Noch laufen in Schleswig-Holstein die Bauarbeiten für die einst als „Gigafabrik 3“ geplante E-Auto-Batteriepoduktion von Northvolt, obwohl das schwedische Unternehmen längst pleite ist. Die erste Northvolt-Gigafabrik im nordschwedischen Skellefteåsch wird Ende des Monats die Zellfertigung einstellen, nachdem Insolvenzverwalter Mikael Kubu keinen Käufer für das Werk gefunden hat. Zuvor hatte Northvolt die letzten Aufträge der VW-Tochter Scania verloren, die keine Batterien für ihre Elektro-Lkw bei Northvolt mehr kaufen wollte.
Stattdessen ist Scania nun laut einem Bericht der Financial Times daran interessiert, das Forschungslabor von Northvolt zu kaufen. Für die im Bau befindliche Batteriefabrik in Deutschland sucht Insolvenzverwalter Kubu weiterhin einen Käufer, doch der Volkswagen-Konzern und andere deutsche Automobilhersteller sollen längst abgewunken haben. In Schleswig-Holstein hofft man jetzt, dass ein chinesischer Investor einsteigen könnte. Doch der weltgrößte Batteriekonzern CATL hatte schon vor Monaten ein Interesse an dem Werk dementiert.
Northvolt-Schaden könnte Mautdebakel übertreffen
Damit droht das einstige Hoffnungsprojekt des früheren grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck zu einem noch teureren Debakel zu werden, als die Lkw-Maut des damaligen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Mit jeweils 300 Millionen Euro stehen der Bund und das Land Schleswig-Holstein als Bürgen in der Kreide. Viel Geld für das kleine Bundesland, das nun doppelt so hohe Schulden aufnehmen muss wie geplant. Nicht nur darüber gärt in Habecks Heimat der Unmut. Die Landtagsabgeordneten, die dem Deal damals im Finanzausschuss zustimmten, fühlen sich zudem laut einem Bericht des Spiegel im Nachhinein unzureichend über damals bekannte Risiken informiert.
Laut dem Magazin soll Habecks Ministerium offenbar der Landesregierung in Kiel und den Abgeordneten relevante Informationen vorenthalten haben - etwa, dass die am Ende geplatzten Kredite für Northvolt nicht sicher gewesen sein sollen. Stattdessen habe es stets geheißen, die Gesamtfinanzierung bei Northvolt sei gesichert. Auch sei den Abgeordneten ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC vorenthalten worden, aus dem sich womöglich weitere Risiken herauslesen ließen.
CDU-Minister Claus Ruhe Madsen weist Vorwürfe in Northvolt-Affäre zurück
In Kiel wies am Donnerstag Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) Vorwürfe der Opposition zurück, dass bei der Zustimmung seiner Regierung Warnungen diverser Fachleute ignoriert worden seien. „Mit dem Wissensstand von heute kann man sich natürlich über vieles erheben und empören“, sagte Madsen. SPD und FDP forderten den CDU-Minister auf, dass an vielen Stellen geschwärzte Gutachten der Wirtschaftsprüfer zur Lage und zu den Risiken des Northvolt-Projekts den Abgeordneten unzensiert vorzulegen. Offenbar liegt das Gutachten aber weiterhin beim Bundeswirtschaftsministerium in Berlin unter Verschluss.
Northvolt hat für den Bau der Fabrik im schleswig-holsteinischen Heide im Kreis Dithmarschen rund 600 Millionen Euro von der staatlichen Förderbank KfW erhalten. Hinzu kommen 20 Millionen Euro für Zinsen und Verfahrenskosten. Zudem soll der Bund weitere Kredite privater Banken mit über 350 Millionen abgesichert haben. Findet sich kein Retter für das Batteriewerk in Heide, könnte sich das einstige Hoffnungsprojekt der früheren Ampel in Berlin und der schwarz-grünen Koalition in Kiel in ein Milliardengrab verwandeln. Gescheitert sind schon jetzt die Pläne des Northvolt-Gründers und ehemaligen Tesla-Einkaufchefs Peter Carlsson, sein Unternhemen zum größten europäischen Hersteller für E-Auto-Batterien auzubauen.
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