Aus. Vorbei. Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich meine Stimme bei einer Bundestagswahl nicht abgeben können. Auch heute befinden sich die Unterlagen aus Deutschland hier in Washington nicht in der Post. Der letzte Sonderkurier der Botschaft nach Berlin ist eben ohne meinen Wahlbrief abgeflogen. Mit der normalen Post wäre eine Rücksendung bis zum Sonntag ohnehin nicht zu schaffen.
So wie mir geht es vielen. Ich kenne keinen Auslandsdeutschen in den USA, bei dem die Wahlunterlagen dieses Mal rechtzeitig eingetroffen wären.
Die Bundeswahlleiterin hat schon früh auf die Gefahr hingewiesen
„Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat“, steht im Artikel 38 des Grundgesetzes. Ich bin kein Jurist. Aber soviel kann ich versichern: Diese Voraussetzung ist erfüllt. Auch besitze ich einen deutschen Pass. Beim zuständigen Wahlamt in Berlin-Charlottenburg habe ich rechtzeitig die Eintragung ins Wählerverzeichnis beantragt, was neuerdings dank eines bewundernswerten Modernisierungsschubs der Verwaltung sogar per Mail möglich ist. Per Mail erhielt ich am 8. Januar sogar eine freundliche Bestätigung: Man werde die Unterlagen „mit Beginn der Briefwahlausstellung“ versenden.
Das ist dann nach Auskunft der Behörde „in der sechsten Kalenderwoche“ - also spätestens am 7. Februar - erfolgt. Früher ging es nicht, weil erst dann die offiziellen Listen feststanden. Auf die Gefahr hatte Bundeswahlleiterin Ruth Brand schon im November hingewiesen, als sie ausdrücklich vor „unabwägbaren Risiken“ einer vorgezogenen Bundestagswahl im Februar warnte. Doch die Parteien im Bundestag - allen voran die CDU/CSU - kümmerte das nicht. Deren Innenpolitiker Alexander Throm fand die Warnung sogar „höchst irritierend“ und unterstellte der Beamtin, sie handle auf Weisung der SPD.
Zehntausende Deutsche in den USA können dieses Jahr nicht wählen
Ich kenne Herrn Throm nicht. Er lebt im schönen Heilbronn. Keine Ahnung, ob er schon mal in den USA war oder hier gar Bekannte hat. Dann müsste er wissen, dass Briefe über den großen Teich erfahrungsgemäß zwischen 10 Tagen und ewig brauchen. Meine Weihnachtspost trudelt meist im Januar ein. Man hätte also absehen können, dass ein amtlicher Wahlbrief (mit Wahlschein, Stimmzettel, Merkblatt und zwei Umschlägen) die Strecke über den Atlantik hin und retour in zwei Wochen kaum schaffen kann.
Die Frist ist einfach zu knapp gesetzt. Das hätte man wissen können. Nun zucken alle mit den Achseln. Doch zehntausende Deutsche in den USA werden bei dieser angesichts der brisanten Weltlage wohl wichtigsten Entscheidung seit langem um ihr demokratisches Wahlrecht gebracht. Eigentlich ist das ein Skandal. Ich bin gespannt, ob sich dafür zumindest jemand entschuldigt.
Das war vor allem der blauschwarzen CDU/CSU-Riege aber herzlich sch...egal! Vielleicht lässt sich aber durch diesen Umstand die Wahl juristisch anfechten?
Wir leben im 21. Jahrhundert. IT hat sich auf ein hohes Niveau entwickelt. Bei bzw. in anderen Staaten ist es gang und gäbe, dass Wahlen auf Basis einer IT durchgeführt werden. Deutschland schafft es nicht! Was läuft folglich hier verkehrt?
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