Seit wenigen Wochen ist ein angepasster Corona-Impfstoff in Deutschland verfügbar, für Risikogruppen gilt nach wie vor die Empfehlung, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Unterdessen kämpfen hierzulande Tausende um eine Entschädigung nach der Corona-Impfung. Allein in Bayern haben seit 1. Januar 2021 insgesamt 2428 Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auf Anerkennung eines Covid-bedingten Impfschadens gestellt. Zuständig sind in diesem Fall die Versorgungsämter, im Freistaat ist es das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS). Impfgeschädigte müssen sich auf lange Wartezeiten einstellen: Bislang hat das ZBFS erst die Hälfte dieser Anträge entschieden, zum Teil dauert die Bearbeitung ein Jahr.
Geregelt sind die Versorgungsansprüche bei Impfschäden im Infektionsschutzgesetz. Dieses definiert Impfschäden als "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung". Eine Entschädigung ist nur möglich, wenn der Antragsteller belegen kann, dass die Impfung den Schaden auch tatsächlich verursacht hat. In Bayern wurden bisher nur 115 Anträge von Corona-Impfgeschädigten anerkannt. Das sind lediglich acht Prozent aller Fälle. Geschädigte erhalten dann Geld vom Freistaat. Je nach Schweregrad liegt die staatliche Versorgungsrente zwischen 164 und 854 Euro pro Monat.
"Die Versorgungsämter lehnen so viele Anträge wie es nur irgendwie geht ab"
Der Wiesbadener Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller vertritt mehr als 1000 Mandanten, die mutmaßlich durch eine Corona-Impfung geschädigt wurden. "Bis auf ganz wenige Ausnahmen werden alle Anträge negativ beschieden", sagt er. Lehnt das zuständige Versorgungsamt – in Bayern das ZBFS – auch einen Widerspruch ab, geht der Fall vor Gericht. Cäsar-Prellers Kanzlei klagt derzeit in 50 Fällen gegen die Versorgungsämter der Bundesländer, darunter sind auch 14 Verfahren gegen das ZBFS. Cäsar-Preller spricht von "bodenloser Arroganz und Ignoranz", die in den Behörden gegenüber den Impfgeschädigten vorherrsche, davon, dass eingereichte Arztbriefe und Unterlagen nicht berücksichtigt würden. "Die Versorgungsämter lehnen so viele Anträge wie es nur irgendwie geht ab", behauptet der Jurist. "Dabei hat der Staat die Bürgerinnen und Bürger damals zur Solidarität aufgerufen, dazu, der Pandemie gemeinsam die Stirn zu bieten. Jetzt will man nichts mehr von der Solidarität wissen."
Selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Frühjahr mehr Hilfe für Patientinnen und Patienten gefordert, die an den Folgen einer Impfung leiden. Derzeit gebe es noch keine Medikamente für eine Behandlung, zudem seien die Versorgungsansprüche "sehr eng geschnürt". Der SPD-Politiker betonte damals: „Es muss zu einem schnelleren Anerkennen dieser Impfschäden kommen.“
Mehr als die Hälfte aller weltweiten Verdachtsfälle in Deutschland registriert
Wie viele Menschen tatsächlich bleibende Schäden durch eine Corona-Impfung erlitten haben, lässt sich kaum sagen. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut weist in seinem Bericht 0,29 Verdachtsfälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen pro 1000 Corona-Impfungen aus. Die Impfstoffhersteller Pfizer und Biontech sehen die Wahrscheinlichkeit bei 0,02 Prozent. Andererseits wurden in der Corona-Pandemie in so kurzer Zeit so viele Menschen geimpft wie nie. In Bayern wurden seit Beginn der Corona-Impfkampagne insgesamt etwas mehr als 29 Millionen Impfungen verabreicht. Tatsächlich werden Impfschäden hierzulande auch deutlich häufiger gemeldet. So weist das Paul-Ehrlich-Institut darauf hin, dass mehr als die Hälfte aller weltweit registrierten Verdachtsfälle aus Deutschland stammen. "Dabei ist zu beachten, dass in Deutschland keineswegs 50 Prozent aller Impfdosen weltweit verabreicht wurden", schreiben die Wissenschaftler.