Zwei Jahre Papst Franziskus: Der Jubel lässt nach - und das ist gut
Vor zwei Jahren wurde ein Kardinal aus Argentinien gewählt, der mit seiner unkonventionellen Art alle Welt begeisterte. Die Reform der Kirche muss Papst Franziskus noch liefern.
Einmal musste es mit der Jubelei zu Ende sein. Einmal musste jemand sagen, dass auch Papst Franziskus ein Mensch ist mit all seinen Schwächen und Schatten. Insofern tut die Ernüchterung ganz gut, die am zweiten Jahrestag der Wahl des argentinischen Kardinals Jorge Mario Bergoglio auf den Stuhl Petri eingetreten ist.
Papst Franziskus sucht die Menschen, will sie anfassen
Er bezaubert ja nach wie vor die Zehntausende, die jede Woche zur Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom zusammenströmen. Franziskus sucht die Menschen, will sie anfassen, die Kinder herzen und die Betrübten trösten. Kein Panzerglas kann diesen spontanen Pontifex einsperren. Und keine Konvention ihn aufhalten.
In zwei Jahren hat Papst Franziskus vieles getan, was unmöglich zu sein schien. Er zog nicht in den Apostolischen Palast ein, er begnügte sich mit einem Mittelklassewagen, er reiste als Erstes auf die Flüchtlingsinsel Lampedusa und prangerte dort die Globalisierung der Gleichgültigkeit an. Er ließ vor der Bischofssynode weltweit die Katholiken befragen, was sie zu Ehe und Familie denken. Er berief eine internationale Kardinalskommission ein, die ihn über notwendige vatikanische Reformen beraten sollte.
Viele vermissen bei Papst Franziskus konkrete Ergebnisse
Und – was ist dabei schon herausgekommen? Nicht nur die Ungeduldigen vermissen bei Papst Franziskus konkrete Ergebnisse. Vieles blieb bislang bei Absichtserklärungen. Franziskus schuf ein Wirtschaftssekretariat, aber er vergaß die Statuten für das neue Amt, sodass sich Chaos breitmachte. Der Neuner-Kreis der Kardinäle zeichnete auf 34 Seiten die Leitlinien für eine Kurienreform vor. Übersichtlicher sollen die Kongregationen und Räte werden, einziehen möge der Geist der Dienstleistung. Hehre Ziele, gegen die sich unter den konservativen Kurienkardinälen allerdings sofort Widerspruch regte.
Die Nagelprobe dürfte die zweite Runde der Familien-Synode sein. Wie weit wagt sich die katholische Kirche aus ihrer doktrinellen Bastion heraus und stellt sich angstfrei der heutigen Welt? Schon im vergangenen Oktober war zu bemerken, dass sich Papst Franziskus in der zweiten Beratungswoche eher wieder den traditionellen Positionen zuneigte. Er muss bei seinem zukunftszugewandten Aufbruch eben auch diejenigen Kräfte in der Kirche mitnehmen, die lieber alles beim Alten lassen wollen. Sein Programm für mehr Barmherzigkeit gegenüber den Sündern und Gestrauchelten mag noch so sympathisch sein. Als Weltkirche gilt es halt auch, Prinzipien zu wahren.
Jetzt muss Franziskus liefern
In seinem dritten Amtsjahr muss der 78-jährige Pontifex „liefern“. Aller Voraussicht nach bleibt ihm nicht mehr allzu viel Lebenszeit, um seine Vision einer erneuerten Kirche zu verwirklichen. „Es geht voran“, sagt der Münchner Kardinal und Papstvertraute Reinhard Marx zuversichtlich. „Aber es ist noch längst nicht alles geschafft.“
Vielleicht positionieren sich deswegen immer vernehmlicher die internen Kritiker von Franziskus, darunter der Präfekt der Glaubenskongregation, der Deutsche Gerhard Ludwig Müller. Der milde Papst kann ja durchaus zulangen und unliebsame Kleriker in die Schranken weisen, auf unbedeutendere Posten versetzen und öffentlich zurechtweisen. Die versammelten Kurialen hat er so vor Weihnachten rundgemacht, indem er diesen Kardinälen die 15 „Krankheiten“ der Kirche vorhielt.
Am Charme dieses Papstes kratzt dies alles bislang wenig. So leutselig, so unbefangen wie er manchmal plaudert, verzeiht man ihm selbst verbale Ausrutscher wie sein Verständnis für die Züchtigung in der Kindererziehung oder die Ehrverteidigung mittels Faustschlag, wenn jemand die Mama beleidigt. So ist er halt – auch in seiner naiven Rede über den Teufel. Ein Mensch eben, ein sympathischer.
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