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Bundestagspräsident
23.07.2018

Wolfgang Schäuble im Interview: „Am liebsten haben die Leute ihre Ruhe“

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble äußert sich im großen Interview auch zur Krise von CSU und CDU.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

Exklusiv Wolfgang Schäuble erklärt im Interview, warum sich die Deutschen mit Veränderungen so schwer tun. Er räumt ein, dass CDU und CSU am „Abgrund“ standen.

Herr Schäuble, als nichts mehr ging zwischen CDU und CSU im Streit um das Zurückweisen von Flüchtlingen, haben Sie Horst Seehofer und Angela Merkel zu sich zum Gespräch gebeten. Haben Sie die Koalition gerettet?

Wolfgang Schäuble: Ich habe immer gesagt, wenn ich helfen kann, helfe ich gerne. Aber mehr erfahren Sie über dieses Gespräch von mir nicht. Ich bin froh, dass die Zuspitzung fürs Erste vorbei ist, ob die Probleme damit gelöst sind, wird man sehen.

Sie haben erzählt, Sie hätten in einen Abgrund geblickt. Was haben Sie in diesem Abgrund gesehen?

Schäuble: Wenn man in einen Abgrund schaut, dann sieht man, dass es da ziemlich tief runtergeht. Hätten wir keine Lösung gefunden, hätte das nicht nur für die Koalition, sondern auch für die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU existenzielle Folgen gehabt. Das habe ich als Abgrund bezeichnet. Die Gemeinschaft der Unionsparteien hat nicht nur für die Union selbst, sondern für das ganze Land eine große stabilisierende Wirkung. Wie in anderen Ländern Europas stecken auch bei uns die Sozialdemokraten in der Krise, da darf die andere Seite des politischen Lagers nicht auch noch an Bindekraft verlieren.

Wie ernst war die Lage denn? Auch in der Union wurde bereits über den offenen Bruch und eine bundesweite Ausdehnung der CSU spekuliert.

Schäuble: Als CDU-Mitglied halte ich mich da zurück. Aber das Besondere an der CSU ist neben ihrer politischen Schlagkraft ja auch ihre besondere bayerische Identität. Würde sie sich bundesweit ausdehnen, das sagen im Übrigen auch viele in der CSU, würde sie diese Identität ein Stück weit verlieren. Außerdem sehen Sie in anderen Ländern, dass Parteien aus dem gleichen politischen Spektrum, die miteinander konkurrieren, in der Summe nicht stärker werden, sondern schwächer.

Warum sind die Dinge eigentlich so eskaliert? Lag es wirklich nur an der Flüchtlingspolitik?

Schäuble: Die Bundestagsabgeordneten beider Parteien haben auf dem Höhepunkt des Konfliktes klar gesagt: Was immer passiert, wir bleiben zusammen. Insofern war der Abgrund, von dem ich gesprochen habe, vielleicht gar nicht so tief. Dazu kommt aber etwas anderes: Das demokratische rechtsstaatliche Modell des Westens, das über Jahrzehnte so erfolgreich war, steht unter erheblichem Druck. Schauen Sie sich nur die USA an, die Brexit-Entscheidung in Großbritannien oder die Wahlergebnisse in Italien. Die schnellen Veränderungen durch die Globalisierung und die Migrationswelle erschüttern unsere westlichen Gesellschaften. Das ist kein Problem, das nur CDU und CSU beschäftigt. Auch die Linkspartei hat erbittert über die Flüchtlingspolitik gestritten. Wir sehen jetzt, was Globalisierung konkret heißt. Afrika wird bald zwei Milliarden Einwohner haben, von denen viele nur den einen Wunsch haben: so zu leben wie wir. Auf solche Fragen hat Europa bisher keine hinreichend stabile Antwort gefunden. Die Migration ist die vielleicht größte Herausforderung überhaupt für uns, so gewinnt auch eine scheinbar kleine Frage wie die, die CDU und CSU entzweit hat, enorm an Bedeutung.

Wenn die Krisen groß genug seien, sagen Sie, werde es Veränderungen in die richtige Richtung geben. Heißt das, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht?

Schäuble: Hölderlin hat gesagt, in der Gefahr liege das Rettende nahe. Tatsache ist: Wenn es einem gut geht, scheut man Veränderungen. Die Beharrungskräfte sind stark - und das ist zunächst einmal nichts Schlechtes. Aber wenn die Dinge sich so rasch verändern wie im Moment, in der Technik, in der Wissenschaft, im Digitalen oder im Sozialen, muss eine Gesellschaft darauf reagieren, so unangenehm das sein mag. Am liebsten haben die Leute ihre Ruhe. Das geht aber nicht, weil der Druck auf unsere Gesellschaft stark zugenommen hat.

Und die AfD ist ein Ventil, über das sich dieser Druck entlädt?

Schäuble: Die Wahlergebnisse der AfD sind ein Ausdruck dieses Unbehagens. Ihr Vorsitzender hat vor kurzem gesagt, es sei an der Zeit, wieder zur Realpolitik im alten Sinne zurückzukehren und den Nationalstaat wieder in den Mittelpunkt der Politik zu stellen - frei nach dem Motto, wie schön war es doch im 19. Jahrhundert. Frau Nahles, die Fraktionsvorsitzende der SPD, hat ihm darauf treffend geantwortet: Die einzig richtige Realpolitik für Deutschland sei nach dem Zweiten Weltkrieg die europäische Einigung gewesen. Sie war die zweite Chance, die wir bekommen haben. Ein Land, das seinen Wohlstand nicht zuletzt dem Welthandel verdankt, kann nicht einfach die Grenzen dichtmachen und sich abschotten.

Wie stark hat der Einzug der AfD das Klima im Bundestag verändert?

Schäuble: Der Bundestag ist ein anderer als in der letzten Wahlperiode, aber das hat nicht nur mit der AfD zu tun. Wir haben jetzt sechs Fraktionen statt vier, in der letzten Wahlperiode haben die Parteien der Großen Koalition 80 Prozent der Abgeordneten gestellt, heute sind es nur noch 56 Prozent. Damit werden die Debatten spannender, die Reden kürzer und die Abstimmungen knapper. Aber natürlich gibt es auch Regeln, die für alle gelten und eingehalten werden müssen.

Wo verstößt die AfD gegen Regeln und wann zeigen Sie ihr die Rote Karte?

Schäuble: Was jemand im Bundestag sagt, ist zunächst einmal nicht strafbar. Trotzdem müssen wir Beleidigungen und Verstöße gegen die Würde des Hauses nicht akzeptieren, sie werden sanktioniert.

Die AfD führt die Debatten mit großer Schärfe. Verrohen die Sitten im Parlament?

Schäuble: Ich glaube, dass wir das bisher ganz gut hinbekommen haben. Dazu ist das Bundestagspräsidium ja auch da - es zu keiner Verrohung der Sitten kommen zu lassen.

Die AfD stellt bisher als einzige Fraktion keinen Vizepräsidenten, nachdem ihr erster Kandidat durchgefallen ist. Bleibt das so?

Schäuble: Sie haben das Recht, einen Kandidaten vorzuschlagen. Aber er oder sie muss in einer geheimen Abstimmung eine Mehrheit im Bundestag bekommen. Im Moment haben wir fünf Vizepräsidenten, das Parlament ist auch so arbeitsfähig.

Ein anderes Thema. Die Fliehkräfte in Europa sind gewaltig, nicht nur wegen der Auseinandersetzungen um die Flüchtlingspolitik. Fürchtet der Europäer Schäuble um sein Europa?

Schäuble: Es gibt immer mehr Probleme, die ein Land alleine nicht mehr lösen kann. Die große Mehrheit der Menschen in den Mitgliedsländern weiß das und steht hinter der europäischen Einigung, das zeigen alle Umfragen. Sich politisch auf etwas zu einigen, ist in EU-Europa allerdings noch mühsamer als beispielsweise bei uns in Deutschland. Da kommen wir dann schnell wieder an den Punkt, von dem ich vorhin gesprochen habe: dem Unbehagen und dem Widerstand gegen Veränderung. In Fragen der Sicherheit, das nur als Beispiel, werden sich die USA heute nicht mehr so für uns verantwortlich fühlen wie noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Also müssen wir Europäer uns stärker um uns selbst kümmern. Und das neue Handelsabkommen mit Japan wäre nicht so schnell abgeschlossen worden, wenn Donald Trump keinen Handelsstreit vom Zaun gebrochen hätte. Auch hier gilt: Druck erzwingt Veränderungen.

In der Flüchtlingspolitik hat Angela Merkel mehr Gegner als Verbündete. Ist Deutschland noch die treibende Kraft in Europa - oder ist das jetzt der französische Präsident Macron?

Schäuble: Europa funktioniert ja nicht so, dass alle Mitglieder auf das Kommando eines Landes hören. Aber ja, es stimmt: Die Osteuropäer machen ihre Interessen und Sichtweisen heute stärker geltend, als das früher der Fall gewesen ist. Wir in Deutschland haben nach der Wiedervereinigung ähnliche Erfahrungen gemacht. Als jemand, der damals Innenminister war und den Einigungsvertrag mit ausgehandelt hat, kann ich das vielleicht besser verstehen als mancher andere. Deshalb sage ich: Wir müssen die Positionen von Tschechen, Polen oder Ungarn genauso respektieren wie die der Spanier oder der Franzosen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Gespräch mit Bernhard Junginger (links) und Rudi Wais.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Aber passiert im Moment nicht das Gegenteil – nämlich eine gefühlte Ausgrenzung einzelner Länder, allen voran Ungarn unter Viktor Orbán?

Schäuble: Es gibt einen gewissen Widerstand gegen unser demokratisches Modell in vielen europäischen Ländern, schauen Sie nur nach Italien. Dafür erleben wir auf der anderen Seite aber auch, dass ein Land wie Frankreich Reformen durchsetzt, die so vor einigen Jahren noch nicht denkbar gewesen wären. Ich habe den Eindruck, dass mit Herrn Macron sehr viel Bewegung in die europäische Politik gekommen ist. Das ist gut nicht nur für Frankreich, sondern auch für Europa. Und wenn wir schon bei Veränderungen sind: Auch der neue österreichische Kanzler Sebastian Kurz hat in kurzer Zeit schon viel erreicht.

Länder wie Ungarn oder Polen können erst seit knapp 30 Jahren wieder selbst über ihre Geschicke bestimmen. Tun sie sich deshalb schwerer als wir, Souveränität nach Europa abzugeben?

Schäuble: Ich habe gerade versucht, mit anderen Worten dasselbe zu sagen. Wir müssen auch denen, die nicht unserer Meinung sind, respektvoll begegnen. Ich tue mich da leichter, weil ich die Erfahrung von 1990 habe. Auch wenn uns manches in Ungarn, Polen oder der Slowakei nicht gefällt: Diese Länder sind keine Europäer zweiter Klasse. Gerade wir Deutschen sollten nicht vergessen, dass wir unsere Einheit auch den Polen und den Ungarn verdanken. In Polen hat die Solidarnosc-Bewegung das Eis gebrochen, Ungarn hat die Grenze nach Österreich für die Bürger der DDR geöffnet.

Dennoch spaltet die Flüchtlingsfrage Europa. Wenn Horst Seehofer keine Abkommen über die Rücknahme von Flüchtlingen mit Italien oder Griechenland zustande bekommt: Bricht der alte Streit dann wieder neu auf?

Schäuble: Die Flüchtlingsfrage kann nur europäisch gelöst werden. Offene Grenzen sind die Voraussetzung für ein einiges Europa. Dieses Europa können wir aber nur verteidigen, wenn wir seine äußeren Grenzen sichern. Wer wie Griechenland oder Italien solche schwer zu schützenden Außengrenzen hat, hat eine Verantwortung für ganz Europa und deshalb auch einen Anspruch auf Unterstützung durch alle anderen Mitgliedsländer. Die Migrationsfrage ist für Europa schon wegen seiner Nachbarschaft zu Afrika eine so große Herausforderung, dass sie kein Nationalstaat alleine lösen kann.

Zur Person: Wolfgang Schäuble ist mit 45 Parlamentsjahren der dienstälteste Abgeordnete des Bundestages. Er hat den Einigungsvertrag ausgehandelt, er war zweimal Innenminister, Finanzminister und für kurze Zeit auch Vorsitzender der CDU. Seit Oktober ist der 76-Jährige Präsident des Bundestages.

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