition, dass der Soli ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler gestrichen wird.
Rückendeckung bekommt der CDU-Wirtschaftsflügel vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der ebenfalls fordert, die Steuern zu senken, um die schwächelnde Konjunktur anzuschieben. „Die Unternehmen brauchen Entlastungen als Impuls für private Investitionen. Daher sollte die Politik Steuerentlastungen für die Betriebe in Angriff nehmen“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer unserer Redaktion. Geschehe das nicht, habe die Bundesrepublik unter den Industrieländern bald die höchsten Steuersätze.
Der DIHK-Präsident, der die gesamte Breite der deutschen Wirtschaft vertritt, rief die Koalition zudem auf, das Bürokratiedickicht zu stutzen. Neben der Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Steuerunterlagen um mehrere Jahre verlangte er „die Fülle und Unübersichtlichkeit an Regelungen“ stark zu vereinfachen.
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