Noch nie seit der Wiedervereinigung stiegen die durchschnittlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse so stark wie unter der aktuellen Bundesregierung. Lag der durchschnittliche Kassenbeitrag 2020 im Schnitt noch bei 15,9 Prozent, soll er im kommenden Jahr laut offiziellen Prognosen auf 17,1 Prozent klettern. Für einen Durchschnittsverdiener mit einer Vollzeitstelle macht dies fast 300 Euro im Jahr aus, die ihm weniger an Nettolohn bleiben. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach fordert den Bund auf, alte Versprechen zu erfüllen und die Kassen zu entlasten.
CSU-Ministerin Gerlach: „Erhöhung des Zusatzbeitrages ist eine unsägliche Zumutung“
Vergangene Woche hatten Experten im Regierungsauftrag errechnet, dass wegen hoher Defizite im Gesundheitssystem der durchschnittliche Kassen-Zusatzbeitrag von derzeit 1,7 auf 2,5 Prozent ansteigen müsse. Zuletzt gab es einen solchen Sprung nur einmal in den Siebzigerjahren. „Die abermalige, beträchtliche Erhöhung des Zusatzbeitrages ist eine unsägliche Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger“, sagt CSU-Ministerin Gerlach unserer Redaktion.
Den Zusatzbeitrag erheben die Krankenkassen individuell zusätzlich zum gesetzlichen Beitragssatz von 14,6 Prozent. In diesem Jahr lag er je nach Kasse zwischen 0,9 und 3,3 Prozent. Bei Beschäftigten tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte des Beitrags.
Gerlach gibt der Ampelkoalition die Hauptverantwortung für den Kostenanstieg: „Der neuerliche, noch stärkere Griff in den Geldbeutel der Versicherten und der Arbeitgeber zeigt einmal mehr die Konzeptlosigkeit der Bundesregierung angesichts der desaströsen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung.“
Bund zahlt zu wenig für Behandlungskosten der Bürgergeldempfänger
Angesichts der Wirtschaftslage müsste es Positives wie Entlastungen geben. „Stattdessen müssen wir uns Sorgen um den sozialen Frieden machen“, sagt Gerlach. „Es ist höchste Zeit, dass der Bund endlich gegenlenkt.“ Die CSU-Politikerin fordert nun die Ampel auf, ein Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag zu erfüllen. „Die Bundesregierung sollte endlich ihre Verantwortung wahrnehmen und deutlich höhere Bundeszuschüsse zu versicherungsfremden Leistungen zahlen“, betont sie. „Bisher beläuft sich der Bundeszuschuss auf 14,5 Milliarden Euro, Experten bezifferten die Gesamtkosten der Gesetzlichen Krankenversicherungen für versicherungsfremde Leistungen auf knapp 60 Milliarden Euro.“
Größter Einzelposten sind rund zehn Milliarden Euro für nicht übernommene Behandlungskosten von Bürgergeldempfängern. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch versprochen: „Wir finanzieren höhere Beiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln.“ Tatsächlich trägt der Bund seit der Hartz-Reform nur die Hälfte der Kosten, den Rest müssen die Kassen tragen. „Hier handelt es sich um ein nicht eingelöstes Versprechen aus dem Koalitionsvertrag der Ampel“, rügt Gerlach. „Diese Lücke darf nicht wie bisher zulasten der Beitragszahler gestopft werden.“
Gerlach wirft Lauterbach Bürger-Täuschung und Falschaussagen vor
Bundesminister Karl Lauterbach hat nun in der Bild am Sonntag versprochen, keine weiteren Beitragserhöhungen zu planen. „Ich gehe davon aus, dass die Krankenkassenbeiträge jetzt stabil sein werden“, erklärte der SPD-Politiker. „Ich glaube nicht, dass für 2026 wir noch mal die Krankenkassenbeiträge erhöhen müssen.“
Gerlach kritisiert den SPD-Minister scharf: „Lauterbach täuscht die Öffentlichkeit. Denn ab dem Jahr 2026 kommen mit dem von ihm geplanten Transformationsfonds zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe auf die Krankenkassen zu.“ Zudem sei seine Aussage falsch, die steigenden Beiträge hätten etwas mit der Krankenhausreform zu tun. „Die jetzt für 2025 prognostizierten Erhöhungen sind die Folge der bisherigen Politik der Bundesregierung und nicht der geplanten Krankenhausreform“, erklärte die CSU-Ministerin.
Soweit mir bekannt ist, müssten die Krankenkassenbeiträge für die Bezieher des Bürgergeldes bezahlen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Kosten zu Lasten der normalen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen gehen. Wenn die Bundesregierung den gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen würde, könnten zumindest die geplanten Beitragserhöhungen vermieden werden.
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