Deutschland zahlt Entschädigung an sowjetische Kriegsgefangene
Deutschland will ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg eine Entschädigung zahlen. Dafür würden zehn Millionen Euro in den Nachtragshaushalt eingestellt.
Deutschland wird die sowjetischen Kriegsgefangenen für das im Zweiten Weltkrieg erlittene Leid entschädigen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages beschloss am Donnerstag eine "symbolische finanzielle Anerkennung" in Höhe von insgesamt zehn Millionen Euro, wie der stellvertretender haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Ulrich Krüger, mitteilte. Wie viele frühere Gefangene Anspruch auf eine Entschädigung haben, ist noch unklar.
"Ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen soll ohne Anerkennung einer Rechtspflicht/eines Rechtsgrundes ein symbolischer finanzieller Anerkennungsbetrag gewährt werden", hieß es in der Beschlussvorlage für den Nachtragshaushalt 2015, in dem die zehn Millionen Euro eingestellt wurden. Der Bundestag soll dem Nachtragshaushalt am Donnerstag zustimmen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßte die Entscheidung. Dies sei "eine gute Initiative aus dem deutschen Bundestag", sagte sein Sprecher Martin Schäfer. Steinmeier habe einen entsprechenden Antrag bereits im Juni 2013 als SPD-Fraktionschef gestellt. Es gebe aber keine konkrete Zahl zu den noch lebenden Anspruchsberechtigten.
"Die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen sind die zweitgrößte Gruppe von NS-Opfern nach den jüdischen Opfern", erklärte der SPD-Abgeordnete Krüger. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses seien sich einig gewesen, "dass eine Anerkennung der Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen als NS-Unrecht gerechtfertigt und eine individuelle finanzielle Anerkennung als symbolische Wiedergutmachung geboten ist".
Zuvor hatten sich auch Grüne und Linke für die Entschädigung der einstigen Kriegsgefangenen eingesetzt, während sich die Union skeptisch zeigte. "Das ist ein spätes und wichtiges Bekenntnis zur historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschlands für dieses Kapitel der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik", erklärten die Grünen-Abgeordneten Volker Beck und Sven-Christian Kindler. "Zugleich ist es ein starkes Signal der Völkerfreundschaft gegenüber Russland, Weißrussland und der Ukraine." "Endlich akzeptiert auch die Union die moralische Verpflichtung der Bundesrepublik, den nur noch wenigen Opfern eine symbolische Entschädigung zu zahlen", erklärte der Linken-Innenexperte Jan Korte.
Während des Russlandfeldzugs ab 1941 gab es den Grünen zufolge zwischen 4,5 und sechs Millionen sowjetische Kriegsgefangene. Bis Kriegsende starben mehr als 60 Prozent von ihnen. Zwei Millionen starben bereits in den ersten Kriegsmonaten an Hunger, Seuchen und Erfrierungen.
Bis heute leiden die Überlebenden unter den gesundheitlichen und sozialen Folgen. Nach der Rückkehr in die Sowjetunion wurden sie unter Stalin der Kollaboration verdächtigt. Von ihnen kamen 13 Prozent in Lagerhaft, viele in sogenannte "Arbeitsbataillone". Ihre Diskriminierung endete erst 1995. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden sie vollständig rehabilitiert. afp
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