Zitterpartie im Thüringer Landtag: Ramelow fällt in zwei Wahlgängen durch
Die Wahl des neuen Thüringer Ministerpräsidenten ist am Mittwoch wie erwartet zu einer Geduldsprobe geworden. Die dritte Runde entscheidet.
Thüringen hat auch nach zwei Wahlgängen noch keinen neuen Ministerpräsidenten. Der amtierende Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) verfehlte am Mittwoch bei der Abstimmung im Landtag in Erfurt wie erwartet in den ersten beiden Durchgängen die absolute Mehrheit.
Sein rot-rot-grünes Bündnis, mit dem er eine Minderheitsregierung bilden will, hat im Landtag nur 42 von 90 Sitzen. Doch stimmten für den Linke-Politiker in den beiden Durchgängen 43 beziehungsweise 44 Abgeordnete. Die absolute Mehrheit liegt aber bei 46 Stimmen.
AfD-Kandidat erhielt mehr Stimmen als die AfD Sitze hat
Auch sein von der AfD aufgestellter Gegenkandidat, der parteilose Christoph Kindervater, erhielt zumindest in der ersten Runde mit 25 Stimmen mehr Voten als die AfD Abgeordnete im Landtag hat (22). Im dritten Wahlgang reicht nun die einfache Mehrheit.
Ramelow war im Dezember 2014 zum ersten Ministerpräsidenten der Linken gewählt worden - damals im zweiten Wahlgang. Seither stand er einer Koalition mit SPD und Grünen vor, die im Landtag eine Mehrheit von einer Stimme hatte. Zwar legte die Linke bei der Wahl Ende Oktober zu (31 Prozent) und verdrängte die CDU erstmals in Thüringen vom ersten Platz. SPD (8,2 Prozent) und Grüne (5,2 Prozent) büßten aber in der Wählergunst ein, so dass das Bündnis keine Mehrheit im Landesparlament mehr hat.
Thüringen: Im dritten Wahlgang reicht Ramelow die relative Mehrheit
Für den dritten Wahlgang hat FDP-Landes- und Fraktionschef Thomas Kemmerich seine Kandidatur in Aussicht gestellt - wenn auch ein AfD-Bewerber antritt. Stehe Ramelow im dritten Wahlgang allein zur Wahl, wolle die FDP niemanden ins Rennen schicken, um ihm nicht ins Amt zu verhelfen.
In den ersten beiden Wahlgängen benötigt ein Kandidat gemäß der Landesverfassung die absolute Mehrheit, um Ministerpräsident zu werden. Wird das nicht erreicht, kommt es zu einem dritten Wahlgang - dann ist nur noch die relative Mehrheit erforderlich. Gewählt ist laut Verfassung derjenige, der "die meisten Stimmen erhält." Es ist juristische umstritten, ob ein Einzelkandidat in diesem Falle auch mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt wäre. Bei zwei oder mehr Kandidaten gilt die Verfassung als eindeutig: Dann ist derjenige mit den meisten Stimmen gewählt.
SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee bezeichnete die zusätzlichen Stimmen für Rot-Rot-Grün nach dem ersten Wahlgang als "Hoffnungszeichen". Dass auch der AfD-Kandidat mehr Stimmen erhielt sei "erwartbar" gewesen. "Von Rot-Rot-Grün kommen diese Stimmen nicht", versicherte Tiefensee. Dass Abgeordnete der CDU wahrscheinlich auch den AfD-Kandidaten mitgewählt hätten, daran habe er nie gezweifelt, erklärte der Grünen-Abgeordnete und bisherige Justizminister Dieter Lauinger.
Abgeordnete der CDU-Fraktion zeigten sich überrascht, dass der AfD-Kandidat im ersten Wahlgang mehr als die 22 Stimmen der AfD bekam. "Wir sind in der Fraktion 21 Abgeordnete und haben uns enthalten - davon gehe ich aus", sagte der CDU-Abgeordnete Mario Voigt, der auch Vize-Chef der Thüringer CDU ist.
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