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Agrarminister Rainer kündigt Bürokratieabbau und Stopp für Tierwohlabgabe an

Landwirtschaft

Agrarminister Rainer kündigt an: Bauern müssen künftig weniger dokumentieren

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    Landwirte sollen wieder mehr Zeit für Felder und Höfe haben, statt am Schreibtisch zu ackern, kündigt der neue Agrarminister Alois Rainer an. 
    Landwirte sollen wieder mehr Zeit für Felder und Höfe haben, statt am Schreibtisch zu ackern, kündigt der neue Agrarminister Alois Rainer an.  Foto: Annette Riedl, dpa

    Der neue Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) macht mit dem versprochenen Bürokratieabbau ernst. Noch vor der Sommerpause will er eine Regelung abschaffen, die Landwirte dazu verpflichtet, detailliert zu dokumentieren, was sie vom Saatgut bis zum Dünger alles auf ihren Feldern ausbringen. „Das ist hochbürokratisch und wird von der EU so nicht einmal gefordert“, betonte Rainer in einem Interview mit unserer Redaktion. „Also weg damit – und das sehr bald.“

    Außerdem will Rainer eine Verordnung aussetzen, mit der die EU das Roden großer Waldgebiete verhindern will. Produkte aus derart malträtierten Flächen wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee oder Soja dürfen nicht in EU-Europa verkauft werden. Er setze sich dafür ein, dass Deutschland diese Vorschrift nicht anwenden müsse, kündigte Rainer an. Sie sei für die heimische Forstwirtschaft absolut unpraktikabel. „In Deutschland gibt es keine Entwaldung, unser nationales Waldgesetz ist da bereits sehr streng. Wenn bei uns größere Flächen gerodet werden, hat das andere Gründe: Borkenkäfer, Sturm, Schneebruch. Und selbst da braucht man Genehmigungen, die sehr schwer zu bekommen sind.“ Wer den Wald schütze, so Rainer, dürfe nicht durch endlose Nachweispflichten entmutigt werden. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass jedes Jahr weltweit rund zehn Millionen Hektar Wald zerstört werden. 90 Prozent dieser Entwaldung werden danach durch die Landwirtschaft verursacht.

    Knapp 37.000 der insgesamt mehr als 250.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland arbeiten nach ökologischen Kriterien

    Landwirte sollen wieder mehr Zeit für Felder und Höfe haben, statt am Schreibtisch zu ackern, kündigte Rainer an. Deshalb stehe für ihn der Bürokratieabbau ganz oben auf der Agenda. Das bedeute: „Mehr Vertrauen statt Misstrauen und Kontrollwut.“ Ökologische und konventionelle Landwirtschaft betrachte er dabei nicht als Gegensatz. „Der Markt muss beide Systeme tragen“, sagte er. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die eine Seite gegen die andere ausgespielt wird.“

    Nach den Zahlen des Deutschen Bauernverbandes arbeiten gegenwärtig knapp 37.000 der insgesamt mehr als 250.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland nach ökologischen Kriterien – das sind umgerechnet 14,4 Prozent. Mit rund 1,9 Millionen Hektar bewirtschaften sie dabei etwas mehr als elf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Bundesgebiet. In Bayern spielt der ökologische Landbau mit einem Flächenanteil von knapp 14 Prozent eine deutlich größere Rolle. Im vergangenen Jahr bewirtschafteten fast doppelt so viele Landwirtinnen und Landwirte ihren Betrieb nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus als noch zehn Jahre zuvor – alles in allem fast 12.000. Damit steht nahezu jeder dritte Bio-Betrieb in Bayern. Acht von zehn dieser Höfe halten auch Vieh.

    Agrarminister Rainer: „Ich halte nichts von höheren Steuern auf Fleisch“

    Den Plan seines Vorgängers Cem Özdemir, für jedes Kilo Fleisch eine sogenannte Tierwohlabgabe von zehn Cent einzuführen und damit Investitionen in tiergerechtere Ställe zu fördern, will Rainer nicht weiterverfolgen. Wörtlich sagte er: „Ich halte nichts von höheren Steuern auf Fleisch. Steuern fließen in den Bundeshaushalt und können für alles Mögliche verwendet werden. Denken Sie an die Sektsteuer: Die gibt’s noch immer, obwohl sie mal für die kaiserliche Kriegsmarine gedacht war.“ Er wolle, dass sich auch Menschen mit kleinem Einkommen gutes Fleisch leisten können. „Wenn wir Fleisch künstlich verteuern, treibt das viele zu Billigimporten mit niedrigeren Standards.“

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    1 Kommentar
    Wolfgang Leonhard

    Die Dokumentationspflicht für Bauern darüber, was sie auf ihren Feldern verspritzen, soll also entfallen. Glaubt wirklich jemand, dass wir damit unseren Gewässern und dem Erhalt der Artenvielfalt einen Gefallen tun? Nitratverseuchtes Grundwasser und lebensfeindliche Ackerflächen stellen jetzt schon ein gewaltiges Problem dar. Der einzelne Bauer denkt nur an sich, die Rechnung werden wir alle zahlen.

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