Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein schafften es Linkspartei und AfD nicht über die Fünf-Prozent-Hürde. Der Raum für extreme Parteien wird in Deutschland womöglich gerade kleiner.
Nach der Landtagswahl im nördlichsten, vom Meer umtosten Bundesland verspürte vor allem die CDU „Rückenwind“ für ihre politische Arbeit. Der zweiten Volkspartei, der SPD, blies eine kräftige Brise entgegen. Die Linkspartei und die AfD hingegen wurden von der politischen Landkarte gefegt. Beide Parteien verpassten den Einzug in den Landtag von Schleswig-Holstein, es war dies einer der bemerkenswertesten Befunde des Wahlsonntags: Extreme Parteien in Deutschland haben es gerade deutlich schwerer, und vor allem die Linkspartei muss um ihre politische Zukunft fürchten.
Die Linke steht vor einem Scherbenhaufen. Einst als Ostdeutschland-Versteher an den Start gegangen, hat die Partei diesen Nimbus nahezu komplett verloren. In Sachsen-Anhalt beispielsweise rutschte sie von fast 24 Prozent bei der Landtagswahl 2011 auf 16 Prozent in 2016, um bei der letzten Landtagswahl im Juni vergangenen Jahres noch einmal fünf Punkte abzugeben. Dem Denkzettel im Osten folgte die Klatsche im Bund. Bei der Bundestagswahl verpasste die Linkspartei die Fünf-Prozent-Hürde und zog nur dank dreier gewonnener Direktmandate wieder ins Reichstagsgebäude ein. Im Westen hat sie lediglich in Hamburg, Hessen und Bremen etwas zu melden. In Schleswig-Holstein bekam die Partei in den Ergebnis-Diagrammen nicht mal mehr einen eigenen Balken, sondern wurde mit knapp zwei Prozent der Stimmen unter „Andere“ abgehandelt.
Rechte nicht mehr in allen deutschen Landesparlamenten vertreten: AfD -Chef ist enttäuscht
Am rechten Rand ist die Situation noch nicht so eindeutig. Die AfD verpasste den Einzug in den Kieler Landtag mit 4,4 Prozent vergleichsweise knapp. Es ist nach vielen Jahren das erste Mal, dass die Rechten nicht mehr in allen deutschen Landesparlamenten vertreten sind. Stark ist die AfD noch im Osten, in Brandenburg etwa holte sie 23,5 Prozent. Die Wahl dort jedoch ist schon wieder drei Jahre her. In Sachsen-Anhalt waren es im letzten Jahr noch 20,8 Prozent der Stimmen, die Partei verlor jedoch 3,5 Prozentpunkte.
Die Ratlosigkeit bei der Alternative für Deutschland ist groß. „Wir sind wirklich absolut enttäuscht, dass wir den Wiedereinzug verpasst haben“, erklärte der Vorsitzende Tino Chrupalla im Sender Phoenix. Man werde nun analysieren, woran das gelegen habe. Den nach Wahlen üblichen Auftritt vor der Bundespressekonferenz verschob die Partei zunächst, um ihn dann wenig später ganz abzusagen. Es gibt offensichtlich einen ganz erheblichen Redebedarf in der AfD.
Vor allem deshalb, weil beim Urnengang in Nordrhein-Westfalen ein erneutes Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde nicht ausgeschlossen ist. In den Umfragen liegt die AfD zwar bei etwa sieben Prozent, ein ähnliches Lagebild hatte es allerdings vor der Wahl im Norden auch schon gegeben. Die Linkspartei wird im bevölkerungsreichsten Bundesland den Umfragen zufolge erneut nicht in den Landtag einziehen.
Extreme Parteien haben zwei Hauptprobleme: Themen und Personalsorgen
Die zwei Parteien haben zwei Hauptprobleme: Zum einen ziehen die Themen nicht mehr. Beim Ukraine-Krieg sehen sie beispielsweise wie Putin-Versteher aus. Auf der Corona-Welle kann die AfD nicht mehr reiten, die Linkspartei wiederum muss hinnehmen, dass die Rechten in ihrem einstigen Stammland, dem Osten, wildern. Sie haben zudem große Personalsorgen. Bei der Alternative für Deutschland stieg Parteichef Jörg Meuthen aus, bei den Linken ist die Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow auch wegen der Affäre um Sexismus-Vorwürfe in ihrer Partei zurückgetreten.
Nach ihrer Gründung katapultierte sich die Linke ab 2007 in sieben der zehn westdeutschen Landtage, gewann im Bund zweistellig. Der AfD gelang seit 2014, ein Jahr nach der Gründung, bei allen Wahlen der Einzug in die Parlamente. Nicht ausgeschlossen, dass die Erfolgsgeschichte beider Parteien zu Ende ist. Unterbrochen ist sie auf jeden Fall.
Die Diskussion ist geschlossen.
Der Grund liegt m.e. eindeutig in der Person des Ministerpräsidenten. Es war eine Persönlichkeitswahl par execellence. Der alte/neue MP hat Wanderungen zur CDU wie ein Magnet hervorgerufen.
@RAIMUND KAMM, 10:06 Uhr: „Unglaubliche Figuren wie Fr. Wagenknecht schrecken zudem ab.“
Ich sehe das ganz anders: Politiker*innen mit Realitätssinn schrecken Herrn Kamm ab.
Neben Ihrem Realitätssinn hat Frau Wagenknecht ein gutes theoretisches Fundament. Man muss Ihre Ansichten nicht teilen, aber man kann ihr gut zuhören: Ich erinnere mich gern an die Diskussionsrunde im Hambacher Schloss mit ihr, HERRN Merkel (gestern bei „hart aber fair“) und FRAU Schröder.
AFD und auch die LINKE wurden als Protestpartei gewählt und teilweise groß. Die AFD blieb reine Protestpartei ohne bemerkenswerte inhaltliche Aussagen und ohne Interesse an der politischen Gestaltung. Zudem wurden in ihren Reihen die Rechtsextremen tonangebend.
Die LINKE hat bedauerlicherweise nur wenige Politiker*innen hervorgebracht, die das lauernde Großthema „ungerechte Verteilung von Einkommen, Vermögen und Wohnungen“ gut beackern würden. Bei den drei großen Themen der letzten Jahre, nämlich Erderhitzung und Energiewende, Corona-Seuche und russischer Imperialismus, fand die LINKE keine gute gemeinsame Linie. Unglaubliche Figuren wie Fr. Wagenknecht schrecken zudem ab.
Für die LINKE sieht es vermutlich düster aus. Als reine Protestpartei hat sie keine Zukunft. Die AFD wird wahrscheinlich wie zuvor die NPD und die Republikaner immer mal wieder durch die Zustimmung der vermutlich über zehn Prozent rechtsradikal, antisemitisch und ausländerfeindlich Gesinnten Wahlerfolge haben.
Raimund Kamm
(edit/mod/NUB 7.3/bitte bleiben Sie sachlich)
Die Linkspartei flog nicht aus den Landtag, sie war nämlich gar nicht drin!
Hauptsache, man konnte wieder mal ganz einfach Links ist gleich Rechts suggerieren. Ziemlich billig!
Seien Sie doch nicht immer so aggressiv destruktiv, sonst könnte man noch den Eindruck gewinnen, Ihnen lägen die Themen der politischen Extremisten und Kriegsbeginner ganz besonders am Herzen.
Haben Sie etwas gegen wahrheitsgemäße Berichterstattung, Herr W.? Denn sonst müssten Sie ja Wolfgang S. zustimmen, der eine Überschrift moniert, die den schnellen Lesern einfach ein falsches Bild von den Ereignissen vermittelt.
Sprache ist ein scharfes Schwert. Man sollte es richtig einsetzen. Vor allem als Journalist. Die Aussage der Überschrift hat auch als 'Meinung' keine Berechtigung.
Vielen Dank für die Hinweise. Wir haben die Überschrift korrigiert. Freundliche Grüße