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Fotografie
17.02.2014

Wolf-Dietmar Unterwegers versunkene Bauernwelt

Stoffenried, Mai 1984 _ ein foto von Wolf-Dietmar Unterweger aus dem Buch "Bäuerliche Welt" (Biberacher Verlagsdruckerei)
3 Bilder
Stoffenried, Mai 1984 _ ein foto von Wolf-Dietmar Unterweger aus dem Buch "Bäuerliche Welt" (Biberacher Verlagsdruckerei)
Foto: Wolf-dietmar Unterweger

In Bildbänden dokumentiert der Chemiker seit 40 Jahren den Verfall der ländlichen Kultur. Viele der abgebildeten Häuser sind verschwunden. Aber manchmal gibt es Erfolgserlebnisse.

Es ist noch Leben auf diesem Hof. Jemand muss die Holzscheite aufgeschichtet haben. Unter dem Dachvorsprung, rechts und links des Scheunentors, lehnen Stangen an der Wand. Wahrscheinlich für die Reparatur eines Zaunes. Dickenreishausen, 1997. Mehr steht nicht unter dem Bild. Kein Name, keine Adresse.

Der Hof müsste trotzdem zu finden sein, in einem Dorf mit 800 Einwohnern. Oder besser gesagt: einem Stadtteil. Dickenreishausen gehört zu Memmingen. Auf dem Weg zum Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren kommt man daran vorbei. Moderne Einfamilienhäuser reihen sich aneinander, alle mit Garten, alle sauber und komfortabel, so wie sich die meisten das Wohnen auf dem Lande wünschen.

Der alte Bauernhof müsste hier auffallen. Wenn es ihn noch gibt. Zwei junge Frauen, die mit ihren kleinen Kindern gerade eine Straße überqueren, schauen sich das Foto in dem Bildband „Bäuerliche Welt“ von Wolf-Dietmar Unterweger an. Vor ein paar Jahren sei ein solcher Bauernhof abgebrannt, sagt die eine. Der Besitzer kam ums Leben. „Vielleicht ist es dieser Hof.“

Aber der ist es nicht. Das Klingeln an einer Haustür bringt Klarheit. Ein Mann mittleren Alters muss nicht lange überlegen: „Der Hof war da drüben“, sagt er und eilt in spontaner Hilfsbereitschaft, trotz der Kälte im kurzärmligen T-Shirt, voraus zu einer großen Wiese. „Das Haus war baufällig“, erinnert sich der Mann. Nur einige Bäume sind noch da, umgegrabene Beete hinter einer Einfriedung, ein Schuppen und gestapeltes Holz.

Ein altes Paar und seine Milchkannen

Für Wolf-Dietmar Unterweger, der das Foto vor 17 Jahren gemacht hat, kommt es nicht überraschend, dass auch dieses Anwesen nicht mehr steht. Er hat es allzu oft erlebt. „Das war ein schöner Hof“, sagt er bedauernd beim Blick in das Buch in seinem Haus im oberschwäbischen Wain (Kreis Biberach). Die meisten seiner rund 500000 Fotos aus den letzten 40 Jahren zeigen Szenen vor dem Untergang. Häuser, die nicht mehr existieren, Menschen, die gestorben sind.

Auch das alte Paar vor einem Stall in Stoffenried auf einem anderen Unterweger-Foto lebt sicher schon lange nicht mehr. Am Ortseingang des Dorfes im südlichen Kreis Günzburg steht ein verlassen wirkendes Bauernhaus mit Stallfenstern der gleichen Bauart wie auf dem Bild. Aber es ist sauber verputzt, und dort, wo vermutlich einmal Kühe standen, ist durch die Scheiben eine Werkbank zu sehen. Ist es dieses Haus?

Gestellt ist das Foto nicht

Im Hof gegenüber macht sich eine junge Bäuerin in ihrer Milchküche zu schaffen. Sie erkennt die abgebildeten alten Leute nicht. Sie holt ihre Schwiegermutter, die immer in Stoffenried gelebt hat. Doch auch ihr kommt die alte Frau mit dem tief in die Stirn gezogenen Kopftuch nicht bekannt vor, ebenso wenig der hagere Mann mit Hut und Hosenträgern. Im Mai 1984 soll das Foto entstanden sein. Ob die Jahreszahl überhaupt stimmt? Verzinkte Milchkannen wie die auf dem Bild habe man damals schon nicht mehr verwendet, sagt die Schwiegermutter. „Da ist schon der Milchwagen gekommen.“

Gestellt ist das Foto sicher nicht. Er habe nie etwas arrangiert, bevor er auf den Auslöser drückte, versichert Unterweger. Viele Fotos sind im Vorbeifahren entstanden, auf Reisen im VW-Bus mit seiner Frau Uschi und Sohn Philipp durch ganz Europa, ausgerüstet mit einer analogen Kamera samt mehreren Objektiven und großen Vorräten an Filmrollen. „Wenn irgendwo noch etwas Altes war, haben wir angehalten“, erzählt er. Unterweger suchte die bäuerliche Welt seiner Kindheit. Was er fand, war ihr Verfall. Zwangsläufig entstanden Fotos „an der Schnittkante zwischen Tradition und Moderne“.

Erscheinungstermin im Sommer

So sachlich drückt er sich aus, während er in der Wohnstube seines kleinen Häuschens Probedrucke eines dreibändigen Mammutwerkes hervorholt, das im Sommer herauskommen soll. „Die Bauern“ wird der Titel sein. Eine Art Vermächtnis. Eine Art Denkmal auch für einen Menschenschlag, der zu verschwinden droht. Geerdete Menschen, die ihre Weisheit nicht aus Büchern haben. „Trauerarbeit“ sei das, sagt der Fotograf. Er trauert nicht allein um abgerissene Gebäude, sondern um eine ganze Kultur –um die Verbundenheit zwischen Bauern und ihren Nutztieren, um Kühe mit Hörnern, um Gärten, Wiesen und Ackerwildkräuter.

Die drei dicken Bildbände in einem Schuber können im Grazer Verlag Leopold Stocker nur deshalb erscheinen, weil es bereits genug Vorbestellungen gibt, um die Grundfinanzierung von 50000 Euro zu sichern. Unterweger hat zum Umblättern weiße Baumwollhandschuhe übergestreift wie ein Kunsthistoriker, der ein kostbares Objekt im Museum aus einer Vitrine nimmt. Er fotografiere stets „an der Kante, wo’s bricht“, präzisiert der 69-Jährige noch einmal.

"Heute verhungern wir auf dem Dorf"

Auch in Wain, nicht weit von der bayerischen Grenze bei Illertissen entfernt, ist die alte bäuerliche Welt schon weggebrochen. Kühe hat hier keiner mehr. „Heute verhungern wir auf dem Dorf“, sagt Unterweger: „Früher hat man gesagt, „hol einen halben Liter Milch.“ Das ist vorbei.

Aber Hühner gibt es noch. Im Garten der Unterwegers scharren sie nach Würmern und picken einen Teil der Schneckeneier auf, damit später der Salat hochkommen kann. Üblich ist das nicht mehr. Die kleinen Hühnerhöfe sind aus den Gärten verschwunden.

Auch die Kastenfenster mit Riegeln in dem erst etwa 60 Jahre alten Haus fallen aus dem normalen Rahmen einer Renovierung. Es sind Rekonstruktionen eines Vorbilds aus dem Jahr 1762. Mit Nostalgie habe das nichts zu tun: „Der Abstand zwischen den zwei Fenstern ist optimal zur Isolation“, erklärt der Hausherr. Auch die nachträglich eingezogenen Lehm-Zwischenwände sind alter Bautradition abgeschaut und wie er sagt, „ideal für den Feuchtigkeitsausgleich und das Raumklima“.

Nicht nur Freilichtmuseen lassen historische Häuser versetzen

Ganz vereinzelt würden solche Vorzüge althergebrachter Bautechniken wieder geschätzt, weiß Unterweger. Nicht nur Freilichtmuseen lassen historische Häuser versetzen, sondern neuerdings auch Privatleute. Die Firma Jako in Rot an der Rot verzeichne ein allmählich wachsendes Interesse. Es gebe offenbar ein Bedürfnis, zu retten, was noch zu retten ist.

Das zeige sich auch an Reaktionen auf seine Bücher, erzählt Unterweger. Seine Fotos hätten zum Beispiel den Anstoß gegeben, dass der ehemalige Getreidespeicher von Erolzheim, acht Kilometer von Wain entfernt, restauriert wurde. In dem Gebäude bewahrt der Theaterverein jetzt seine Utensilien auf. Gefreut hat sich der Oberschwabe auch, als ihm der Stadtgärtner von Hamburg mitteilte, dass in einem Stadtpark „ein Bauerngarten nach Unterweger“ angelegt werde.

Manchmal staunt der Buchautor aber auch, wie viel Wissen auf dem Lande schon verloren gegangen ist. Zum Beispiel wenn es um Hühner geht, eine Tierart, zu der Unterweger ein besonderes Verhältnis hat. Er engagiert sich für den Erhalt vom Aussterben bedrohter Rassen und gibt immer wieder Bücher zum Thema heraus. Aber wenn er als gelernter Chemiker um Rat gefragt wird, wie man in 1800 Metern Höhe am besten einen Hühnerstall baut, wundert er sich doch. Oder wenn ein Verlag, der ein Hühnerbuch herausbringt, den Autor ausdrücklich beauftragt, auch ein Kapitel über das Schlachten zu schreiben.

Seit 40 Jahren dokumentiert Wolf-Dietmar Unterweger den Verfall der ländlichen Kultur. Er hat zahlreiche Bildbände veröffentlicht. Zuletzt das "Bäuerliche Welt - Forografische Werke 1978-2009" erschienen in der Biberacher Verlagsdruckerei.
15 Bilder
Wolf-Dietmar Unterwegers versunkene Bauernwelt
Foto: Wolf-Dietmar Unterweger

Hoffnung auf die Renaissance der Zugtiere

Das Interesse ist da. Es scheint noch nicht alles verloren zu sein. Unterweger meint sogar, dass „das Ende der industriellen Landwirtschaft eingeläutet“ sei. Wenn er das sagt, mutet das so utopisch an wie 1982 sein Entschluss, sich als promovierter Chemiker aus der Enge seines Berufslebens zu befreien, um fortan von Fotos zu leben. Von Fotos auch noch, die eine vermeintlich rückständige Landwirtschaft zeigen. Fotos von Zugtieren zum Beispiel, die einen Pflug ziehen.

„Sie werden eine Renaissance erleben“, prophezeit Unterweger. Nicht nur beim Holzrücken im Wald, wie es jetzt schon der Fall ist, sondern auch auf den Äckern: In den USA würden Arbeitspferde bereits achtspännig vor moderne Geräte gespannt, statt schwere Maschinen einzusetzen, die den Boden stark verdichten und die Mikroorganismen abtöten. Ein Freund habe ihm eine Studie der Universität Michigan geschickt, die beweise, dass das wirtschaftlich sei.

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